

Angriff in Syrien Trumps PR-Raketen

Fast sechs Jahre lang haben die USA unter der Führung von Barack Obama hilflos dabei zugesehen, wie Syriens Machthaber Baschar al-Assad mit dem Segen von Moskau und Teheran die eigene Bevölkerung abschlachten ließ. Sechs Jahre lang wurde versucht, das Assad-Problem auf diplomatische Weise zu lösen. Es hat alles nichts gebracht, weil Wladimir Putin seinen wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten nicht fallen lassen wollte.
Nun kehrt US-Präsident Donald Trump zur herkömmlichen amerikanischen Politik zurück: Statt auf Worte setzt er auf Bomben, in diesem Fall Marschflugkörper - und bestraft Assad für einen mutmaßlich von ihm verantworteten Giftgasangriff. Ronald Reagan und George W. Bush lassen grüßen.
Die neue Härte der Amerikaner folgt der Überlegung, dass Assad, die Russen und die Iraner womöglich nur zu Zugeständnissen zu bewegen sind, wenn der Westen ihnen zeigt, dass er nicht "schwach" ist, sondern ebenso brutal zuschlagen kann wie sie - und zu einer Eskalation des Syrienkonflikts bereit ist.
Nach Lage der Dinge könnte man sagen: Da die "nette Tour" bislang nichts gebracht hat, kann dieses Vorgehen durchaus einen Versuch wert sein. Das denken sich offenbar auch Angela Merkel und François Hollande, weshalb sie den Luftschlag akzeptieren.
Wenn es gut läuft, lassen sich Assad, Russen und Iraner von Trump beeindrucken und werden zu einer Verhandlungslösung gebracht, an deren Ende der Abgang Assads steht. Dabei kann helfen, dass Putin sich von Trump eigentlich eine Verbesserung der Beziehungen erhofft, auch um die schmerzhaften Sanktionen gegen sein Land endlich beenden zu können. Der mäßigende Einfluss der Europäer, allen voran der Kanzlerin, könnte dabei helfen, die Dinge in diesem Sinne zu beeinflussen.
Wenn es dagegen schlecht läuft, werden Assad, Putin und die Iraner auf stur schalten. Sie wollen sicherlich nicht als Schwächlinge dastehen, die sich von Trump demütigen lassen. Gut möglich ist deshalb auch, dass sie die Dinge laufen lassen. Sie könnten austesten, wie weit Trump wirklich gehen würde - zum Beispiel, indem sie Assad neue Waffen liefern oder die Zahl ihrer "Militärberater" aufstocken.
Putin hat nach wie vor ein gutes Blatt auf der Hand. Er hat genug Mittel, um Trump und den Westen zu quälen. Er könnte den eingefrorenen Konflikt in der Ukraine wieder anheizen und damit ein neues Spielfeld aufmachen. Die Iraner wiederum wären wohl problemlos in der Lage, mit gezielten Provokationen den Dauerstreit mit den Saudis eskalieren zu lassen. Trump sähe sich plötzlich mit lauter neuen Konfliktfeldern konfrontiert, auf die er reagieren müsste.
Trumps Wunsch, populär zu sein
Es muss nicht so kommen. So oder so wäre man aber beruhigter, wenn im Weißen Haus ein anderer US-Präsident sitzen würde. Leider regiert da aber Donald Trump, und der hat bislang nicht erkennen lassen, dass er in der Lage ist, eine intelligente, rationale und vor allem stringente Strategie zu entwickeln. Nach aller Erfahrung folgt er nur begrenzt einem kühlen Kalkül, bei ihm geht es vor allem um Stimmungslagen, um sein "Bauchgefühl" und um den Wunsch, populär zu sein.
Der Zickzackkurs in Syrien ist dafür das beste Beispiel, noch vor wenigen Tagen sprach die US-Regierung Assad quasi eine Überlebensgarantie aus. Trump erweckte den Eindruck, als spielten Ethik und Menschenrechte für ihn kaum eine Rolle. Nun will er sich plötzlich als Kämpfer für das Gute inszenieren und so womöglich von seinem Versagen in der Innenpolitik ablenken. Ganz nebenbei tritt er so auch dem Eindruck entgegen, allzu eng mit den Russen verbandelt zu sein. Mag sein, dass seine Beliebtheitswerte so vorübergehend steigen. Das Vertrauen in seine Kompetenz, eine solche Krise erfolgreich zu managen, wächst damit aber noch lange nicht.
Die amerikanische Außenpolitik wirkt bei Trump nur wie ein Spiel, leider ist sie aber todernst - für uns alle.
Im Video: US-Luftschläge gegen Flughafen in Assad