Neuer Stabschef Mulvaney Trumps Ausputzer

Stabschef im Weißen Haus - das galt mal als Top-Job. Unter Donald Trump hat die Position eine andere Bedeutung bekommen. Da passt der neue Amtsinhaber Mick Mulvaney bestens.
Mick Mulvaney

Mick Mulvaney

Foto: Getty Images/ NurPhoto/ Cheriss May

Niemand in Donald Trumps Umfeld hält sich lange. In zwei Jahren hat der US-Präsident ein halbes Dutzend Kabinettsmitglieder verschlissen, außerdem einen Chefstrategen, zwei Sicherheits- und einen Wirtschaftsberater, zwei Kommunikationsdirektoren und einen Pressesprecher, einen FBI-Direktor sowie zwei Stabschefs.

Da überrascht es keinen, dass Mick Mulvaneys neuer Titel - von Trump per Twitter vermeldet - von vorneherein mit einer Einschränkung kommt: "kommissarischer" Stabschef des Weißen Hauses.

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Warum nur kommissarisch, wollten die überraschten Reporter am Freitagabend wissen, nachdem sie zunächst schon fürs Wochenende nach Hause geschickt worden waren: Schließlich beginnt der Job ja erst im Januar, muss aber nicht mehr vom Kongress bestätigt werden - Trump hat ihn benannt, fertig, aus. Oder?

"Er ist kommissarischer Stabschef, was heißt, dass er Stabschef ist", antwortete ein Trump-Sprecher, der auch nicht mehr wusste als die Reporter. Er amtiert, also ist er.

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Trumps noch amtierender, nicht kommissarischer Stabschef John Kelly amtiert sowieo längst nur noch auf dem Papier - der Präsident und der frustrierte Kelly, so war zu hören, sprächen schon seit Wochen nicht mehr miteinander. Was zugleich offenbart, wie dieser einst zentrale Posten, den Mulvaney nun "übernimmt", unter Trump erodiert ist, bis hin zur Irrelevanz.

Da passt Mulvaney bestens. In Trumps Reibach-Rolodex ist er der Ausputzer für alles: Der erzkonservative Ex-Abgeordnete leitete zuletzt die US-Haushaltsbehörde, die er artig redundant machte, und zwischenzeitlich auch das Verbraucherschutzamt, das er als Strohmann der Industrie so zerlegte, dass es nur noch dem Namen nach existiert.

Die Ausblutung des US-Regierungsapparats unter Trump findet nun in der Stabschefs-Scharade ihren Höhepunkt. Das gefällt vor allem Trump selbst, der sich nichts sagen lässt und immer öfter tut, was er will, so krass, konfus oder kontraproduktiv das auch sein mag.

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Personalwechsel im Weißen Haus: Wen US-Präsident Trump schon ersetzt hat

Foto: GEOFFROY VAN DER HASSELT/ AFP

Ex-General Kelly, in dem sich viele eine Art Babysitter für Trump erhofft hatten, entpuppte sich als so glücklos wie Vorgänger Reince Priebus. Er überlebte nur länger, weil Militärs nicht hinschmeißen - und weil er und Trump ideologische Brüder sind, etwa in ihrer radikalen Einwanderungspolitik.

Kelly - der immer öfter fotografiert wurde, wie er fassungslos den Kopf in den Händen vergrub - sollte erst gehen, wenn ein Nachrücker für den Schleudersitz feststand. Doch Trump zog vorher die Reißleine. Das beschleunigte die Suche aber auch nicht.

Ein Kandidat nach dem anderen winkte ab: Vizepräsident Mike Pences Stabschef Nick Ayers. Finanzminister Steven Mnuchin. Handelsbeauftragter Robert Lighthizer. Kongressinsider Mark Meadows. Ex-Gouverneur Chris Christie. Wobei unklar ist, ob Christie überhaupt gefragt wurde - als Staatsanwalt hatte er einst den Vater von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner für 14 Monate hinter Gitter gebracht.

"Ich bin dabei, einige wirklich tolle Leute für die Position zu befragen", twitterte Trump zwischendurch und nannte alles andere "Fake News".

Trump im Oval Office

Trump im Oval Office

Foto: JONATHAN ERNST/ REUTERS

Doch in Wahrheit wollte keiner. Denn Trump verbrennt selbst loyale Mitarbeiter im Dutzend, zerstört ihre Karrieren und oft auch ihre Existenzen. Wer im Weißen Haus arbeitet, braucht teure Anwälte, da alles, was dort geschieht, Beweismaterial ist - nicht nur für Russland-Sonderermittler Robert Mueller, sondern für etliche andere Verfahren.

Gerade die Ereignisse der vergangenen Woche zeigten, dass die Fahnder Trumps engsten Zirkel - Familie, Konzern, Berater - als eine kriminelle Organisation behandeln und diese auch so ausheben möchten. Die Akteure, ob bewusste oder unbewusste Komplizen, fallen wie Dominosteine, von außen nach innen, bis am Ende nur noch der Mann im Zentrum steht.

Der politische Wind hat sich ebenfalls gedreht. Ab Januar haben die Demokraten im Repräsentantenhaus die Macht, womit sie dem Weißen Haus das Leben schwer machen können. Etwa durch Vorladungen und Beweisanforderungen und indem sie Trumps Agenda zerlegen - oder was davon übrig ist. Auch da wäre der Stabschef der Angelpunkt.

Robert Mueller

Robert Mueller

Foto: Yuri Gripas/ REUTERS

Wer will so einen Höllenjob? Der Interessentenkreis schrumpfte auf Trumps treueste Vasallen zusammen - und, ja, seine Angehörigen. Zuletzt war sogar Kushner im Gespräch.

Nur Mulvaney wollte es offenbar immer schon. Als Kelly noch frisch im Amt war, soll er sich an dessen neuem Besuchersystem vorbei ins Weiße Haus geschmuggelt haben, um direkt mit Trump zu reden. "Willst du verdammter Stabschef werden?", habe Kelly ihn angefaucht.

Jetzt ist er es. Ab Januar jedenfalls, "kommissarisch".

Ach ja: Und Mulvaney werde seinen bisherigen Posten als Haushaltschef nicht aufgeben, sondern nur ruhen lassen, erklärte Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders später, was nur für noch mehr Verwirrung sorgte.

"Damit das klar ist", twitterte Trump am Abend, "VIELE Leute wollten Stabschef werden."

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