Amtsenthebungsverfahren
Wie Trump als Präsident abgesetzt werden könnte
Nach der Erstürmung des Kapitols wird in den USA über eine vorzeitige Amtsenthebung von Donald Trump diskutiert. Doch das juristische Prozedere dafür ist kompliziert. Es gibt zwei Möglichkeiten.
Für die Abgeordnete Ilhan Omar von den US-Demokraten steht nach den Krawallen in Washington fest, dass Donald Trump das Weiße Haus vorzeitig räumen muss: »Wir können nicht zulassen, dass er im Amt bleibt«, schrieb sie auf Twitter. »Es geht darum, unsere Republik zu bewahren, und wir müssen unseren Eid erfüllen.«
Demokraten im Repräsentantenhaus forderten in einem Brief an Vizepräsident Mike Pence ebenfalls die vorzeitige Entmachtung Trumps durch die eigene Regierung. Der abgewählte Präsident habe zum Aufruhr angestachelt und »unsere Demokratie zu untergraben versucht«, schrieben die demokratischen Mitglieder des Justizausschusses. Trump sei »mental nicht gesund« und unfähig, das Wahlergebnis »zu verarbeiten und zu akzeptieren«.
Auch hochrangige Mitglieder der scheidenden US-Regierung sollen laut übereinstimmenden Medienberichten über eine mögliche Absetzung von Trump durch sein eigenes Kabinett beraten haben. Nach Informationen der US-Sender CNN, CBS und ABC sollen sich diese Überlegungen auf einen Zusatzartikel zur US-Verfassung gestützt haben, der die Entmachtung des Präsidenten durch das Kabinett grundsätzlich erlaubt:
Das »25th Amendment«
Diese Möglichkeit wurde 1967 in der Folge der Ermordung von Präsident John F. Kennedy geschaffen. Sie existiert also eigentlich für Situationen, in denen der US-Präsident etwa aus Krankheitsgründen sein Amt nicht mehr ausüben kann. Dies müssen der Vizepräsident und die Mehrheit des Kabinetts formell bezeugen.
Genaue Kriterien für diese »Unfähigkeit« sind nicht definiert, gemeint sind generell physische oder mentale Beeinträchtigungen. Der Sender CNN zitierte anonyme republikanische Führungspolitiker mit den Worten, Trump sei »außer Kontrolle«.
Die Prozedur ist außerdem kompliziert – käme sie tatsächlich ins Rollen, könnte sie noch gar nicht abgeschlossen sein, bevor Trumps Amtszeit am 20. Januar ohnehin endet. Denn ein bloßer Kabinettsbeschluss reicht für die dauerhafte Absetzung des Präsidenten nicht aus. Zwar wird er sofort des Amtes enthoben, wenn Vizepräsident und Kabinett eine entsprechende Erklärung im Kongress einreichen. Der Präsident kann sich dann jedoch mit einer Gegenerklärung seine Befähigung selbst attestieren, womit er sofort wieder im Amt wäre. Und dass Trumps Vertreter Pence sich dem Verfahren anschließt, gilt als unwahrscheinlich.
Im nächsten Schritt müssten Vizepräsident und Kabinett abermals die Amtsunfähigkeit des Präsidenten erklären, was zu dessen erneuter vorläufiger Amtsenthebung führen würde. Innerhalb von 21 Tagen müsste dann der Kongress über eine mögliche endgültige Absetzung abstimmen. Dafür wären dann Zweidrittelmehrheiten erforderlich.
Impeachment
Eine zweite Möglichkeit ist das Impeachment. Trump musste sich einem solchen Amtsenthebungsverfahren bereits im Dezember 2019 stellen, als die Demokraten im Repräsentantenhaus ihn formell des Machtmissbrauchs und der Behinderung ihrer Ermittlungen in der Ukraineaffäre anklagten. Allerdings verhinderten die Republikaner mit ihrer Mehrheit im Senat im Februar 2020 die Amtsenthebung. Tatsächlich könnte erneut ein »Impeachment« eingeleitet werden, da nur eine einfache Mehrheit der 435 Stimmen im Repräsentantenhaus notwendig ist. Im Senat müssten dann zwei Drittel der Abgeordneten für die eigentliche Verurteilung stimmen.
Dem Verfassungsexperten Frank Bowman von der University of Missouri zufolge könnte Trump nun der Versuch vorgeworfen werden, die Regierung zu stürzen. Auch eine allgemeinere Anklage wie fehlende Verfassungstreue oder Bruch des Amtseids sei denkbar. Theoretisch könnte das ganze Verfahren dabei innerhalb eines Tages abgeschlossen werden: »Sie könnten bis morgen Mittag eine Anklage gegen ihn beschließen und dann damit durch die Rotunde des Kapitols zum Senat laufen und festlegen, dass das Verfahren morgen Nachmittag beginnt«, sagte Bowman der Nachrichtenagentur Reuters.