Vorwahlen der US-Republikaner Das Chaos-Szenario rückt näher

Donald Trump
Foto: Sean Rayford/ AFPEr hat sie alle versammelt auf der Bühne, seinen Sohn, seinen Wahlkampfmanager, dazu ein paar enge Freunde. Aber allzu triumphierend will Donald Trump nicht auftreten. "Wir müssen dringend die Partei vereinen", sagt er. Das klingt gut, aber der Milliardär weiß, dass das ein frommer Wunsch ist.
Die Republikaner haben nach diesem Wahlabend nicht mehr Klarheit über den künftigen Präsidentschaftskandidaten, sondern es droht ein beispielloses Chaos.
Es ist wieder ein guter Tag für Donald Trump. Der umstrittene US-Milliardär kann mit klaren Siegen in wichtigen Bundesstaaten wie Florida und Illinois seinen Vorsprung im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur ausbauen. Er gewinnt mit Abstand die meisten Delegiertenstimmen.
Was den Sieg in Florida aus Trumps Sicht besonders schön macht, ist das Ergebnis von Marco Rubio: In seinem Heimatstaat hatte der Senator nicht den Hauch einer Chance, verbittert steigt Rubio aus dem Rennen aus. Er weiß: Es ist nicht nur seine persönliche Schmach, sondern stellvertretend eine für die gesamte Parteiführung. Rubio war bis zuletzt die große Hoffnung des sogenannten Partei-Establishments.
Es ist ein starkes Signal, das Trump setzt. Illinois und Florida zählen zu den bevölkerungsreichsten Staaten der USA. Wie bei seinen Siegen zuvor schafft es Trump, vor allem unter weißen Wählern zu punkten. Mit seinen simplen Botschaften gegen Migranten und eine vermeintlich korrupte Politikerkaste in Washington trifft er die Stimmung bei vielen Anhängern der Republikaner.
Kasich rettet die Anti-Trumps
Selbst die jüngste Debatte über die Prügeleien bei Trump-Veranstaltungen und seine gewaltverherrlichenden Sprüche scheint diese Wähler nicht davon abzuhalten, ihm ihre Stimme zu geben.
Es bleibt nach diesem Triumph gleichwohl aus Trumps Sicht ein Ärgernis: Der Sieg des Gegenkandidaten John Kasich in Ohio. Zu gern hätte Trump auch diesen Winner-take-all-Staat gewonnen - mit einem Schlag hätte er weitere 66 Delegiertenstimmen einfahren können. Das wäre dann wohl der K.o.-Schlag für alle seine Gegner gewesen.
So bleibt weiter offen, ob Trump es beim Vorwahl-Rennen tatsächlich schafft, die notwendige Parteitagsmehrheit von 1237 Stimmen zu erreichen. Ohne diese klare Stimmenmehrheit bleibt Trumps Gegnern die theoretische Möglichkeit, beim Parteitag in Cleveland im Juli in einer Kampfabstimmung einen Gegenkandidaten durchzusetzen. Es würde zu einer "Contested Convention" kommen.
Auf dieses Chaos-Szenario hofft John Kasich, der Sieger von Ohio. Er hat zwar kaum eine Chance, Trumps Vorsprung bei den Delegiertenstimmen einzuholen, aber wenn über mögliche Gegenkandidaten für den Parteitag spekuliert wird, fällt immer häufiger sein Name. Denkbar wäre auch, dass er im Team mit Ted Cruz gegen Trump antritt - quasi als Präsidentschaftskandidat und Vizepräsidentschaftskandidat. Sie könnten ihre Delegierten gewissermaßen zusammenwerfen und so versuchen, Trump zu verhindern.
Der Parteitag dürfte zur Schlacht werden
Kasich dürfte nun auf die anstehenden Vorwahlen hoffen. Sein Vorteil: In vielen Staaten, in denen in den verbleibenden Wochen gewählt wird - New York oder Kalifornien etwa - ist die Wählerschaft eher moderat und damit für ihn vielversprechend. Am Wahlabend erklärte Kasich, er werde bis zum Parteitag kämpfen. Seine Anhänger spielten schon mal Parteitag und zündeten Konfettikanonen. "Ich glaube daran, dass ich der Beste für das Weiße Haus bin", rief Kasich euphorisch.
Kasich, 63, gilt als moderater, mitfühlender Konservativer, der anders als zum Beispiel Trump-Rivale Ted Cruz, viel Unterstützung vom republikanischen Partei-Establishment erhält. Der einstige Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, der Trump unlängst als "Betrüger" und "gefährlichen Lügner" beschimpfte, zählt ebenso zu den Kasich-Freunden wie der Bush-Clan und etliche Kongressmitglieder.
Tatsächlich wäre Kasich ein Präsidentschaftskandidat, der wohl auch Hillary Clinton in der Hauptwahl im November gefährlich werden könnte. Wie sie ist er kein Spalter, sondern eher ein Politiker der Mitte. Im Wahlkampf hat er sich als Stimme der Vernunft profiliert. Wo Trump, Cruz, Rubio und Co. mit populistischen Sprüchen Aufmerksamkeit suchten, brachte Kasich seine langjährige Politikerfahrung als Kongressmitglied in Washington ein oder seine Erfolge als Gouverneur in Ohio.
Kasich mag die letzte Hoffnung der Trump-Gegner sein - aber für die Partei wäre eine Kampfabstimmung beim Parteitag trotzdem das denkbar schlechteste Szenario. Denn: Wer wählt schon gern Politiker einer Partei, die sich drei Monate vor der Präsidentschaftswahl vor den Augen der ganzen Nation bekriegen?
Hillary Clinton wird sich freuen.