Deutschland-Bild in Pakistan Meine Frau, mein Auto, mein Führer

Buchhändler in Islamabad mit "Mein Kampf"-Ausgaben: "Hervorragende Eigenschaften"
Foto: Hasnain KazimNatürlich hält sich auch Pakistan für den Nabel der Welt. Das Land hat in den achtziger Jahren die Mudschahidin in Afghanistan unterstützt, als die gegen die Sowjets kämpften, erfolgreich, wie wir wissen, denn die Rote Armee musste sich 1989 zurückziehen. Das, betont man in Pakistan, sei der Anfang vom Ende der Sowjetunion gewesen. Und nur weil die damalige Weltmacht so geschwächt gewesen sei, habe sie der deutschen Wiedervereinigung zugestimmt. Was ehemalige Politiker, Militärs und Geheimdienstleute mir sagen wollen: Die Bundesrepublik hat die Wiedervereinigung Pakistan zu verdanken. Natürlich. Wem auch sonst?
Abgesehen von diesem Wunsch nach ein bisschen mehr Dankbarkeit ist Pakistans Blick auf Deutschland einer voller Bewunderung. Manchmal ist auch ein bisschen Verwunderung dabei. Der durchschnittliche Pakistaner kennt drei Gründe, weshalb er Deutschland gut finden soll: Hitler, deutsche Frauen und Mercedes, in dieser Reihenfolge.
Wenn man also erzählt, dass man aus Deutschland kommt, bleibt einem - wie überall in Asien - eine Aussage wie: "Oh, Hitler was a very good man" selten erspart. Wenn man nachfragt, was genau sie damit meinen, erzählen sie von seinen "hervorragenden Eigenschaften als Feldherr". Und wenn man ihnen entgegnet, dass er den Krieg trotzdem verloren hat, finden sie andere Gründe: "Aber er hat Großes für Deutschland geleistet." Die Autobahnen zum Beispiel ("Darf man da wirklich so schnell fahren, wie man will?"). Außerdem habe er es den Briten, den ehemaligen Kolonialherren, mal richtig gezeigt, und den Juden. Was genau er angerichtet hat, dass er der größte Massenmörder seines Jahrhunderts war, das weiß niemand so genau.
Hitlers "Mein Kampf" mit seinen kruden Ideen gibt es in jedem Buchladen und auf jedem Bücherbasar zu kaufen. Lesen können es die meisten nicht, in einem Land mit einer der höchsten Analphabetenraten der Welt. Die Händler wundern sich, wenn man ihnen erzählt, dass der Nachdruck des Buches in Deutschland verboten ist. "Aber ich dachte, Deutschland sei eine Demokratie mit Meinungsfreiheit?", sagte mir kürzlich einer. Wie führt man ein solches Gespräch?
Lob für treue, gewissenhafte, fleißige Frauen
Wenn Leute erfahren, dass ich mit einer Deutschen verheiratet bin, bekomme ich lobende Worte dafür: Deutsche Frauen seien treu, gewissenhaft und fleißig, überhaupt sei das ein guter Fang. Manche, vor allem junge Männer, wollen von mir wissen, wie ich es bewerkstelligt habe, eine Deutsche davon zu überzeugen, nicht nur mich zu heiraten, sondern auch noch mit mir nach Pakistan zu ziehen. Auch hier frage ich mich: Wie kann ich das Gespräch schnellstmöglich beenden?
Große Anerkennung erhalten Deutsche auch wegen der Automarke Mercedes, und das ist endlich mal ein unverfängliches Thema. In Pakistan fahren noch Modelle aus den fünfziger und sechziger Jahren, und für relativ wenig Geld kann man einen solchen Oldtimer erstehen. Ich interessiere mich zwar wenig für Autos, aber um nicht mit wildfremden Leuten über Hitler oder meine Frau reden zu müssen, befasse ich mich gerne mit dem Thema Mercedes.
In letzter Zeit kommt es aber häufiger zu politischen Themen, wenn es um die Bundesrepublik geht. Ein paar pakistanische Zeitungen haben berichtet, dass so wenige Kinder wie noch nie in Deutschland zur Welt kommen. Ganz im Gegenteil zu Pakistan übrigens. Wenn die Menschen dann lesen, vielen Deutschen seien Kinder "zu teuer", man könne sich kaum noch Kinder "leisten", dann wundern sie sich. Sie leben schließlich in einem Land, wo viele nicht einmal das Mindesteinkommen von knapp 70 Euro im Monat erzielen. "Wer, wenn nicht ihr, kann sich Kinder leisten?", fragen sie.
Ansonsten hört man in Pakistan nicht viel von deutscher Politik, zu sehr ist man mit sich und den Beziehungen zu den USA, dem Krieg in Afghanistan und der Feindschaft mit Indien befasst. Aber eine Nachricht sorgte wirklich für Aufsehen: der Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff. Man kann kaum fassen, dass ein Politiker wegen zweifelhafter Unternehmerkontakte, umstrittener Kredite und großzügiger Geschenke zurückgetreten ist. In Pakistan gilt der unbedingte Wille zur Vorteilsnahme als Voraussetzung, um Politiker zu werden.