Trumps abgesagter Dänemark-Besuch Der trotzige Immobilienmakler

Grönland: Steht nicht zum Verkauf
Foto: Lucas Jackson/REUTERSKopenhagen war bereit. Werbetafeln am Rathausplatz blendeten den Trump-Schriftzug immer wieder ein. Für eine Gegendemonstration vor der US-Botschaft interessierten sich auf Facebook mehr als 13.000 Menschen. So weit, so gewöhnlich.
Nun hat Donald Trump die Einladung der dänischen Königin Margrethe II. ausgeschlagen. Per Tweet, das Königshaus zeigte sich überrumpelt. Der US-Präsident verzichtet freiwillig auf Staatsbankett und militärische Ehren, die ihm bei seinem Besuch in London noch so wichtig waren.
Doch ein kleines Königreich und dessen große Insel haben etwas gewagt. Sie haben auf die eigene Souveränität hingewiesen - und klar gemacht: Grönland steht nicht zum Verkauf. Für Trump, so schreibt er es, ist das nun Grund genug, den Staatsbesuch abzusagen. Die Äußerung von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, dass ein Verkauf der Insel absurd sei, bezeichnete Trump als unangebracht und "nicht schön".
Suchte man eine Definition von Trotz - das Verhalten des US-Präsidenten könnte kaum besser umrissen werden. Und die Absage könnte für Donald Trump in vielerlei Hinsicht zum Problem werden.
Anfang der Woche hatte er noch versucht, den Aufruhr über sein Interesse an der strategisch und wirtschaftlich wichtigen Insel im Nordpolarmeer scherzhaft einzufangen. Einen Trump-Tower auf Grönland werde es nicht geben, versprach er und verbreitete eine entsprechende Fotomontage. Doch zugleich ließ Trump in den vergangenen Tagen klar erkennen, dass er beim Blick auf die Weltkarte eher Schnäppchenjäger denn Staatsmann ist.

Trump-Werbung am Kopenhagener-Rathausplatz: Geschaltet von einem Dänen, dem die Trump-Kritik zu weit ging
Foto: SPIEGEL ONLINENur betrifft diese Immobilienmakler-Attitüde nicht mehr bloß Häuser und Grundstücke, sondern wie im Fall von Grönland auch knapp 60.000 Menschen.
Indem er mit Dänemark über die Insel wie über eine Immobilie sprechen wollte, sendete er auch an andere Staaten das Signal, dass diese sich ihres Territoriums womöglich nicht allzu sicher sein können. Ein Tabubruch. Wo wittert er wohl ein nächstes Alaska, das die USA einfach so zu kaufen erwägen? Im südchinesischen Meer? Läutet Trump ein neues Zeitalter des Imperialismus und Kolonialismus ein? Diese Fragen könnten fortan die diplomatischen Beziehungen der USA belasten.
Auf Grönland selbst dürfte Trump ebenfalls Schaden angerichtet haben. Denn der Streit um die US-Präsenz auf der Insel war vor gerade einmal 20 Jahren ein Stück weit befriedet worden, als sich die dänische Regierung offiziell für die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung von Thule entschuldigte. Sie hatte Anfang der Fünfzigerjahre Platz machen müssen für das US-Militär. Im Kriegsfall wäre der Flugplatz im Nordwesten Grönlands zum strategisch wichtigen Drehkreuz der USA auf direktem Weg in die Sowjetunion geworden - und noch immer ist das geopolitische Interesse der USA an der Insel groß.

Thule Air Base: Grönländer für das US-Militär zwangsweise umgesiedelt
Foto: Ritzau Scanpix/Linda Kastrup / REUTERSDurch die Absage nimmt Trump sich nun die Chance, das Verhältnis zu den Grönländern weiter zu verbessern. Denn neben Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der Königin sagte er auch dem Chef der grönländischen Regierung, Kim Kielsen, ab, den er ebenfalls in Kopenhagen getroffen hätte.
Dabei hätte der US-Präsident mit dem Besuch die Chance gehabt, die vor allem wirtschaftlich stark von Dänemark abhängigen Grönländer weiter für die USA zu gewinnen. Washington hatte in den vergangenen Jahren enge Beziehungen nach Nuuk gepflegt - wohl auch in der Hoffnung, dass irgendwann US-Firmen noch unter dem Eis verborgene Rohstoffe wie Öl, Kohle, Zink, Kupfer oder Uran fördern können. Dass Trump künftig diesen diskreten Charme der Einflussnahme entwickelt, darf bezweifelt werden. Sein Verhalten erinnert bislang eher an andere plumpe Übernahmeversuche von US-Präsidenten. Harry Truman bot Dänemark 1946 etwa 100 Millionen Dollar für die Insel.
Auch in Dänemark fühlt man sich durch Trumps Absage zutiefst brüskiert. Es sei keine Schande wegzubleiben, wenn man nicht eingeladen sei, schimpfte der frühere liberale Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen. Anderes gelte aber, wenn man sich selbst eingeladen habe. Die ehemalige sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt nannte die Absage "zutiefst beleidigend für die Menschen in Grönland und Dänemark".
Trumps Dank, dass Amtsinhaberin Frederiksen den USA durch ihr Nein zum Grönland-Kauf "einen sehr großen Aufwand" erspart habe, dürfte die Sache nur noch schlimmer machen. Frederiksen selbst zeigte sich am Mittwoch "überrascht und enttäuscht" von der Absage. Sie betonte aber, dass Trumps Entscheidung keinen Einfluss auf die guten Beziehungen zwischen beiden Staaten habe.
Dabei wäre bei einem Besuch in Dänemark für Trump durchaus etwas drin gewesen. Schließlich ist das Nato-Land seit Jahren sicherheitspolitisch eng mit den USA verbunden. Dänische Sicherheitspolitik war in Kopenhagen immer stärker transatlantisch geprägt als in anderen europäischen Ländern. Auch weil sich Dänemark wegen einer Ausschlussklausel aus der EU-Verteidigungspolitik raushält. 2003 zog es gemeinsam mit George W. Bush in den Krieg gegen den Irak. In Afghanistan hat es, in Relation zu seiner Einwohnerzahl, mit am meisten gefallene Soldaten zu beklagen.

Mette Frederiksen und Kim Kielsen vor wenigen Tagen in Nuuk: US-Präsenz unumgänglich
Foto: Mads Claus Rasmussen/EPA-EFE/REXTransatlantisch treu stimmte Ministerpräsidentin Frederiksen auch nach Bekanntwerden von Trumps Kaufplänen ihre Landsleute weiterhin auf eine engere Arktiszusammenarbeit mit den USA ein. Bei einem Besuch in Grönland sagte sie erst am Montag, eine wachsende US-Präsenz auf der Insel sei unumgänglich . Trump hätte also zwar nicht Grönland bekommen können, aber durchaus etwas für die US-Interessen in der Arktis. Sicherheitsforscher Peter Viggo Jakobsen hatte laut "Jyllands Posten" etwa bereits die Anschaffung zusätzlicher F35-Kampfflugzeuge vom US-Konzern Lockheed Martin oder zusätzliche Radarüberwachung für die Arktis vorgeschlagen - auch, um nicht zum Ziel von Trumps Zorn zu werden, der auch von Dänemark höhere Verteidigungsausgaben verlangt.
Ähnlich wie die Regierung in Washington sieht zudem auch die Führung in Kopenhagen den Bau der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 mit großer Skepsis. Dänemark könnte das Projekt lähmen - ganz im Sinne der USA.
Über all das hätte Trump in Kopenhagen sprechen können. Doch Trump zieht es vor, erst gar nicht zu kommen und belastet damit das dänisch-amerikanische Verhältnis. Vielleicht, so formulierte es der dänische Ex-Ministerpräsident und Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, sei es angesichts der Bedeutung dieser Themen sogar das Beste, dass Trump nicht kommt. Die Sicherheits- und Umweltprobleme in der Arktis seien zu wichtig, um während aussichtsloser Diskussionen über den Verkauf von Grönland unterzugehen.