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Weißes Haus: Trumps Personalkarussell - und raus bist du!

Foto: Carlos Barria/ REUTERS

Chaos im Weißen Haus Feuer frei

Donald Trumps neuer Stabschef, Ex-General John Kelly, soll Ruhe schaffen im Weißen Haus. Erstes Opfer: Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci. Dabei liegt das Problem beim Präsidenten selbst.

"You're fired!" war der Slogan, mit dem Donald Trump bei seiner TV-Realityshow einst glücklose Kandidaten vor die Tür setzte. Dieses Motto führt er nun als US-Präsident fort: Nach nicht mal zehn Tagen verlor Anthony Scaramucci, Trumps Kommunikationsdirektor, seinen Job am Montag auch schon wieder. Sicherheitsleute eskortierten ihn vom Gelände.

"Ein toller Tag im Weißen Haus!", twitterte Trump kurz darauf. Noch vorige Woche hatte er diesen jüngsten Glückloskandidaten hochgepriesen.

Mit Scaramuccis Blitz-Burn-out gleicht das Chaos um Trump - oder die clever inszenierte Simulation von Chaos, wer weiß - aber eher der Fantasyserie "Game of Thrones": Keiner weiß, wessen Kopf als Nächstes rollt. Hatte Scaramucci doch seinerseits gerade erst mit einer ebenso öffentlichen wie schamlosen Mobbing-Kampagne dafür gesorgt, dass sowohl Trump-Sprecher Sean Spicer wie auch Stabschef Reince Priebus ihre Posten einbüßten.

Nun wurde er selbst zum Opfer - und zwar des neuen Stabschefs John Kelly. Das nennt man Karma.

Scaramuccis Abschuss war die erste Amtshandlung des Generals a.D., gleich nachdem Trump den bisherigen US-Heimatschutzminister am Montag als "großartigsten" Stabschef "aller Zeiten" vereidigt hatte. Scaramucci habe Kelly einen "neuen Anfang ermöglichen" wollen, hieß es - die exakten Worte, mit denen zuvor Priebus verbannt wurde. Zudem habe sich Trump an Scaramuccis "vulgären" Ausfällen gestört, die er kürzlich freilich noch "geliebt" haben soll.

Vulgärer als Trumps Vulgaritäten - über Frauen, Behinderte, Latinos, Reporter - waren die sowieso nicht. Doch was heißt das schon in diesen Tagen, wo heute A gilt und morgen B und keiner das mehr groß hinterfragt.

Selbst die "New York Times" schluckte den Köder, der ihr vorgeworfen wurde, diesmal. "Kelly behauptet seine Autorität", so umschrieb sie Scaramuccis Entlassung und verbreitete damit die Fiktion des Weißen Hauses: Der neue Personalboss, ein strammer Soldat, macht reinen Tisch.

Das mag in diesem Fall zwar noch stimmen: Kelly soll darauf bestanden haben, dass ihm auch die höchsten Berater im Weißen Haus direkt unterstehen. Scaramucci, der sich seines engen Drahtes zu Trump gerühmt hatte, habe ihm das verweigert, woraufhin ihn Kelly gefeuert habe - auf Trumps Wunsch.

Doch auch Kellys Chancen, das Weiße Haus zur Ruhe zu bringen, stehen schlecht. Denn das wahre Problem liegt ja nicht in den Fußsoldaten und ihrer fehlenden Disziplin, sondern in Trump selbst - und der wird sich wohl nicht ändern.

Stabschef im Weißen Haus ist seit jeher der härteste Job Washingtons. Unter Trump aber scheint es unmöglich geworden, eine Balance zu finden zwischen dem Präsidenten, seinen Beratern, Kabinett und Kongress. Intrigen, Endlos-Leaks, eine gescheiterte Agenda: Trumps Amtszeit ist längst eine tägliche Dokusoap - mit realen Konsequenzen für die Sicherheit der gesamten Welt.

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Kelly verspricht auf dem Papier viel: Der Marineinfanterist gilt als charismatisch und knallhart. Offen bleibt aber, ob ihn seine Irak-Einsätze auch gewappnet haben für die Grabenkriege im Weißen Haus - und dessen manischen Kommandeur. Den sollten ja schon andere bändigen, von Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster über Verteidigungsminister Jim Mattis bis hin zu Außenminister Rex Tillerson, vormals Vorstandschef des Ölmultis ExxonMobil. Doch auch denen gelang das nicht, bisher jedenfalls.

Denn Trump lässt sich nicht mäßigen. Gesundheitsrefom-Flop, Republikaner-Revolte, Russland, Nordkorea, China: Die Dramen seiner Präsidentschaft sind meist hausgemacht, Auslöser sind seine eigenen Tweets und Tiraden.

Spekulationen über Kellys Zukunft

Die Hoffnung auf eine "Normalisierung" platzte schon oft: vor der Wahl, nach der Wahl, nach der Vereidigung. Immer wieder wähnten die Kommentatoren einen neuen Anfang, immer wieder hatten sie unrecht. "Es wird keinen Unterschied machen", kommentierte der Demokrat Ted Lieu den Amtsantritt Kellys auf CNN. "Das Weiße Haus scheitert nicht am Personal, sondern am Präsidenten. Das ist, als würden die Liegestühle auf der 'Titanic' umgerückt."

Zwar hat Kelly jetzt den Segen der engsten Vertrauten Trumps, Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner. Doch den hatte auch Scaramucci, bevor der Familienrat seine Meinung änderte und ihn vom Hof verstieß.

Schon spekuliert die Politszene, wie lange sich Kelly halten wird. Frühe Omen gab es bereits an seinem ersten Arbeitstag: Da wurde bekannt, dass sich Kelly im April mit dem damaligen FBI-Chef James Comey solidarisiert haben soll, als der von Trump gefeuert wurde. Kelly, meldete CNN, habe aus Empörung sogar seinen eigenen Rücktritt als Minister erwogen - ein Verstoß gegen das Trump'sche Gesetz der bedingungslosen Unterordnung.

Vielleicht bekommt also auch John Kelly demnächst zu hören: "You're fired!"

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