Deutsche in Somalia Angeblicher Söldner-Einsatz löst heftige Kritik aus

Brennendes Haus in Somalia: Vom Bürgerkrieg zerrüttetes Land
Foto: Mohamed Sheikh Nor/ APBerlin - Somalia ist ein zerrüttetes Land: Seit Ende der achtziger Jahre leiden die Menschen unter einem blutigen Bürgerkrieg, Dürrekatastrophen haben den Staat am Horn von Afrika zusätzlich getroffen. Ausgerechnet hier sollen offenbar deutsche Söldner eingesetzt werden - Opposition, Menschenrechtler und der Bundeswehrverband reagierten bestürzt.
"Das ist nicht in Ordnung", sagte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch. Das Gewaltmonopol müsse Aufgabe des Staates bleiben. Er forderte alle Verantwortlichen auf, dies zu unterbinden. "Dass sich nun ausgerechnet in ehemalige Zeitsoldaten wiederfinden, finden wir überhaupt nicht gut."
Als "nicht akzeptabel" kritisierte auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, die Vermittlung nach Somalia. In der "Frankfurter Rundschau" plädierte er dafür, "dass endlich eine Gesetzgebung geschaffen wird, die solche Dinge eindeutig einschränkt". Man dürfe staatliche Gewalt nicht privatisieren, sagte der SPD-Politiker weiter.
Ähnlich äußerten sich Politiker der Grünen. Fraktionsvize Frithjof Schmidt forderte die Bundesregierung auf, die Entsendung der Söldner zu unterbinden. Er plädierte für gesetzliche Schritte, um neben dem Export von Waffen auch gegen den Einsatz von Menschen aus Deutschland in Kriegsgebieten vorgehen zu können.
Nach ARD-Recherchen soll die Firma Asgaard German Security Group mit Sitz im westfälischen Telgte mit dem somalischen Oppositionspolitiker Galadid Abdinur Ahmad Darman einen Vertrag über die Ausbildung von Kämpfern durch über 100 ehemalige Zeitsoldaten der Bundeswehr abgeschlossen haben. Der vorwiegend in den USA lebende Darman bezeichnet sich selbst als gewählten Präsidenten der Republik Somalia und spricht der vom Westen unterstützten Übergangsregierung die Legitimation ab.
In dem Fall ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft Münster. "Wir haben von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet gegen die Verantwortlichen dieser Firma", bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Wolfgang Schweer, SPIEGEL ONLINE. Nun werde geprüft, ob ein Verstoß gegen Paragraf 109h des Strafgesetzbuches ("Anwerben für fremden Wehrdienst") vorliege. Im Falle einer Verurteilung drohe eine Haftstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren.
Das Unternehmen selbst erklärte auf seiner Webseite, es sei richtig, dass Asgaard mit dem Somalier Darman einen Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen in dem Land abgeschlossen habe. Sobald Darman mit Billigung der Uno die Staatsgeschäfte wieder aufgenommen habe, werde Asgaard die "Ausbildung, Ausrüstung und Versorgung der Feuerwehren, des Gesundheitswesen und Katastrophenschutz, der Polizei und des Militärs übernehmen". Die Firma stelle zudem "eine Objekt- und Personenschutz-Gruppe für die somalische Regierung".
Man wolle "eng mit der deutschen Regierung zusammenarbeiten" und "in keiner Weise gegen deren Interessen tätig werden", heißt es auf der Homepage. Der Erklärung zufolge befinden sich zurzeit keine deutschen Staatsbürger auf Veranlassung von Asgaard in Somalia.
Angeblich ehemalige KSK-Soldaten nach Somalia vermittelt
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte, die Bundeswehr unterhalte keine Beziehungen zu der Firma Asgaard. Das Ministerium prüfe derzeit, ob tatsächlich ehemalige Soldaten mit der Firma zusammenarbeiteten.
Der Präsident des Reservistenverbandes, Gerd Höfer, betonte, die Vermittlung von Reservisten für einen Einsatz im Bürgerkriegsland Somalia sei unvereinbar mit der Mitgliedschaft in seinem Verband. Er bestätigte, dass der Chef der Sicherheitsfirma seit Oktober 2002 Mitglied im Reservistenverband sei. Unter anderem leite er den Arbeitskreis Reserveunteroffiziere in Münster.
Der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Reservistenverbandes, Claus-Werner Ahaus, versicherte, sein Verband habe keine Kenntnis von der Söldnersuche seines Mitglieds gehabt. "Wir würden solche dubiosen Dinge nie unterstützen", sagte er.
Laut "Tagesspiegel" gehören zum Personal von Asgaard auch ehemalige Angehörige der Bundeswehr-Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) sowie ehemalige Polizisten der GSG 9. Die Zeitung verweist auf Sicherheitskreise, die davor warnten, dass deutsche Ex-Soldaten oder Ex-Polizisten im Ausland getötet oder gezielt entführt werden könnten.
"Ein Debakel für deutsche Friedenspolitik in Afrika"
Die Gesellschaft für bedrohte Völker hielt dem Auswärtigen Amt "skandalöse Untätigkeit" vor. "Es ist ein Debakel für deutsche Friedenspolitik in Afrika, wenn in Deutschland monatelang Ex-Bundeswehrsoldaten als Söldner für einen Warlord in Somalia angeworben werden können, ohne dass das Außenministerium davon Kenntnis erhält", sagte der Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Ulrich Delius.
Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) bezeichnete die Lage in Somalia in der vergangenen Woche als die derzeit schlimmste humanitäre Katastrophe. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung seien auf Nothilfe angewiesen. 1,4 Millionen Menschen seien im Land selbst auf der Flucht, weitere 500.000 hätten im Ausland Zuflucht gesucht.