Ex-Europaabgeordneter der Grünen Cohn-Bendit sieht Brexit als Vorbild für andere EU-Mitglieder

Der Brexit hat nur negative Folgen? Nicht unbedingt, sagt Daniel Cohn-Bendit, Ex-Europaabgeordneter der Grünen. Die EU könne sich "gesundschrumpfen", wenn mehr Länder Großbritannien folgen.
Daniel Cohn-Bendit

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Foto: PASCAL GUYOT/ AFP

Daniel Cohn-Bendit sieht im Brexit ein Modell für kooperationsunwillige EU-Länder wie Polen, Ungarn und Tschechien. Der langjährige Europaabgeordnete der Grünen sagte der Nachrichtenagentur AFP, diesen Staaten solle es freigestellt werden, die Europäische Union zu verlassen, wenn sie sich nicht an der geplanten Neugestaltung beteiligen wollten. "Die Verhandlungen über den Brexit sind Musterverhandlungen für solche Situationen", betonte Cohn-Bendit.

Der frühere Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament sagte voraus, dass es rund 14 Jahre nach dem EU-Beitritt der osteuropäischen Länder im Mai 2004 "zu einem Trennungsprozess kommen" werde. Denn es sei absehbar, dass die Länder der Eurozone künftig ihre milliardenschweren Kohäsions- und Agrarfonds für all jene Länder reduzieren würden, die das Prinzip der Solidarität nicht teilten. "Dann wird es eine Abspaltungsbewegung dieser Länder geben", prophezeite der 72-Jährige.

Die EU könne sich dadurch "gesundschrumpfen", sagte er weiter. Denkbar für Polen, Ungarn und Tschechien sei eine "privilegierte Partnerschaft" nach dem Vorbild Großbritanniens, etwa in Form einer Zollunion.

Lob für Macron

Unterstützung bekundete der Grünen-Politiker erneut für die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron: "Für ihn ist die Ausgestaltung der Eurozone die Bedingung dafür, dass Europa handlungsfähig in der Welt ist", sagte Cohn-Bendit. Deshalb seien auch Macrons Pläne für einen gemeinsamen Eurozonen-Haushalt, einen Finanzminister der Eurozone und eine europäische Armee richtig.

Die deutsche Haltung zu Macrons Vorschlägen werde "eine der zentralen Auseinandersetzungen der Koalitionsverhandlungen", sagte Cohn-Bendit weiter. Denn anders als Teile der Union unterstütze die SPD Macrons Pläne für einen gemeinsamen Haushalt in der Eurozone.

Cohn-Bendit rief deutsche Politiker in diesem Zusammenhang auf, ihre "pawlowsche Reaktion" aufzugeben, dass Neuerungen in Europa nichts kosten dürften. "Es geht nicht um das deutsche Geld, das hat Macron immer gesagt", sagte er. "Es geht um eine gemeinsame Handlungsfähigkeit, und da bin ich optimistisch, dass das in Gang kommen könnte."

cte/AFP
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