Rede zur Lage der Nation Trump lobt seine Bilanz - USA "stärker als jemals zuvor"

Der US-Präsident bei seiner Rede zur Lage der Nation: Hinter ihm sitzen sein Vize Mike Pence und die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi
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US-Präsident Donald Trump hat in seiner Rede zur Lage der Nation seine Politik der vergangenen Jahre gerühmt. "Vor drei Jahren haben wir das großartige amerikanische Comeback gestartet", sagte er im US-Repräsentantenhaus in Washington zum Auftakt seiner Ansprache vor den Abgeordneten und Senatoren. "Heute Abend stehe ich vor Ihnen, um die unglaublichen Ergebnisse mit Ihnen zu teilen."
Es gebe mehr Arbeitsplätze, das Einkommen der Bevölkerung wachse, die Kriminalität gehe zurück, und die USA würden international wieder respektiert. "Wir schreiten mit einer Geschwindigkeit voran, die vor Kurzem noch unvorstellbar gewesen wäre", sagte Trump. Die US-Wirtschaft befinde sich in einem Aufschwung, der seinesgleichen suche - es gehe ihr "so gut wie nie zuvor".
Die US-Wirtschaft wuchs 2019 um 2,3 Prozent. Das war die niedrigste Wachstumsrate seit 2016. Die US-Arbeitslosenquote ist mit 3,5 Prozent so niedrig wie seit rund 50 Jahren nicht mehr.

Trump bei seiner "State of the Union"-Rede
Foto: MANDEL NGAN/ AFPNeben einer boomenden Wirtschaft sei das US-Militär das mächtigste auf der Welt, die Grenzen seien sicher, die Werte des Landes seien erneuert und sein Stolz wiederhergestellt, sagte Trump. "Amerikas Feinde sind auf der Flucht, Amerikas Reichtum nimmt zu, Amerikas Zukunft scheint hell", erklärte er. Kurzum: "Der Zustand unserer Nation ist stärker als jemals zuvor."
Passend dazu wählte Trump auch seine Schlussworte, sie fielen nach etwa anderthalb Stunden: "Das Beste kommt erst noch."
Urteil im Impeachment-Verfahren steht an
Die republikanischen Senatoren und Abgeordneten quittierten Trumps Ansprache immer wieder mit kräftigem Applaus und erhoben sich von ihren Sitzen. Noch bevor Trump seine Rede begann skandierten sie "Vier weitere Jahre" - in den USA finden im November die Präsidentschaftswahlen statt.
Es war Trumps dritte Rede zur Lage der Nation. Er hielt sie nur wenige Stunden vor einer wichtigen Entscheidung: Am Mittwoch will der Senat im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein Urteil fällen. Die Demokraten hatten das Impeachment angestrebt, sie werfen Trump im Zusammenhang mit der Ukraineaffäre Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des Repräsentantenhauses vor. Im Senat haben allerdings die Republikaner die Mehrheit: Es gilt daher als sehr wahrscheinlich, dass Trump in der Kammer von den Vorwürfen freigesprochen wird.
Während seiner Rede erwähnte Trump das Impeachment nicht direkt.
Kein Händedruck - Pelosi zerreißt Trumps Redetext
Dutzende US-Demokratinnen kleideten sich anlässlich der Rede wie im vergangenen Jahr in Weiß, sie demonstrierten damit für Frauenrechte. Auch die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, beteiligte sich an der Aktion. Vor der Ansprache Trumps hatte sie bei Twitter geschrieben, dass sie damit den Kampf "zur Gleichberechtigung für Frauen im ganzen Land" unterstütze. Die Kleidung der Abgeordneten ist eine Anlehnung an die Suffragetten-Bewegung Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. Damals protestierten amerikanische Frauen in weißer Kleidung für ein flächendeckendes Frauenwahlrecht, das ihnen vor gut hundert Jahren gewährt wurde.
Als sich Trump und Pelosi unmittelbar vor Beginn seiner Ansprache gegenübertraten, streckte Pelosi dem Präsidenten die Hand aus, Trump drehte sich an seinem Rednerpult umgehend weg und wandte sich seinem Publikum zu. Pelosi zog ihre Hand zurück, zuckte leicht mit den Schultern und lächelte. Klar wurde nicht, ob Trump die Geste absichtlich missachtete. Allerdings ist Pelosi eine lautstarke Kritikerin des US-Präsidenten.
Nachdem Trump seine Rede beendet hatte und den Applaus genoss, zerriss Pelosi hinter ihm ihre Kopie seines Rede-Manuskripts. Auf die Frage eines Reporters, warum sie das getan habe, sagte sie kurz darauf: "Weil es angesichts der Alternativen die höfliche Variante war."
Die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez blieb Trumps Rede aus Protest fern. "Nach langem Überlegen habe ich mich entscheiden, dass ich meine Anwesenheit bei einer staatlichen Zeremonie nicht nutzen werde, um Trumps gesetzloses Verhalten & Unterwanderung der Verfassung zu normalisieren", schrieb sie auf Twitter. "Dies ist eine zutiefst persönliche Entscheidung, die jedes Mitglied selbst treffen muss, und eine Entscheidung, die ich nicht leichtfertig getroffen habe." Ocasio-Cortez gilt als Leitfigur des linken Flügels der US-Demokraten und ist eine ausgesprochene Kritikerin des Präsidenten. Auch weitere demokratische Abgeordnete hatten angekündigt, nicht zu Trumps Rede zu erscheinen, darunter Ayanna Pressley und Maxine Waters.
Überraschungsgäste Guaidó, Limbaugh, Williams
Umgekehrt gab es auch Teilnehmer, mit denen zuvor nicht gerechnet worden war: So kam der venezolanische Oppositionsführer Juan Guaidó zur Trump-Rede - er wird in seinem Machtkampf gegen Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro von der US-Regierung unterstützt. Er sei ein sehr mutiger Mann, sagte Trump in seiner Rede an Guaidó gewandt, er nannte ihn zudem den "wahren und rechtmäßigen Präsidenten Venezuelas". Alle Amerikaner stünden hinter dem venezolanischen Volk bei dessen Kampf für Freiheit, sagte Trump.
Die Auswahl der Gäste ist bei den Reden zur Lage der Nation immer ein wichtiges politisches Signal. In diesem Jahr lud der Präsident unter anderem einen Grenzbeamten ein, die Schwester eines von einem illegalen Einwanderer ermordeten Mannes und den früheren Polizeichef der venezolanischen Hauptstadt Caracas, Iván Simonovis, der in seiner Heimat jahrelang in Haft saß und als politischer Gefangener galt.
Auch der krebskranke konservative Radio-Moderator Rush Limbaugh war der Einladung des US-Präsidenten gefolgt. Trump erklärte, er wolle ihm die "Presidential Medal of Freedom" verleihen, eine der höchsten zivilen Auszeichnungen der USA. Und so kam es denn auch gleich: Melania Trump überreichte Limbaugh in den Zuschauerrängen die Ehrenmedaille.
Eine Überraschung hatte Donald Trump auch für Amy Williams parat, sie ist mit einem Unteroffizier verheiratet, der die vergangenen sieben Monate in Afghanistan war. "Amy, die Opfer Ihrer Familie machen es für unser aller Familien möglich, in Sicherheit und Frieden zu leben", sagte der Präsident. "Aber Amy, es gibt da eine weitere Sache heute Nacht, und wir haben eine ganz besondere Überraschung. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihr Mann vom Einsatz zurück ist. Er ist heute Abend hier, und wir konnten ihn nicht länger warten lassen." Anschließend war zu sehen, wie Feldwebel Townsend Williams die Zuschauertribüne des Repräsentantenhauses betrat und seine zwei Kinder und Ehefrau umarmte.
Themen, die Trump außerdem ansprach:
Er bekräftigte das Recht auf Waffenbesitz: "Solange ich Präsident bin, werde ich immer den zweiten Zusatzartikel schützen, Waffen zu besitzen und zu tragen", sagte Trump.
Er stellte erneut schnelle Fortschritte bei dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko in Aussicht. Mehr als 160 Kilometer seien bereits fertiggestellt, Anfang nächstes Jahr würden es mehr als 800 Kilometer sein.
Er forderte ein Gesetz zum Verbot von späten Abtreibungen: "Wir müssen alle darin übereinstimmen, dass jedes menschliche Leben ein heiliges Geschenk Gottes ist."
Er rief den Kongress dazu auf, auf dem Weg zum Mars eine neue amerikanische Mond-Mission zu finanzieren. Damit müsse sichergestellt werden, dass die USA die erste Nation würden, "die ihre Flagge auf dem Mars hisst".
Er kritisierte den Plan der Demokraten zur Ausweitung einer staatlich finanzierten Krankenversicherung. Seiner Ansicht nach laufe dies auf eine "sozialistische Übernahme" hinaus, die das Land in den Bankrott treibe und Leistungen für illegale Einwanderer bereitstelle. "Wir werden niemals zulassen, dass der Sozialismus die amerikanische Gesundheitsversorgung zerstört!"