Trump trifft Kim Was die Vereinbarung von Singapur bedeutet

Die Erklärung von Singapur
Foto: SAUL LOEB/ AFP
Drei Stichworte, an denen nichts vorbeiführen sollte: vollständig, verifizierbar, unumkehrbar. So solle Nordkorea seine nukleare Abrüstung angehen, hatte US-Außenminister Mike Pompeo vor dem Gipfel von Singapur gefordert - und den Verhandlungsführer, US-Präsident Donald Trump, unter Zugzwang gesetzt. Der hatte das Treffen schon im Vorfeld zu einem Erfolg erklärt - und musste nun liefern.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei ihm das gelungen: Nach mehreren Gesprächen unterschrieben Trump und Diktator Kim Jong Un tatsächlich ein gemeinsames Papier. Demnach erklärt Kim sein "festes und unerschütterliches Bekenntnis" zu einer umfassenden atomaren Abrüstung.
Die Erklärung von Singapur
Foto: SAUL LOEB/ AFPDas hatte er allerdings auch schon bei seinem ersten Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In im April beteuert. Was genau hat jetzt der Gipfel mit Trump gebracht?
In der Gipfelerklärung finden sich vier wesentliche Punkte:
Klar ist demnach immer noch nicht, inwiefern sich Kim auf die Bedingungen einer vollständigen, verifizierbaren und unwiderruflichen Abrüstung eingelassen hat. Er hatte sich bislang für eine "phasenweise und synchrone" Abrüstung auf beiden Seiten eingesetzt. Genauso wie Kim soll also auch Trump spürbare Zugeständnisse machen und seine Truppen teilweise oder sogar vollständig aus Südkorea abziehen.
Allerdings fehlt in dem Dokument jede zeitliche Festlegung. Trump sagte am Rande der Unterzeichnung der Vereinbarung lediglich, die Denuklearisierung werde "sehr, sehr bald" beginnen. An einer anderen Stelle des Textes heißt es, Kim werde im Sinne der gemeinsam mit Südkorea erreichten Erklärung von Panmunjeom auf die atomare Abrüstung "hinarbeiten".
Hat sich Kim - und danach sieht es aus - jetzt in Singapur keine wesentlichen Details entlocken lassen, kann Trump das schwerlich als Erfolg verbuchen. Damit wäre er nicht weiter gekommen als Südkoreas Präsident Moon vor knapp zwei Monaten schon. Und noch immer fehlt offenbar ein konkreter Fahrplan.
Zumindest in einer Forderung ist Trump allerdings Kim entgegengekommen: Er will Nordkorea dem Gipfelpapier zufolge Sicherheitsgarantien geben. Damit muss die Diktatur auch ohne Atomwaffen nicht um ihre Macht fürchten. Auch hier fehlen bisher konkrete Angaben, wie diese Garantien aussehen könnten.
Punktsieg für Kim - die Fotos vom Gipfel sind für ihn ein Erfolg
Neu ist die Idee indes nicht. Schon 2006 am Rande der Sechs-Parteien-Gespräche stellten die USA der nordkoreanischen Führung Sicherheitsgarantien in Aussicht. So wollte Washington zusichern, das Land nicht anzugreifen, sobald Pjöngjang sein Atomprogramm einfriert und Inspektionen zulässt. Auch bei Atomverhandlungen mit Nordkorea 1993 kamen ähnliche Abmachungen zustande - zu einer echten, anhaltenden Denuklearisierung führten sie bekanntermaßen nicht.
Festzuhalten ist also: Zumindest Kim hat in den Verhandlungen tatsächlich etwas Neues für sich herausgeschlagen. Darüber hinaus bedeuten für ihn allein schon die Fotos aus Singapur einen enormen Imagegewinn. Vom isolierten Diktator an den Verhandlungstisch mit dem US-Präsidenten, unter Beobachtung der Weltpresse - diesen Erfolg kann ihm keiner mehr nehmen.
Und die konkreten Forderungen von Pompeo, Stichwörter: vollständig, verifizierbar, unumkehrbar? Auf die Frage, wie sichergestellt werden soll, dass Kim tatsächlich Schritte der Denuklearisierung unternimmt, sagte Trump bei seiner Pressekonferenz lediglich: "Wir werden sehr viele Leute dorthin schicken." Diese undefinierte Gruppe werden sowohl aus US-Amerikanern als auch internationalen Abgesandten bestehen.
Der US-Außenminister soll baldmöglichst mit einem hochrangigen nordkoreanischen Vertreter zusammenkommen, um mit der Umsetzung der Gipfelergebnisse zu beginnen.
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Donald Trump und Kim Jong Un im Hotel Capella in Singapur - Ort ihrer historischen Zusammenkunft.
So sieht es aus: Den Angaben zufolge ist Trump bereit, dem isolierten Staat Sicherheitsgarantien zu gewähren. Im Gegenzug verpflichtet sich Pjöngjang zur vollständigen Entnuklearisierung.
Zuvor standen sie sich zum ersten Mal in der Weltöffentlichkeit direkt gegenüber: Der nordkoreanische Diktator und der US-Präsident reichten sich in Singapur die Hände.
Anschließend posierten sie noch nebeneinander für die Fotografen. Am Dienstag trafen sie sich in dem südostasiatischen Stadtstaat, um über eine Denuklearisierung Nordkoreas zu verhandeln.
Ein besonders bemerkenswertes Bild - vor allem im Vergleich zu Fotos, die es von Trump zuletzt gemeinsam mit Regierungschefs westlicher Partnerländer gab. Dort war von derartiger Harmonie - und sei sie auch nur gestellt - wenig zu sehen gewesen.
Nach der Unterzeichnung: "Ein ehrenwerter Verhandler. Sehr ehrenwerter, sehr smarter Verhandler" - derart überschwänglich äußerte sich Trump in Singapur über seinen Verhandlungsführer.
Erste Balkonbilder: Für beide war das Treffen auch eine Gelegenheit, sich als große Staatsmänner zu präsentieren. Kim hatte schon lange auf ein Treffen mit einem US-Präsidenten gehofft. Trump erfüllte ihm den Wunsch nun.
Im Capella Hotel auf der Insel Sentosa zogen sich beide zu Gesprächen zurück. Trump hatte das Treffen schon im Vorfeld zu einem Erfolg erklärt. Er braucht diesen, nicht zuletzt weil im Spätherbst Wahlen (midterm elections) in den USA anstehen.
Trump verlangt von Kim einen unumkehrbaren und verifizierbaren Abbau seiner Nuklearwaffen. Erst dann sollen die Wirtschaftssanktionen gegen das Land gelockert werden. Kim verlangt dafür Sicherheitsgarantien von den USA.
Kolonne auf Sentosa: US-Präsident Trump reiste extra früher vom Treffen der G7 in Kanada ab, um schon Tage vor dem Treffen mit Kim in Singapur anzukommen.
Nicht nur dort war das Gespräch zwischen Trump und Kim mit Spannung erwartet worden. Dabei soll es auch um einen Friedensvertrag zwischen Süd- und Nordkorea gehen, die sich nach dem Kriegsende 1953 lediglich auf ein Waffenstillstandsabkommen verständigt hatten.
Kim hatte sich im Zuge der Annäherung an Südkorea, die gerade seit einem halben Jahr andauert, aus der internationalen Isolation befreit und mit vielen anderen Regierungen in der Zwischenzeit bereits verhandelt, unter anderem Russland und China.
Der Gipfel ist weltweit das Thema an diesem Dienstag: Allein in Singapur haben sich mehr als 3000 Journalisten akkreditiert. Sie beobachten das Geschehen im Pressezentrum.
Für die Journalisten vor Ort gibt es ein Souvenir in Form von Wasserflaschen mit den Konterfeis der Protagonisten. Trump, Kim und Vertreter beider Delegationen zogen sich unterdessen zum Arbeitsessen zurück.
Spaziergang nach dem Mittagessen: "Es ist besser gelaufen, als irgendjemand hätte erwarten können, Spitzenklasse!", sagte der US-Präsident nach dem Arbeitsessen und kündigte an, dass er und Kim ein gemeinsames Dokument unterzeichnen würden.
Allerdings ging es nach dem Arbeitsessen nicht direkt zur Unterzeichnung. Stattdessen zeigte Trump dem nordkoreanischen Machthaber seine gewaltige Cadillac-Limousine, die als "The Beast" (Das Biest) bezeichnet wird.
Dann war es soweit: Nach ein paar warmen Worten unterschreiben Kim und Trump ein Dokument. "Ich bin sehr stolz auf das, was heute hier passiert ist", sagt der US-Präsident.
CNN berichtet unter Berufung auf US-Kreise, dass die Vereinbarung die bei dem Gespräch erzielten Fortschritte festhalten soll. Zudem werde man sich verpflichten, den Schwung beizubehalten, die Verhandlungen und Gespräche also fortzusetzen.
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