Chinesische Millionenstadt beendet Shutdown Wuhan macht auf
Peking, Westbahnhof
Eine Reise von Peking nach Wuhan
Bernhard Zand, Korrespondent DER SPIEGEL
"Ich muss jetzt die normale Maske gegen eine solche auswechseln. Die wird leinem hier vom Zugpersonal eigens gestellt. Die Herrschaften sind extrem höflich und zuvorkommend. Was damit zusammenhängt, dass viel weniger Menschen heute auf diesem Zug sind als normalerweise."
Das Zugpersonal misst die Temperatur der Fahrgäste
Bernhard Zand, Korrespondent DER SPIEGE
"Wir sind auf dem Weg von Peking nach Wuhan, in das Epizentrum der Coronakrise. Seit wenigen Tagen ist es möglich, grundsätzlich dorthin zu fahren, jetzt auch für Ausländer wie mich. Das fällt mir nicht ganz leicht, aus Peking wegzufahren. Denn Peking ist eine Stadt, die langsam wieder zu sich kommt, in der ein gewisser Optimismus herrscht. Aber natürlich interessiert uns noch mehr, wie die Lage zurzeit in Wuhan ist, 60 Tage nach der totalen Abriegelung dieser Stadt. Und so sind wir jetzt auf dem Weg vom Pekinger Westbahnhof nach Wuhan. Das sind etwa zwölfhundert Kilometer. Wir fahren mit einem dieser chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge. Normalerweise sitzen in so einem Zug 500 bis 530 Menschen. Der Zug ist deutlich weniger besetzt diesmal, es sind etwa 150. Man muss durch viele, viele Checkpoints gehen, bis man vor allen Dingen als Ausländer vorgelassen wird. Man muss exakt nachweisen, wo man gewesen ist. Ich habe den Eindruck, um Peking herum ist nicht wirklich sehr viel los. Aber hier unten, wenn man jetzt hinaussieht, sind doch die Traktoren unterwegs. Man hat auch den Eindruck, dass die Bewässerungsanlagen schon wieder funktionieren. China ist auch acht Wochen nach Bekanntwerden der Coronakrise mitnichten zur Normalität zurückgekehrt, aber das Land läuft langsam wieder an."
Wuhan, Provinz Hubei
Bernhard Zand, Korrespondent DER SPIEGEL
"Wuhan ist einer der wichtigsten, wenn nicht überhaupt der wichtigste Verkehrsknotenpunkt des chinesischen Eisenbahnnetzes. Hier donnern permanent Züge durch. Im Minutentakt kommen die großen Hochgeschwindigkeitszüge auf der Ost-West-Achse Shanghai-Chengdu, aus der Nord-Süd-Achse Peking - Zhengzhou - Guangdong hinunter Richtung Hongkong. Aber sehr wenige Leute können zurzeit hier nur aussteigen. Sehr wenige Leute können vor allen Dingen nur einsteigen, weil natürlich die anderen Provinzen alle darauf ausgerichtet sind, was hier in Wuhan passiert ist. Und die Menschen, die aus Hubei jetzt langsam ausreisen dürfen, in den anderen Provinzen nicht sehr willkommen sind."
Yangtze-Fluss, Wuhan
"Wuhan, habe ich den Eindruck, ist eine Stadt in Trauer, in großer Düsternis. Es passt ein wenig mit dem Wetter zusammen. Das ist allerdings nicht unüblich. Wir stehen hier am Yangtze, dem großen chinesischen Fluss, und das Wetter ist um diese Jahreszeit oft so ähnlich, wie es auch hier ist. Aber es passt auch zu den Nachrichten. Die Stadtverwaltung von Wuhan hat die Menschen der Stadt heute noch einmal aufgefordert, durchzuhalten und mindestens bis zum 8. April, wenn Wuhan auch geöffnet werden soll, vorsichtig zu sein, nicht hinauszugehen, das kommt bei den Menschen von Wuhan sehr hart an, denn sie sind inzwischen seit acht Wochen total abgeriegelt.
Die Ausgangsbeschränkungen sind noch immer strikt.
Es gibt zahlreiche Checkpoints.
Wer hinaus will, braucht einen Gesundheitsnachweis per QR-Code.
Frau Lu, Lebensmittelhändlerin
"Weil niemand arbeitet, hat auch niemand ein Einkommen. Das Leben ist hart. Wenn die Situation länger so bleibt, ist das für niemanden gut. Wenn die Stadt noch länger im Lockdown gehalten wird."
Bernhard Zand
"Morgen ist außerdem das Qingming-Felst. Das ist das chinesische Totengedenkfest, vergleichbar mit unserem europäischen Allerheiligen oder Allerseelen. Und dieser Tag soll, das habe ich zumindest noch nicht erlebt in China, zum ersten Mal als eine Art Volkstrauertag, Staatstrauertag begangen werden. Am Vormittag um zehn werden in China die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Es soll ein Moment des Schweigens, der Stille eingehalten werden. Das werden wir uns morgen anschauen. Anzeichen dieses Qingming-Festes sieht man heute schon. Wir haben hier am Yangtze gestanden. Man kann das hier sehen: Hier treiben zum Teil schon Chrysanthemen vorbei. Über 3200 Menschen sind nach offiziellen Zahlen in China an der Covid-19-Krankheit verstorben, davon allein in Wuhan 2500. Das sind die offiziellen Zahlen. Ob sie genauso stimmen, weiß man nicht. Aber das Verhältnis wird in etwa stimmen. Und das kann einem einen Begriff davon geben, wie hart getroffen, wie traumatisiert diese Stadt von dem ist, was in den vergangenen drei Monaten hier passiert ist."