Trumps Schlachtplan im US-Wahlkampf Erst die Partei, dann das Land

Donald Trump
Foto: SPENCER PLATT/ AFPFreude? Enthusiasmus? Aufbruchsstimmung? Von wegen. Jetzt, wo alles klar ist, herrscht bei vielen Republikanern Entsetzen. In Interviews, im Internet und Artikeln entlädt sich der Frust darüber, dass Donald Trump, der die Partei lange Zeit mit Füßen trat, nun tatsächlich Präsidentschaftskandidat werden soll.
Strategen wie Mark Salter und Stuart Stevens, enge Vertraute der Ex-Kandidaten John McCain und Mitt Romney, distanzieren sich öffentlich von Trump. "I'm with her", schrieb Salter auf Twitter in Anlehnung an einen Slogan, mit dem normalerweise Fans von Hillary Clinton Stimmung für ihre Kandidatin machen.
Trumps absehbare Nominierung versetzt die Partei in Aufruhr. Viele Republikaner fürchten, dass mit dem Polit-Rabauken an der Spitze im Kampf um das Weiße Haus nichts zu holen sein wird. Der 69-Jährige sieht das natürlich anders. "Wir werden siegen", sagt er und will sich gleich an seine Agenda machen.
"Ich weiß, dass viele sich noch nicht vorstellen können, wie ein Präsident Trump wäre. Aber das wird schon gut werden", so der Milliardär in der "New York Times". Viel Zeit, die Stimmung in seiner Partei zu verbessern und die Kampagne gegen Hillary Clinton zu planen, hat er nicht. Sechs Monate bleiben bis zur Wahl. Das sind die wichtigsten Punkte der Trump-Agenda:

Republikanische Rivalen (November 2015)
Foto: © Darren Hauck / Reuters/ REUTERSOperation Wiedervereinigung
Eine der wichtigsten Fragen ist, wie Trump nun mit seiner Partei umgeht. Die Republikaner sind traumatisiert, die alte Garde fühlt sich gedemütigt. Nach Ted Cruz hat jetzt auch noch John Kasich, der letzte Rivale, aufgegeben. Trump scheint nicht sich in der Bringschuld zu sehen, sondern seine Gegner. "Ich glaube, ich kann viele in der Partei vereinen", sagt er. "Aber einige will ich auch gar nicht."
Trumps Kalkül: Seine Fans wählen ihn nicht, weil er Republikaner, sondern weil er Donald Trump ist. Die Partei spielt aus seiner Sicht keine wichtige Rolle, schon gar nicht jene Teile des Establishments, die bei der Basis so verhasst sind. Der Milliardär scheint darauf zu setzen, dass Zeit die Wunden heilt und den meisten Republikanern gar nichts anderes übrig bleibt, als sich ihm anzuschließen.
Und wenn nicht? Auch egal. Trump ist davon überzeugt, im November so viele Nichtwähler mobilisieren zu können, dass sie die traditionellen Republikaner, die ihm den Rücken kehren, mehr als ausgleichen.

Republikaner John Kasich
Foto: Matt Rourke/ APDie Suche nach dem Vize
Wer wird Trumps Nummer zwei? Ben Carson, der Ex-Chirurg, soll für Trump den Auswahlprozess leiten, ist aber selbst offenbar kein Kandidat. Trump muss sich überlegen, was er will: Seinen Markenkern stärken? Dann entscheidet er sich für einen Vize, der ihm vom Naturell her ähnlich ist.
Wahrscheinlicher ist, dass er jemanden wählt, der das bedient, was er nicht bieten kann: Seriosität, Erfahrung. Dass er noch nie ein öffentliches Amt hatte, ist einer von Trumps großen Schwachpunkten. Gouverneure wie Ohios John Kasich oder Floridas Rick Scott könnten diese Schwäche ausgleichen.
Auch eine regierungserfahrene weibliche Republikanerin, mit deren Hilfe er versuchen könnte, im November die Frauen von sich zu überzeugen, wäre eine Möglichkeit. Susana Martinez zum Beispiel, die Gouverneurin von New Mexico. Mit ihr an der Seite könnte Trump womöglich nicht nur unter Frauen, sondern auch unter Latinos stärker punkten. Das Problem: Viele haben aus Angst um ihre eigene Karriere schon signalisiert, nicht für den Vizeposten unter Trump zur Verfügung zu stehen. Auch Martinez hat sich vor nicht allzu langer Zeit von Trump distanziert.

Demokratin Hillary Clinton
Foto: Andrew Renneisen/ AFPDie Taktik gegen Hillary Clinton
Hillary Clintons größte Schwäche glaubt Trump beim Thema Welthandel entdeckt zu haben: Er will den Handel mit China und anderen Staaten grundsätzlich neu verhandeln. Er verspricht, durch protektionistische Regelungen wie etwa Strafzölle auf Importe, Millionen neue Jobs in Amerika zu schaffen beziehungsweise zu halten.
So sollen US-Firmen wie zum Beispiel Apple gezwungen werden, ihre Handys in Amerika statt in China zu produzieren. Nafta, das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, das noch von Bill Clinton ausgehandelt wurde, habe "Amerika wirtschaftlich zerstört", sagte Trump unmittelbar nach seinem Triumph in Indiana. Im Gegensatz zu ihm wisse "Hillary Clinton nichts darüber, wie man Jobs schafft".
Tatsächlich trifft Trump damit einen Nerv bei vielen Amerikanern: Laut Umfragen sehen gut zwei Drittel der US-Bürger Handelsabkommen wie Nafta kritisch - also auch demokratische Wähler. Hillary Clinton hat den Freihandel bislang im Grundsatz stets verteidigt.

Donald Trump
Foto: JIM BOURG/ REUTERSDie Stil-Frage
Niemand glaubt, dass Trump seinen bullig-aggressiven Stil im Ringen mit Hillary Clinton ändern wird, um künftig "präsidialer" aufzutreten. Der typische "Trump-Stil" hat ihm schließlich bereits die Kandidatur gesichert.
Auch gegen Clinton wird er mit Sicherheit austeilen: Er wird sie als Teil des vermeintlich korrupten Washingtoner Establishments darstellen. Und er könnte zum Beispiel die Sex-Affären ihres Ehemannes Bill Clinton aufwärmen. Die Rüpel-Attitüde könnte für Trump jedoch auch zum Problem werden.
Clinton und ihre Strategen setzten genau da mit ihrer Kampagne an: Sie wollen die Wahl zum Endkampf um das Schicksal der Nation stilisieren, um so alle Anti-Trump-Kräfte bei Demokraten und Republikanern zu mobilisieren und zu vereinen. Amerika, so die Botschaft, werde mit dem unberechenbaren Populisten Trump im Weißen Haus im innen- und außenpolitischen Chaos versinken. Nur Clinton könne dies noch verhindern. "16 Republikaner haben versucht, Trump aufzuhalten. Sie sind gescheitert", lautet Hillary Clintons Schlachtruf. "Jetzt müssen wir es tun."