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Militärschlag gegen Assad US-Regierung will Syrien ohne Uno-Mandat angreifen

Während ihr Chef Barack Obama in St. Petersburg seine Wut auf Wladimir Putin zügeln muss, greift eine US-Diplomatin Russland in der Uno scharf an: In der Syrien-Frage halte das Land den Sicherheitsrat als Geisel. Die USA sind nun zum Alleingang entschlossen.

Washington - Für eine Diplomatin wurde Samantha Power außergewöhnlich deutlich: Die russische Regierung sei der "Schutzherr eines Regimes", das eine dreiste Chemiewaffenattacke verübt habe, sagte die Uno-Botschafterin der Vereinigten Staaten am Donnerstagabend in New York.

Moskau halte den Uno-Sicherheitsrat weiter als Geisel, kritisierte Power. Daraus ziehe Washington nun seine Schlüsse: Die Obama-Regierung werde sich nicht länger um eine Uno-Resolution bemühen, die einen Militärschlag gegen das Assad-Regime billigen könnte. Ein britischer Resolutionsentwurf, in dem eine Antwort auf den Einsatz von Chemiewaffen gefordert wird, sei faktisch gescheitert. "Die Zusammenarbeit mit unseren russischen Kollegen gibt keinerlei Anlass zum Optimismus", sagte Power. Das System der Vereinten Nationen habe in der Syrien-Frage versagt.

Die Erfahrungen und Bemühungen der vergangenen zweieinhalb Jahre zeigten, "dass es mit diesem Sicherheitsrat keinen praktikablen Weg nach vorne gibt", sagte die US-Diplomatin weiter. Russland erfülle seine internationalen Verpflichtungen nicht. Moskau und Peking haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren mehrfach Resolutionen verhindert, die gegen das Regime in Damaskus gerichtet waren.

US-Abgeordnete brüskieren russische Kollegen

Seit dem Giftgasangriff auf Vororte von Damaskus am 21. August haben sich die Fronten noch einmal verhärtet. Die USA und ihre Nato-Verbündeten sind überzeugt, dass das Assad-Regime Chemiewaffen einsetzte und Hunderte Menschen tötete. Der Kreml beschuldigt die Rebellen, hinter dem Angriff zu stehen. Auch beim G-20-Gipfel in St. Petersburg gab es keine Annäherung zwischen US-Präsident Obama und seinem russischen Amtskollegen Putin.

Die Beziehungen zwischen den USA und Russland verschlechtern sich durch den Streit um Syrien immer weiter. Der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Harry Reid, und der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses schlugen am Donnerstag die Einladung zu einem Treffen mit einer Delegation russischer Parlamentarier aus. Ein Sprecher der russischen Botschaft in Washington teilte mit, man sei "sehr enttäuscht" über die Absage.

Ob die USA tatsächlich militärisch gegen Syrien vorgehen werden, ist offen. Obama will sich erst eine Genehmigung durch den Kongress einholen. Abstimmungen in den beiden Kammern könnten kommende Woche stattfinden. Eine Zustimmung für den Regierungskurs ist höchst ungewiss.

syd/dpa/Reuters/AP/AFP
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