Donald Trumps Hotelbusiness Alles nur Fassade

Trump International Hotel & Tower in Las Vegas
Foto: REUTERSWer sich der Wüstenstadt Las Vegas mit dem Auto nähert, kann den monströsen Bau schon aus der Ferne sehen. 64. Stockwerke hoch ist das Hotel in der Nähe des "Strip". Es ist höher als das Bellagio, höher als Caesars's Palace.
Die Glasscheiben der Fassade sind mit 24-karätigem Gold bedeckt. Ganz oben steht in schwarzen Buchstaben der Name des Eigentümers: Trump.
Der Gast wird mit ausgesuchter Höflichkeit begrüßt, sofort ist eine helfende Hand für schweres Gepäck zur Stelle. In der weitläufigen Lobby: Gold, Marmorfußboden, Kronleuchter. Es duftet nach frischen Rosen, Kokosöl. Ein behaglicher Ort. Nach einer langen Fahrt durch die Wüste Nevadas fühlt man sich hier sofort wohl.
Das Trump International in Las Vegas, das Trump gemeinsam mit dem Casino-Mogul Phillip Ruffin gehört, ist eins von 16 Luxushotels, die der US-Milliardär weltweit unter seinem Namen betreibt. Die Hotels sind ein wichtiger Teil von Trumps Immobilienimperium. Sollte Trump die Wahl gewinnen, wäre er der erste Präsident, der nebenbei eine Hotelkette besitzt.
Da drängen sich natürlich einige Fragen auf: Was passiert eigentlich in einem Trump-Hotel? Und: Wie ist Trump so als Chef?

Kurzer Check-in, der Mann am Empfang ist sehr freundlich. "Ah, Germany. Ist das Ihr erster Besuch?" Ja. Es gibt ein Upgrade, eine Junior-Suite.
Im Zimmer, das braune Sofa wirkt etwas abgenutzt. Sonst alles tadellos. Amerikanische Fünf-Sterne-Behaglichkeit. Das Doppelbett wäre auch für vier Personen geeignet. Die Klimaanlage steht auf der Einstellung: Gefrierschrank.
Trump ist im Zimmer überall. Er verfolgt den Gast bis unter die Dusche. Es gibt Trump-Shampoo und Trump-Seife. Auf dem Nachttisch Trump-Notizzettel und ein Trump-Stift. Er funktioniert nicht.
Das Badezimmer ist riesig. Man kann in der Wanne sitzen und auf die Wüste gucken. In den Spiegel ist ein Fernseher eingelassen; es läuft CNN. Und auch da: Trump. Was sonst?
Zurück in die Lobby. Direkt neben den Fahrstühlen liegt der Trump-Shop. Den gibt es in all seinen Hotels. Hier in Las Vegas muss jeder Gast daran vorbei. Der Laden ist gut besucht. Es gibt Trump-Mützen für 30 Dollar, Trump-Wein für 65 Dollar die Flasche, Trump-Schokolade, natürlich alle Trump-Bücher und ein goldenes Trump-Sparschwein. Es ist aus Plastik und kostet 10 Dollar.
Garry, Geschäftsmann aus Chicago, wohnt gerne im Trump-Hotel wenn er in Las Vegas ist. Zwei Mal im Jahr kommt er in die Wüstenstadt und spielt Poker. Es sei das beste Hotel der Stadt, findet Garry.
Er kauft für seine Frau einen weißen Bademantel auf dem in geschwungener Schrift der Name Trump eingewebt ist. Zum Preis von 120 Dollar.
Garry mag Trump, er will ihn wählen. "Ich will, dass er Präsident wird. Er wird Amerika wieder stark machen", sagt Garry.
Celia Vargas, 57, arbeitet für Donald Trump. Sie hat den Chef bislang nur aus der Ferne gesehen. Genauso wie die meisten anderen einfachen Hotelangestellten. Sie sitzt einige Kilometer vom Trump-Hotel-entfernt in einem fensterlosen Raum einer Baracke inmitten eines Gewerbegebiets von Las Vegas. Es ist das Büro der örtlichen Hotelgewerkschaft, der Culinary Union.
"Er grüßt uns nicht", sagt Celia.

Celia stammt aus El Salvador und arbeitet als Zimmermädchen im Trump-Hotel, sie reinigt die Räume im 52. Stock. Zusammen mit gut 500 anderen Servicekräften des Hotels liegt Celia Vargas in einem erbitterten Streit mit Trump und seinen Managern. "Wir wollen Gerechtigkeit von Herrn Trump", sagt sie.
In seinen Wahlkampfreden macht Trump Stimmung gegen lateinamerikanische Einwanderer. "Sie bringen Drogen. Sie bringen Verbrechen", sagte er einmal über Einwanderer aus Mexiko. Und. "Sie sind Vergewaltiger."
In seinem Hotel in Las Vegas nutzt Trump die Einwanderer als günstige Arbeitskräfte. Etliche Mitarbeiter dort stammen wie Celia aus Mittel- oder Südamerika. "Wir werden diskriminiert", sagt sie. "Wir verdienen schlecht."
Seit Monaten kämpfen die Angestellten für einen ordentlichen Tarifvertrag und für eine faire Bezahlung, bislang ohne Erfolg. In 95 Prozent der großen Hotels in Las Vegas gibt es laut der Gewerkschaft Verträge zwischen Management und Mitarbeitern, die eine faire Bezahlung, Jobsicherheit und gute Sozialleistungen regeln. Nur Trump weigert sich hartnäckig, mit den Mitarbeitern einen vergleichbaren Vertrag auszuhandeln.
Die Stundenlöhne für Zimmermädchen in Las Vegas liegen nach Angaben der Gewerkschaft üblicherweise bei mindestens 18 Dollar. Die Mitarbeiter werfen Trump vor, er zahle ihnen drei Dollar pro Stunde weniger als diesen Tarif.
Zugleich streiten die Mitarbeiter für eine bessere Krankenversicherung und höhere Zahlungen des Arbeitgebers an die Rentenkasse. In den großen Hotels in Las Vegas erhalten die Angestellten eine Familienkrankenversicherung durch den Arbeitgeber ohne Zuzahlung. Bei Trump müssten sie Hunderte von Dollar selbst übernehmen, sagt die Gewerkschaft. Celia hatte eine Augenoperation und Brustkrebs. Nun erhalte sie ständig hohe Rechnungen über viele Hunderte Dollar zugesandt. "Ich kann das nie im Leben bezahlen", sagt sie. Eine Zahlung des Arbeitgebers für die Rentenkasse gibt es demnach praktisch nicht.
Alle Versuche, die Regelung mit Hilfe von Schlichtungsstellen der staatlichen Arbeitsbehörden durchzusetzen, sind bislang gescheitert. Immer wieder legte das Trump-Hotel Widerspruch ein. Nun ist der Fall bei der obersten Schiedsstelle für Tarifstreitigkeiten anhängig, dem National Labor Relations Board in Washington.
Im Wahlkampf gibt sich Donald Trump gern als Anwalt der kleinen Leute. "Die Löhne sind zu niedrig, es gibt zu wenig gute Jobs", verkündete Trump unlängst. Bei den Vorwahlen stimmten 14 Millionen Menschen für ihn als Präsidentschaftskandidat. Viele Amerikaner sind bereit, ihm zu glauben. Seine eigenen Angestellten in Las Vegas würden wohl eher nicht für ihn stimmen: "Ich werde Hillary Clinton wählen", sagt Celia.
Auf der Pool-Terrasse des Trump-Hotels zeigt das Thermometer 40 Grad im Schatten. Nur einige wenige Besucher haben sich auf den Sonnenliegen ausgestreckt. Die Gäste des Trump-Hotels bekommen von dem Konflikt zwischen Trump und seinen Angestellten nichts mit. Sie leben in der Wohlfühlwelt eines Fünf-Sterne-Luxus-Hotels.
Zwei Poolboys in weißen Uniformen servieren Zitronenlimonade. Ein junger Mann spielt im Pool mit seiner Freundin. Er trägt eine Trump-Mütze und lässt sich von ihr fotografieren. "Trump ist der Größte", sagt er. "So ein Quatsch", sagt seine Freundin. Beide lachen.
Hinter den Palmen des Trump-Hotels öffnet sich der Blick auf die Casinos. Gegenüber gibt es eine edle Shoppingmall, Louis Vuitton, Tiffany, die üblichen Luxusgeschäfte. Direkt neben dem Trump-Hotel liegt eine riesige Brachfläche. Vor einigen Jahren wollte Trump hier zusammen mit Partnern ein zweites Haus bauen. Doch daraus wurde nichts.
Eigentlich sollte Trump als Präsidentschaftskandidat an einem guten Verhältnis zu den Gewerkschaften ein Interesse haben. Es ist nicht ganz klar, warum seine Firma den Konflikt mit den Mitarbeitern auf die Spitze treibt. Das Hotel in Las Vegas verweist bei Anfragen an die Trump-Zentrale. Dort bleiben Anrufe und schriftliche Fragen zu dem Fall unbeantwortet.
Eine Erklärung für Trumps Sturheit könnte sein, dass er grundsätzlich den Konflikt sucht, wie er in Wahlkampfreden immer wieder betont. Er geht keinem Streit aus dem Weg, will mögliche Gegner gleich einschüchtern. Eine Untersuchung hat unlängst ergeben, dass Trump in den vergangenen 30 Jahren in gut 3500 Rechtsstreitigkeiten verwickelt war.
Ein anderer Grund könnte sein, dass die Trump-Hotel-Geschäfte womöglich nicht so gut laufen, wie er vorgibt. Wer in diesem Gewerbe Geld verdienen will, muss hart kalkulieren. Eine Lohnerhöhung für alle Mitarbeiter kann schnell die Rendite drücken.
Trump lässt sich gern als erfolgreicher Geschäftsmann feiern. Doch eine Offenlegung seiner Steuererklärung verweigert er beharrlich. Es wird vermutet, dass er dies auch deshalb tut, weil er mögliche Finanzprobleme verbergen will.
Eleuteria Blanco, 57, arbeitet seit acht Jahren als Zimmermädchen im Trump-Hotel. Als sie vor einigen Monaten begann, sich in der Gewerkschaft zu engagieren, seien sie und andere Mitarbeiter bedroht worden, sagt Eleuteria. Ihnen sei gesagt worden, wenn sie der Gewerkschaft beiträten, müssten ihre Löhne um drei Dollar gekürzt werden. Plötzlich müsse sie sich zudem von ihren Vorgesetzten unentwegt Beschwerden über ihre Arbeit anhören, sie bekomme zusätzliche Aufgaben aufgedrückt, erzählt sie. Sie habe sich entschieden, trotzdem weiterzukämpfen. "Wir werden gewinnen", sagt sie.
Seit Monaten protestieren Eleuteria und andere Angestellte jeden Morgen vor der Schicht für eine bessere Behandlung durch Trump. Sie ziehen dann im Umkleideraum des Hotels rote Gewerkschaftshemden über und klatschen laut in die Hände. Neulich kam sie von ihrer Schicht zurück, da waren alle roten Hemden verschwunden. "Jemand muss sie weggeschmissen haben", sagt Eleuteria. Sie vermutet, dass das Management dahintersteckt.
"Trump verspricht, dass er Amerika wieder großartig machen will. Er könnte mit uns, seinen eigenen Angestellten, anfangen", sagt Eleuteria.
Wenn es um die Vermarktung seiner Hotels geht, verhält sich Trump recht geschickt. Es gibt Trump-Hotels in Kanada, Brasilien, auf Bali und in Schottland. Hauptmarkt sind die USA. Fast jeden Auftritt während des Wahlkampfs nutzt Trump, um auf seine Hotels aufmerksam zu machen. Er steigt während der Wahlkampfreisen in den eigenen Hotels ab, er hält dort Pressekonferenzen ab und lässt sich vor den Hoteleingängen interviewen. Kostenlose Werbung eben.
Eleuteria hat Feierabend. Sie ist müde. Seit 1979 lebt sie in Amerika, sie stammt aus Mexiko. Sie ist von dort als junge Frau weggegangen, weil sie von einem besseren Leben träumte. Sie hat sich durchgeschlagen und ihr Leben lang hart gearbeitet. Erst in Textilfabriken in Los Angeles, dann in Hotels in Las Vegas. Zwölf Jahre lang war sie im alten Stardust Hotel als Zimmermädchen beschäftigt. Bis es abgerissen wurde. Dann wechselte sie zu Trump.
Sie habe immer gern in Amerika gelebt, sagt Eleuteria. Aber seit Trump auf der politischen Bühne aufgetaucht sei, habe sie Angst. Sie fürchtet sich davor, dass er Präsident wird. "Warum behandelt er uns so schlecht?", fragt sie. "Wir sind doch alle nur Kinder Gottes."
Am nächsten Morgen: Check-out. Der nette Mann am Empfang ist wieder da. Es beginnt ein ganz normaler Tag in Las Vegas. Männer mit dicken Bäuchen und kurzen Hosen rufen sich Taxis, um ins nächste Casino zu fahren. Frauen mit zu hohen Absätzen und zu kurzen Röcken wanken durchs Foyer in Richtung Fahrstuhl. Sie kommen gerade von einer Party zurück.
Der Mann am Empfang präsentiert die Rechnung. 289 Dollar ohne Frühstück kostet die Nacht. Donald Trump wird jetzt wieder ein bisschen reicher.
"Besuchen Sie uns bald wieder", sagt der Mann am Empfang. Danke, muss nicht sein.

Maxim Sergienko/ DER SPIEGEL