Demokraten-Drama Obama zieht an Clinton vorbei

Schwere Schlappe für Hillary Clinton: Ihr Rivale Barack Obama hat die Vorwahlen in Virginia, Maryland und in der Hauptstadt Washington klar gewonnen - und damit erstmals die Führung im Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokraten übernommen. Bei den Republikanern siegte John McCain.

Richmond - Erst Virginia, dann Maryland, schließlich die Hauptstadt Washington - es ist ein Triumph auf ganzer Linie für Barack Obama: Der 46-jährige Senator hat die Präsidentschaftsvorwahlen in den drei Ostküsten-Staaten klar gewonnen und damit seinen Siegeszug der vergangenen Tage fortgesetzt. CNN-Berechnungen zufolge liegt er im Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokraten erstmals vor seiner Konkurrentin Hillary Clinton.

Obama kommt nach einer neuen CNN-Zählung mindestens auf 1215 Delegierte, Clinton hat mindestens 1190 Delegierte hinter sich. Für die Nominierung auf dem Parteitag der Demokraten Ende August in Denver sind die Stimmen von mindestens 2025 Delegierten notwendig.

Vor den Wahlen in Virginia, Maryland und der Bundeshauptstadt Washington lag Clinton laut CNN mit 1148 Delegierten vor Obama, der auf 1121 Delegierte kam.

Wählerbefragungen zufolge erhielt der schwarze Senator bei den Wahlen an der Ostküste sowohl bei Frauen und Männern als auch bei schwarzen und weißen Wählern breite Unterstützung. Ebenso gewann er erstmals größeren Zuspruch der älteren Bürger und Einkommensschwächeren als Clinton - Wählerschichten, die zuvor die Domäne der früheren First Lady waren.

"Wir sind auf dem Weg"

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Madison im US-Bundesstaat Wisconsin feierte Obama vor begeisterten Anhängern seine Wahlerfolge. Es sei Zeit, "ein neues Kapitel" in der Geschichte der USA aufzuschlagen, sagte Obama. "Yes, we can", skandierten seine Anhänger. "Wir sind auf dem Weg", sagte Obama. Die Dynamik werde nicht stoppen, "bevor wir einen Wandel in Washington sehen".

Erst am Wochenende hatte Obama in den vier Bundesstaaten Louisiana, Nebraska, Maine und dem Staat Washington gewonnen und dadurch zu seiner 60-jährigen Rivalin aufgeschlossen, die lange Zeit als klare Favoritin bei den Demokraten gehandelt wurde. "Nun muss sich Hillary Clinton wirklich etwas einfallen lassen", sagte ein Kommentator des Senders Fox News.

Im Wahlkampf-Team Clintons herrscht neue Unruhe: Nach dem Rücktritt der Wahlkampfchefin gab nun auch Vize Mike Henry auf. In einer E-Mail an Mitarbeiter verwies er auf die bevorstehenden "Herausforderungen" in den kommenden Wochen, die den raschen Aufbau eines neuen Führungsteams erforderten. Henry reichte seinen Rücktritt bereits am Montag ein, zwei Tage, nachdem Spitzenmanagerin Patti Solis Doyle durch die Clinton-Vertraute Maggie Williams ersetzt worden war.

Clinton gab sich trotz der jüngsten Niederlagen und dem Rückzug ihrer Wahlkampfmanager zuversichtlich. "In drei Wochen werden wir durch Texas fegen", sagte sie bei einer Wahlkampfveranstaltung in der texanischen Grenzstadt El Paso. Auf ihre jüngsten Niederlagen ging sie nicht ein. Die New Yorker Senatorin hatte bereits zuvor klargemacht, dass sie ganz auf Vorwahl-Siege in den bevölkerungsreichen gewichtigen Staaten Texas und Ohio am 4. März setzt. Bei den Vorwahlen in Texas und Ohio gelten ihre Chancen als besser, da dort viele Latinos und Arbeiter abstimmen, bei denen sie gewöhnlich besser ankommt als ihr Konkurrent Obama.

McCain setzt sich gegen Huckabee durch

Obama geht aber auch als Favorit in die nächste Vorwahl am 19. Februar in Wisconsin und in Abstimmungen in Hawaii. Gewinnt er dort, hätte er zehn Kandidatenküren in Folge für sich entschieden, Clinton dagegen keine.

Angesichts des andauernden Kopf-an-Kopf Rennens bei den Demokraten kümmern sich Clinton und Obama bereits zunehmend um die "Superdelegierten", die beim Parteitag den Ausschlag geben könnten. Dabei handelt es sich um fast 800 Delegierte, die nicht gewählt werden, sondern kraft Amt beim Parteitag dabei sind. Meist handelt es sich um demokratische Gouverneure, Senatoren sowie anderweitig prominente Politiker und hohe Beamte. Sie sind nicht wie die normalen Delegierten an das Votum der Wähler in ihrem Staat gebunden, sondern können sich frei zwischen den Kandidaten entscheiden. Erst etwa die Hälfte der "Superdelegierten" habe sich bereits für Clinton oder Obama entschieden, heißt es.

Auf der republikanischen Seite lieferten sich in Virginia Senator John McCain aus Arizona und der Exgouverneur und ehemalige Baptistenprediger Mike Huckabee in Virginia lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende siegte CNN-Berechnungen zufolge McCain und sicherte sich die 63 Delegiertenstimmen, die für die Republikaner in dem östlichen Bundesstaat zu vergeben waren. Der knappe Sieg in Virginia wurde als Zeichen dafür gewertet, dass McCain bei der religiösen Rechten weiterhin wenig Rückhalt hat. McCain gewann CNN zufolge auch in Maryland und Washington.

Damit baute McCain seinen Vorsprung auf Huckabee im Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur aus. Ihm dürfte die Nominierung kaum noch zu nehmen sein. Am Wochenende hatte der von Teilen der Partei als zu moderat angesehene Vietnamveteran McCain die US-Staaten Louisiana und Kansas an den ehemaligen Baptistenprediger Huckabee verloren, im Staat Washington gewann er nur knapp.

McCain attackierte die Demokraten und eröffnete damit den eigentlichen Kampf ums Weiße Haus. Zwar stehe noch nicht fest, wenn die Demokraten ins Rennen schicken würden, sagte McCain. "Aber wir wissen, wohin ihre Kandidaten das Land führen werden, und das werden wir auf gar keinen Fall zulassen", sagte der 71-Jährige in Virginia.

hen/AP/dpa/AFP/Reuters

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