Reuters

Freundliche Atmosphäre bei Merkels Trump-Visite Immerhin

Sie brachte ihm ein persönliches Gastgeschenk mit, er war sichtlich erfreut: Es ist schon ein Fortschritt, dass Merkels Visite bei Donald Trump in netter Atmosphäre verlief. Wo stehen sie jetzt in puncto Rüstung, Iran-Deal und Handelskrieg?

Angela Merkel und Donald Trump sitzen anfangs noch etwas steif nebeneinander. Die Fotografen drängeln sich ins enge Oval Office, rempeln einander an, die Kameras klicken. Der US-Präsident dreht sich grinsend zur Bundeskanzlerin. "Die mögen Sie, was?", sagt er zu ihr. "Die mögen Sie!"

Es ist das größte Kompliment, dass Trump zu vergeben hat. Die Frage ist aber: Merkel und Trump - mögen die sich?

Merkels unterkühlter Antrittsbesuch im Weißen Haus stand voriges Jahr noch ganz unter dem Eindruck des westlichen Trump-Schocks. Doch viel hat sich seither getan, nicht nur die transatlantischen Spannungen sind akuter geworden, man muss sich arrangieren.

Das zeigt denn auch Merkels zweite Visite. Trump, so hat Merkel gelernt, operiert am besten auf der persönlichen Ebene, wenn er einen Draht zu jemandem findet oder sich geschmeichelt fühlt. Also ist sie betont nett zu ihm, zumindest vor laufenden Kameras, was er auch jedes mal mit breitem Grinsen registriert - selbst wenn am Ende wenig Konkretes dabei herumkommt.

  • Wie war die Stimmung hinter den Kulissen?

Hart, aber herzlich. Die deutsche Delegation kam mit bewusst niedrigen Erwartungen. Doch selbst Trump gab sich Mühe: Küsschen, Komplimente, Scherze, Gratulationen und jede Menge Handschläge, um jenen einen, fehlenden Handschlag vom letzten Mal wieder wettzumachen. "Wir hatten von Anfang an ein tolle Beziehung, doch manche haben das nicht verstanden", korrigierte er den Eindruck, nannte Merkel "eine außerordentliche Frau" und sogar "Angela". Die brachte Trump einen Kupferstich von 1705 mit, eine Landkarte der Rheinpfalz, woher seine Vorfahren stammen. Im Oval Office plauderten sie über seine deutschen Wurzeln, der Präsident zeigte sich auffallend interessiert.

Fotostrecke

Visite in Washington: Merkel und Trump - das Treffen

Foto: BRENDAN SMIALOWSKI/ AFP

Merkel gab sich konziliant - doch auch bestimmt. Im Gespräch mit Trump unterstrich sie immer wieder die deutschen Positionen und Argumente. Denn sie setzt darauf, dass am Ende nur das Gespräch mit Trump hilft, gemeinsame Lösungen zu finden und die Spannungen abzubauen.

Dass die kurze Reise nach Washington mehr ist als nur ein profaner Arbeitsbesuch, merkte man spätestens bei der Pressekonferenz.

In der ersten Reihe saß Vizepräsident Mike Pence, daneben Handelsminister Wilbur Ross und am Ende der Reihe Richard Grenell, neuer US-Botschafter in Berlin, den Trump und Merkel begrüßten. Oft verstrickte sich Trump im Wortgestrüpp, wenn er von seinen in Großbuchstaben gedruckten Notizen abwich oder die US-Reporter nach etwas fragten, das mit Merkel nichts zu tun hatte. Die ertrug es steinern, bis Trump ihr die nächste Frage zuwies.

  • Ist ein US-europäischer Handelskrieg abgewendet?

Nein. Doch das erwartete keiner. Trump, so war zu hören, wolle die EU-Ausnahmeregelung für seine Strafzölle auf Stahl und Aluminium weiter wie angedroht zum 1. Mai auslaufen lassen. Was geschieht dann? Eine WTO-Klage, Vergeltungszölle der EU? Mehrfach wurden beide danach gefragt, beide vermieden eine Antwort - und Trump ließ über seine Pläne auch nichts durchblicken: "Wir werden sehen." Stattdessen beharrte er auf seinem bekannten Mantra, die USA würden von der ganzen Welt "unfair" behandelt.

Merkel umschiffte das brenzlige Thema feinfühliger, deutete Verständnis an für Trumps Kritik: "Wir wollen auch einen fairen Handel." Ja, Deutschland müsse seinen Handelsüberschuss senken, "aber das ist noch ein langer Weg". Jedenfalls könne sie sich auch bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und den USA vorstellen, so die "gut miteinander vereinbart" würden.

  • Gab es eine Lösung im Streit ums Atomabkommen mit Iran?

Im Streit um das Iran-Abkommen waren auch nach dem Besuch der Kanzlerin keine Fortschritte zu erkennen. Bis zum 12. Mai muss Trump verkünden, ob er den unter Beteiligung Deutschlands ausgehandelten Vertrag platzen lässt oder nicht. Auch hier ließ er offen, wie er sich entscheiden werde. Trump erneuerte aber seine Kritik an dem "mörderischen" Regime in Teheran. "Wir müssen sicherstellen, dass Teheran nie in die Nähe eine Atomwaffe kommt", sagte er. Das kann als Hinweis gedeutet werden, dass er sich tatsächlich aus dem Abkommen verabschieden wird.

Merkel betonte - wie zuvor bereits Emmanuel Macron bei seinem viel pompöseren Staatsbesuch hier Anfang der Woche - die Position, dass das Abkommen zwar "alles andere als perfekt" sei, aber fortbestehen sollte. Aus Sicht der Europäer wäre es fatal, wenn Trump den Iran-Deal platzen ließe, denn dann könnte es sehr viel schwieriger werden, um mit Iran zum Beispiel über eine Friedenslösung für Syrien oder Jemen zu verhandeln.

  • Was hatte Trump an Deutschland und der EU außerdem zu bekritteln?

Trump wiederholte einmal mehr seine Forderung, dass Deutschland und andere Länder mehr Geld in die Verteidigung investieren sollten. Allerdings war seine Wortwahl ungewöhnlich diplomatisch, und er vermied es, Deutschland oder Merkel in dieser Frage direkt scharf zu kritisieren. Trump lobte jedoch ausführlich Länder wie Polen, die sogar bereits mehr als die von der Nato vorgegebenen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Armee investierten. Darin steckte wohl die indirekte Frage: Warum schafft ihr das als reiche Deutsche nicht?

Merkel versicherte, Deutschland wolle mehr Geld in die Verteidigung investieren und stehe zu seinen Nato-Verpflichtungen. Schon nächstes Jahr sollten die deutschen Verteidigungsausgaben auf 1,3 Prozent ansteigen. Trump schien sich damit - zumindest vorerst - zu begnügen, auch wenn ihn Merkels Erklärungen kaum nachhaltig beeindruckt haben dürften. Er wird auf dieses Thema sicher wieder zurückkommen, bis Deutschland wirklich die zwei Prozent erreicht. Dazu muss man wissen: Merkel selbst hätte gegen deutlich höhere Verteidigungsmaßnahmen wohl nicht viel einzuwenden, ihr Koalitionspartner SPD stellt sich aber dagegen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren