Kritik an Trumps Kurs nach Charlottesville Das große Buh

Demonstranten am Trump Tower in New York
Foto: AFPRechte US-Medien feierten den Präsidenten. "Potus kehrt mit vernichtender Pressekritik im Trump Tower zurück", titelte die Nachrichtenseite "Breitbart News". Ex-Ku-Klux-Klan-Chef David Duke dankte Donald Trump auf Twitter für seinen "Mut" und die "Wahrheit", "die linken Terroristen zu verurteilen". Das sind nur zwei Beispiele für Reaktionen aus dem rechtsextremen Lager auf die Pressekonferenz, die der US-Präsident am Dienstag in New York gegeben hat.
Trumps Aussagen waren die Fortsetzung seines Zickzackkurses, den er nach den Ausschreitungen von Charlottesville eingeschlagen hat. Dort waren Hunderte Neonazis mit Fackeln und Hakenkreuzfahnen aufmarschiert, eine 32-jährige Frau starb bei einem Angriff. "Beide Seiten haben eine Verantwortung für das, was da passiert ist", sagte der US-Präsident im Trump Tower. Nicht alle seien Nazis oder Rassisten bei dem Aufmarsch gewesen, auf beiden Seiten habe es auch "sehr gute Leute" gegeben. Und: "Haben die Linken keine Schuld?", fragte er. Damit kehrte Trump im Kern zu seinem ersten Statement vom Wochenende zurück.
Im Video: Trump und die Gewalt von links
Für Amerikas radikale Rechte ist das eine Zeit des Triumphs. Für die Gegner Trumps ein weiterer Tiefpunkt seiner Präsidentschaft - und zugleich ist es ein Moment, der sich zu einem Kristallisationspunkt für den Widerstand gegen Trump entwickeln könnte. Der Protest gegen den Mann im Weißen Haus wird derzeit an vielen Stellen im Land wieder sichtbar und lauter.
Kritik von Wirtschaftsbossen
Nach mehreren Unternehmensführern verließ nun auch der Chef des größten Gewerkschaftsdachverbandes AFL-CIO, Richard Trumka, das von Trump gegründete Beratergremium "American Manufacturing Council". "Wir können nicht dem Beirat eines Präsidenten angehören, der Intoleranz und heimischen Terrorismus toleriert", sagte Trumka. Zuvor hatten bereits Merck-Chef Kenneth Frazier und die Chefs von Intel und Under Armour ihren Rückzug erklärt. Inzwischen hat Trump dasBeratungsgremium ebenso aufgelöst wie das Strategieforum (Strategic and Policy Forum).
Insgesamt sind bereits sechs Wirtschaftsfunktionäre aus Protest gegen Trumps Umgang mit den Ausschreitungen in Charlottesville aus solchen Gremien ausgeschieden. Auch Tesla-Chef Elon Musk hat den Beraterkreis verlassen - wegen der Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens.
Mit Blick auf die Ereignisse am Wochenende habe man den Eindruck bekommen, "dass Trump einen wichtigen Wendepunkt verpasst hat, um das Land zu einen", schrieb Walmart-CEO Doug McMillon in einem Brief an seine 1,5 Millionen Mitarbeiter. Auch er ist in Gremien von Trump aktiv, die Firma unterstützte ihn im Wahlkampf - zum Rücktritt kam es noch nicht, ein Warnschuss ist es allemal.
Auf solche Kritik und Nachfragen von Reportern dazu reagierte Trump in seinem Tower genervt: Er bezeichnete die Abtrünnigen als "Witchtigtuer", die sich dem Gremium gar nicht hätten anschließen sollen. Auf jeden von ihnen kämen "viele andere", die ihre Plätze einnehmen könnten.
Scheidepunkt für die Zukunft der republikanischen Partei?
Die Liste der republikanischen Kritiker ist lang: Der erste, der auf die Pressekonferenz reagierte, war der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. "Es muss klar sein: Die White-Supremacist-Bewegung ist abstoßend", twitterte Ryan. Dieser Fanatismus sei gegen alles, wofür dieses Land stehe. "Es darf keine Doppelmoral geben."
We must be clear. White supremacy is repulsive. This bigotry is counter to all this country stands for. There can be no moral ambiguity.
— Paul Ryan (@SpeakerRyan) August 15, 2017
Senator Todd Young aus Indiana ergänzte: "Es ist ganz einfach: Wir müssen die White-Supremacist-Bewegung verurteilen und ausgrenzen, statt sie zu ermutigen und größer zu machen."
This is simple: we must condemn and marginalize white supremacist groups, not encourage and embolden them.
— Senator Todd Young (@SenToddYoung) August 15, 2017
Und auch Marco Rubio, der bisher als Trump-Freund galt, ging den Präsidenten deutlich an: "Herr Präsident, Sie können den White Supremacists nicht erlauben, nur einen Teil der Schuld auf sich zu nehmen", schrieb der Senator aus Florida auf Twitter.
Mr. President,you can't allow #WhiteSupremacists to share only part of blame.They support idea which cost nation & world so much pain 5/6
— Marco Rubio (@marcorubio) August 15, 2017
Gegenwind aus den eigenen Reihen ist für Trump nicht neu. Schließlich versuchen die US-Republikaner mit ihrer Distanzierung Schaden von sich abzuwenden. Doch in diesem Fall fällt das Echo deutlich größer als zuletzt aus.
Einige in der Partei sehen die Gewalt vom Wochenende und Trumps Reaktion darauf geradezu als Scheidepunkt für die Zukunft der Partei und des Landes an. Sie fürchten, dass ihnen eine zu große Nähe zu Trump schaden könnte. Auch wenn das niemand öffentlich sagen würde.

Rechtsextreme Demonstranten in Charlottesville
Foto: REUTERS/ NEWS2SHARE"Ich denke, es geht um Leben und Tod der republikanischen Partei. Das ist keine Übertreibung", sagte Rick Tyler, Sprecher der Vorwahlkampagne von Senator Ted Cruz aus Texas.
Protest auf der Straße
Kurz nach Trumps Wahlsieg demonstrierten Tausende Menschen vor dem Trump Tower in New York, dann wurde es ruhiger. Seit Charlottesville ist wieder mehr los. Plötzlich gibt es für die Protestler wieder ein greifbares Thema, das sie auf die Straße treibt. Mehr als 1000 Trump-Gegner empfingen den Präsidenten am Dienstag an seinem Wohnsitz mit "Buh"-Rufen.
Landesweit sind in den kommenden Tagen mehr als ein Dutzend Protestmärsche angesetzt.

Demonstranten in New York
Foto: Erik Mcgregor / dpaRassismus, Diskriminierung, Übergriffe - diese Themen haben in den USA eine enorme Sprengkraft. Das zeigte sich zuletzt bei Trumps geplantem Einreiseverbot, das für Bürger aus mehrheitlich muslimischen Ländern gelten sollte. Spontan protestierten Zehntausende an Flughäfen und in Großstädten gegen den Erlass.
Ein Präsident, der zu stark mit den ultrarechten Gruppen wie dem Ku-Klux-Klan oder der "Alt Right"-Bewegung sympathisiert, verliert immens an Ansehen. Und schon jetzt sind die Popularitätswerte des Präsidenten tief wie nie: Am Montag lagen die Zustimmungswerte laut dem US-Meinungsforschungsinstituts Gallup bei 34 Prozent.
Noch hält Trumps Partei trotz Charlottesville, trotz Russlandaffäre und anderer Verfehlungen zu ihm - das Land driftet hingegen weiter auf eine Spaltung zu. Dass Trump das noch nicht verstanden hat, zeigte eine Frage einer Reporterin im Trump Tower: "Haben Sie das Land zusammengebracht?", fragte eine Reporterin. Trumps Antwort: "Klar, ich schaffe Millionen von Jobs."
Video: Trumps Rassismus-Rückwärtsrolle