Coronavirus
Italiens Regierungschef Conte kritisiert Behörden der Lombardei
Italien verzeichnet mit 229 Fällen den bislang größten Ausbruch des neuartigen Coronavirus in Europa, er blieb lange unbemerkt. Die Regierung in Rom wirft den Regionalbehörden nun Versäumnisse vor.
Mitarbeiter einer Unilever-Fabrik südöstlich von Mailand am vergangenen Freitag tragen Mundschutz. Hier war ein 38-jähriger Mitarbeiter erkrankt
Foto:
Luca Bruno/ dpa
In Italien sind bereits 229 Fälle des neuartigen Coronavirus, das die schwere Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann, bekannt. Sieben Menschen sind dort bislang an der Krankheit gestorben.
Nun erwägt die Regierung in Rom, den Behörden in der am schwersten betroffenen Region Lombardei gewissen Kompetenzen bei der Seuchenbekämpfung zu entziehen.
Giuseppe Conte (r.): Krankenhaus in der Lombardei hat Vorschriften nicht befolgt
Foto: ETTORE FERRARI/EPA-EFE/REX
Man sei "bereit, in die Befugnisse der Gouverneure einzugreifen", sagte Premierminister Giuseppe Conte in der Nacht zum Dienstag vor Journalisten. Der Ausbruch in der norditalienischen Region um Mailand sei so schlimm geworden, "weil ein Krankenhaus die Vorschriften nicht befolgt" habe, zitiert die Zeitung "La Repubblica" den Regierungschef.
Zugleich sprach sich Conte gegen eigenmächtige Maßnahmen der lokalen Regierungen aus. "Die Grenzen blieben offen", so der Premier.
Lombardischer Regionalpräsident wirft Conte Beleidigung vor
Eine Antwort auf die Kritik folgte schon kurz darauf. Attilio Fontana, lombardische Regionalpräsident von der rechtskonservativen Lega, erklärte, die Kritik Contes sei "unzulässig und in gewisser Weise beleidigend". Fontana pochte laut "La Repubblica" auf die regionalen Kompetenzen und betonte, die Lombardei sei der Situation gewachsen.
Tatsächlich hat sich das neuartige Virus, dessen Verbreitung Ende Dezember von der chinesischen Millionenstadt Wuhan ausging, in der Region Lombardei zunächst unbemerkt ausbreiten können. Die Schwere des Ausbruchs liegt auch darin begründet, dass er erst relativ spät bemerkt worden war.
DER SPIEGEL
WHO: Noch keine Pandemie
Insgesamt sind in Italien fünf Regionen betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, noch handele es sich zwar nicht um eine weltumspannende Pandemie, die plötzliche Zunahme der Infektionsfälle in Iran, Italien und Südkorea sei aber "zutiefst besorgniserregend".
Gesundheitsminister Spahn sagte am Montag, die Krankheit sei in Italien stark verbreitet, es müsse darum damit gerechnet werden, dass das Virus auf diesem Weg "erneut nach Deutschland kommen kann".
In Lyon im Südosten Frankreichs wurden die Passagiere eines aus Mailand kommenden Busses am Aussteigen gehindert, nachdem der Fahrer ähnliche Symptome wie bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus gezeigt hatte.