Richard Branson in der Coronakrise Zampano ohne Zaster

Virgin-Gründer Branson: ewig junger Querdenker
Foto: Ringo Chiu/ dpaDieser Steckbrief, ein Wahnsinn: Alter: 69, Vermögen am 22. April 2020: 4,2 Milliarden Dollar. "Forbes" führt Richard Branson auf Platz 565 der reichsten Menschen der Welt.
Die Eckdaten, die das US-Magazin über den britischen Unternehmer zusammengetragen hat, zeugen vom steilen Aufstieg eines Schulabbrechers zum Milliardär - und zeigen zugleich, wie verwundbar dessen Imperium aktuell ist. An nur einem Handelstag ist es um 212 Millionen Dollar an Wert geschrumpft. Die Hauptquelle von Bransons Reichtum ist die Virgin Group, ein Konglomerat aus mehreren Hundert Firmen, das in der Coronakrise zu kollabieren droht.
Die Pandemie hat Fluglinien auf der ganzen Welt einen existenzgefährdenden Schlag versetzt; Bransons Virgin Atlantic ist da keine Ausnahme. Die Folge: Der Milliardär ist auf Staatsgeld angewiesen. An sich keine Besonderheit, sondern etwas, das Virgin Atlantic mit vielen Fluggesellschaften gemeinsam hat. Doch Bransons Fall hat eine Besonderheit, die ihn in Großbritannien zum Politikum macht.
Wohnsitz: Necker Island
Über Jahre galt der Milliardär nicht wenigen als Inbegriff eines Selfmade-Unternehmers. Sorgfältig kultivierte Branson das Image des Querdenkers, der sich nicht von Konventionen einengen lässt, sondern neue Horizonte erschließt. Surfend, jetsettend, an der Spitze des Fortschritts, ewig jung.
Umso nüchterner liest sich vor diesem Hintergrund so manche Passage eines Blogposts mit der Überschrift "Ein offener Brief an die Virgin-Mitarbeiter", in dem Branson ausführt, weshalb der Konzern nun auf staatliche Unterstützung angewiesen ist: "Die Herausforderung jetzt ist, dass kein Geld hereinkommt und viel Geld herausfließt." Der Milliardär beschreibt eine unerwartete, nie da gewesene Krise, die eine ganze Reihe jener Branchen am härtesten trifft, in denen Virgin tätig ist. Neben dem Flugbetrieb zählen auch das Hotelgewerbe und der Kreuzfahrtsektor dazu.
Branson hat bereits mehrere Versuche unternommen, sich gegen die Pleite zu stemmen. Berichten zufolge pumpte er rund 250 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen in das Unternehmen. Außerdem verkündete Virgin Mitte März, dass man sich mit Arbeitnehmervertretungen auf einen achtwöchige unbezahlten Urlaub für die Mitarbeiter geeinigt habe. Doch all das genügte nicht.

Bransons Insel Necker Island
Foto: Marka/ Universal Images Group via Getty ImagesVirgin Australia, die australische Schwestergesellschaft, meldete jüngst bereits Insolvenz an. Der Airline war es nicht gelungen, sich Staatshilfen in Höhe von umgerechnet 815 Millionen Euro zu sichern. Einem Bericht des "Guardian" zufolge lehnte auch das britische Finanzministerium einen Hilfsantrag Bransons über umgerechnet knapp 570 Millionen Euro zunächst ab. Virgin habe nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Pleite mit anderen Mitteln abzuwenden, lautete demnach die Begründung.
Die Option, erneut in die Privatschatulle zu greifen, lehnte Branson in seinem Blogeintrag ab: Die Berichte über sein persönliches Vermögen beruhten auf Berechnungen des Werts von Virgin-Firmen weltweit vor der Krise. Sein Vermögen liege "nicht als Bargeld auf einem Bankkonto, bereit, abgehoben zu werden."
Der Milliardär zeigte sich aber bereit, seine Privatinsel Necker Island in der Karibik als Sicherheit anzubieten. Wobei ein Sprecher Bransons betonte, dass die Insel nur "kommerzielle Kredite" sichern würde, keine Staatshilfen.
Sicherheit und Last zugleich
Branson erwarb Necker Island, eine Insel der British Virgin Islands, Ende der Siebzigerjahre für rund 180.000 Dollar. Seit 14 Jahren hat er seinen Wohnsitz in dem Steuerparadies. Seit dem hat er keine Einkommensteuern in Großbritannien mehr gezahlt. Branson betont in seinem Blogpost zwar, dass sämtliche Firmen der Virgin-Gruppe, die in Großbritannien registriert seien, auch Steuern an den britischen Fiskus abführten. Er sei nicht aus Steuergründen weggezogen, sondern weil er die Insel liebe.

British Virgin Islands: Steuerparadies in der Karibik
Foto: Brennan Linsley/ APDennoch wandte sich die öffentliche Meinung zuletzt gegen ihn. Der konservative Parlamentarier Richard Fuller kritisierte Virgins Pläne, die Angestellten in den unbezahlten Urlaub zu schicken. Die Labour-Abgeordnete Diane Abbott kommentierte die Bemühungen des Unternehmers um Staatshilfen auf Twitter: "Branson hat 14 Jahre lang keine Steuern in diesem Land gezahlt." Unter keinen Umständen solle er einen Bailout, einen Kredit oder eine anderweitige Unterstützung durch die Steuerzahler bekommen.
Im Kampf gegen die Pleite könnte Necker Island Branson als Sicherheit dienen. In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Insel für den Milliardär eine Last.