Trump und das FBI Gefahr aus der zweiten Reihe

Donald Trump im Oval Office (Archivbild)
Foto: Andrew Harnik/ APPolitiker, die schon einmal eine echte Krise durchlebt haben, wissen: Erst nachdenken, dann reden - das ist in solchen Zeiten das beste Motto. Bei Donald Trump ist die Selbstdisziplin noch nie besonders ausgeprägt gewesen, und auch in der Debatte über die Entlassung des FBI-Chef James Comey langt er ordentlich zu. "Er ist ein Blender, ein Angeber", sagt Trump.
Das Problem ist, dass derlei Sätze seine Lage nicht wirklich verbessern. In der Bundespolizei verstärken Trumps Attacken das Befremden über den Präsidenten, und auch ansonsten scheint ihm die Diskussion über Comeys Rausschmiss zu entgleiten. Zur Frage, wie es zu der Entscheidung kam, hat das Weiße Haus inzwischen die unterschiedlichsten Antworten gegeben:
- Anfänglich hatte Trump die Entlassung mit Comeys angeblichen Fehlern in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton begründet.
- Am Donnerstag nun deutete der Präsident in einem NBC-Interview an, dass er bei dem Rauswurf offenbar doch an die Russland-Ermittlungen des FBI gegen seine Regierung dachte. "Als ich mich dazu entschieden habe, habe ich zu mir gesagt: Weißt du, diese Russland-Geschichte zwischen Trump und Russland ist erfunden. Es ist eine erfundene Geschichte, mit der sie ihre Niederlage bei der Wahl begründen."
- Eine Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders, erklärte obendrein, man wolle die Russland-Ermittlungen zu einem Ende bringen. "Durch die Entlassung von Direktor Comey haben wir Schritte unternommen, dass dies passiert".
Wie gefährlich die Debatte für Trump wird, hängt nicht nur von ihm selbst ab. In die Causa James Comey sind viele Figuren verstrickt, die ihre eigenen Interessen haben und - je nach Stimmung - die Lage für den Präsidenten verschlechtern können. So setzte sich der Interimschef des FBI vor den Senat und ließ den Präsidenten schlecht aussehen. Und viele Republikaner schweigen einfach, was über das Vertrauen der Partei in Trump auch etwas aussagt. Weil die Diskussion inzwischen die Frage nach der Stabilität des amerikanischen Rechtsstaats erreicht hat, könnten manche Beteiligte geneigt sein, ihren Ruf zu retten, statt dem Präsidenten zu helfen. Das macht die Sache für Trump so heikel.

Rod Rosenstein
Im Kern der Debatte steht der Vizejustizminister Rod Rosenstein. Trump traf sich am Montag mit dem Beamten im Oval Office und gab ihm den Auftrag, eine schriftliche Bewertung über Comey zu erarbeiten. Mithilfe dieser Bewertung - einer Vernichtung von Comeys Verhalten in Hillary Clintons E-Mail-Affäre - begründete Trump am Dienstag die Entlassung des FBI-Chefs. Sehr zu seinem Ärger gilt Rosenstein nun als jener Beamte, der Comey über die Klinge hat springen lassen.
Rosenstein, seit 27 Jahren im Justizministerium, versucht hinter den Kulissen, seine Version der Geschichte zu platzieren. Ohne Frage war er in einem besonderen Dilemma: Hätte er sich dem Wunsch des Präsidenten widersetzt, wäre ihm wohl nur der Rücktritt geblieben. Indem er das Memo schrieb, riskierte er, von Trump als Feigenblatt benutzt zu werden. Eine Schlüsselfigur ist Rosenstein zudem, weil er auch für die Ermittlungen zu Kontakten von Trumps Umfeld nach Moskau zuständig ist. Um seinen Ruf zu retten, könnte er für die Russland-Affäre einen Sonderermittler einsetzen. Das Problem: Die Affäre würde damit kaum kleiner.

Richard Burr
Der Senator aus North Carolina ist einer von zwei Chefs des Geheimdienstausschusses. In der aktuellen Situation ist für Trump kaum jemand wichtiger als er. Der Ausschuss stellt seit Monaten eigene Untersuchungen von Trumps möglichen Wahlkampfabsprachen mit Russland an, und es liegt ganz entscheidend am 61-Jährigen, wie ernst das Gremium die Causa behandelt.
Bislang bremsten die Republikaner eher. Die Comey-Entlassung aber kritisierte Burr deutlich, was in Washington als Fingerzeig gesehen wurde, dass in der Partei die Bereitschaft schwindet, stets Trumps Ausputzer zu spielen. Auch wurde bekannt, dass der Ausschuss Ex-Sicherheitsberater Mike Flynn dazu zwang, einschlägige Dokumente und E-Mails vorzulegen. Burr kann die Prüfungen jederzeit eskalieren. Zu verlieren hat er nichts. Für Dienstag hat er schon einen interessanten Mann zur Aussage eingeladen - Comey.

Donald McGahn
Der Chefjurist des Weißen Hauses ist praktisch in alle sensiblen Angelegenheiten eingeweiht. Auch in der Comey-Entlassung spielte er eine wichtige Rolle, indem er für Trump den rechtlichen Rahmen erarbeitete. Die Frage, wie genau die Absetzung zustande kam und ob Trump dem Justizministerium vorschrieb, zu seiner Absicherung eine schriftliche Begründung zu liefern, kann niemand besser beantworten als der 48-Jährige. Gut möglich, dass McGahn bald dazu vor dem Geheimdienstausschuss aussagen muss.
Für die Prüfer im Senat ist er auch aus anderem Grund interessant: McGahn war derjenige, dem die damalige Justizministerium Sally Yates Ende Januar ihre Warnung übermittelte, der nationale Sicherheitsberater Michael Flynn könne von Russland erpressbar sein. Eine der großen offenen Fragen in der Russland-Affäre ist, warum Trump sich trotz der Warnung erst nach 18 Tagen von Flynn trennte. Scheute er eine Entlassung, weil er fürchtete, Flynn könne auspacken? Übermittelte ihm McGahn nur lückenhaft die Warnungen von Justizministerin Yates? Auch bei diesem Thema wird der Chefjurist im Senat wohl bald Auskunft geben müssen.

Sarah Huckabee Sanders
Die Tochter von Mike Huckabee, einem von Trumps Rivalen im Vorwahlkampf, ist zu einer zentralen Vertrauten des Präsidenten aufgestiegen. In Trumps bislang größter Krise hat sie anstelle von Chefsprecher Sean Spicer die Kommunikationsarbeit übernommen. Das ist angesichts von Trumps Unberechenbarkeit keine beneidenswerte Aufgabe. Der Milliardär informierte sein engstes Umfeld etwa erst unmittelbar vor der Entlassung Comeys von seiner Entscheidung und sorgte so dafür, dass das Weiße Haus zunächst völlig orientierungslos wirkte.
Huckabee machte seither gleich mehrere Fehler. Dass sie die Absetzung des FBI-Chefs in den Zusammenhang der Russland-Affäre stellte, widerspricht der offiziellen Sprachregelung, sie mit Comeys Agieren in der E-Mail-Affäre zu begründen. Zudem erklärte die Sprecherin, der Präsident habe nur aufgrund der Empfehlung des Justizministeriums gehandelt - Trump betont inzwischen, die Entscheidung gegen Comey ganz autonom getroffen zu haben. Weil der Präsident bekanntlich gerne seine eigene Pressearbeit macht, trifft Huckabee wohl wenig Schuld an den Missverständnissen. Dennoch passt ihr Auftreten ins aktuelle Bild. Mit jedem Beleg dafür, dass im Weißen Haus die Abstimmung fehlt, wird die Krise ein Stückchen größer.