US-Regierung Was hinter dem Abgang von John Bolton steckt
In Washington haben sie schon fast aufgehört zu zählen. Wie viele Minister, Berater, persönliche Referenten hat US-Präsident Donald Trump in seiner Amtszeit jetzt gefeuert oder verloren?
Es ist eine halbe Armee, und nun hat Trump schon wieder einen Sicherheitsberater verschlissen, es ist der Dritte. John Bolton ist raus.
Erneut zeigt sich, Kontinuität, verlässliche Regierungsführung, all dies sind Fremdwörter in einem Weißen Haus, in dem die Unberechenbarkeit Programm ist. Typisch auch, dass es jetzt wieder einmal unterschiedliche Versionen über die Umstände von Boltons Demission gibt.

Prominente Abgänge der Trump-Regierung: Und raus bist du
Trump verkündete via Twitter, er habe mit Bolton in vielen Punkten keine Übereinstimmung gefunden. Er habe ihn daher am Montag "um den Rücktritt gebeten", seine Dienste seien im Weißen Haus nicht länger "notwendig". Daraufhin habe Bolton dann abgedankt.
I informed John Bolton last night that his services are no longer needed at the White House. I disagreed strongly with many of his suggestions, as did others in the Administration, and therefore....
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) September 10, 2019
Bolton dagegen erklärte, er habe Trump am Montag seinen Rücktritt von selbst angeboten und der Präsident habe daraufhin geantwortet: "Lass uns darüber morgen reden." Er habe dann eine Nacht darüber geschlafen und am Dienstagmorgen sein Rücktrittsschreiben übersandt.
I offered to resign last night and President Trump said, "Let's talk about it tomorrow."
— John Bolton (@AmbJohnBolton) September 10, 2019
Heftiger Streit über Afghanistan
Wie auch immer: Offenbar waren die beiden kurz zuvor bei einer Besprechung heftig aneinandergeraten. Nach US-Medienberichten soll es bei dem Streit um Trumps Plan gegangen sein, am vergangenen Wochenende Friedensgespräche mit den Taliban auf dem Landsitz des Präsidenten abzuhalten, Camp David. Also ausgerechnet wenige Tage vor dem 11. September, dem Jahrestag des Angriffs auf das World Trade Center.
Der Gipfel wurde von Trump zwar wieder abgesagt. Aber danach fanden sich in der US-Presse auffällig viele Hinweise, dass Bolton Trump dringend von dem Treffen abgeraten habe, weil er die ganze Sache von Anfang an für eine Schnapsidee gehalten habe.
Die Berichte waren zusätzlich mit vielen bunten Details versehen. Das kann Trump, der kaum etwas mehr hasst, als Durchstechereien aus seinem engsten Zirkel, kaum gefallen haben. Vermutlich hatte er hier den eigenen Sicherheitsberater oder dessen Entourage als Informanten unter Verdacht.
Im Video: Und plötzlich war John Bolton weg
So endet nach nicht einmal zwei Jahren eine merkwürdige Allianz, auf der von Beginn an kein Segen lag. Trump und Bolton, das passte einfach nicht zusammen.
Der Präsident, der versprochen hatte, das militärische Engagement der USA weltweit massiv zurückzufahren und Probleme mit anderen Staaten durch geniale "Deals" zu lösen, erschien in vielen außenpolitischen Fragen wie der genaue Gegenentwurf zu Bolton.
Es passte einfach nichts zusammen
Der Mann mit dem auffälligen Schnauzer ist ein "Falke" durch und durch. Sein Glaube an die Bereitschaft von Staaten wie Russland, Iran oder Nordkorea, mit den USA nette "Deals" zu machen, ist begrenzt. Ebenso wenig traut er den Taliban über den Weg. Grundsätzlich hält er den harten Einsatz militärischer Macht und die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder für die besseren Mittel, um die Interessen der USA weltweit durchzusetzen.
Zunächst soll Trump den augenscheinlichen Widerspruch noch amüsant gefunden haben. Wenn es allein nach Bolton ginge, hätten die USA wohl schon vier Kriege angefangen, soll Trump gewitzelt haben. Doch die unterschiedlichen Ansichten wurden über die Zeit immer augenfälliger und problematischer. Bolton, der eigentlich der wichtigste Berater des Präsidenten in allen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sein sollte, war die meiste Zeit mit seinem Boss über Kreuz:
- Während Trump in den vergangenen Monaten trotz immer neuer Raketentests weiter auf einen "Deal" mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un setzte, verschärfte Bolton regelmäßig die Rhetorik in Sachen Nordkorea. Den gemeinsamen Grenzbesuch von Trump und Kim im Frühsommer hielt er für einen Fehler, demonstrativ blieb er ihm fern.
- Ähnlich stark waren die Meinungsverschiedenheiten wohl in Sachen Iran: Nach dem Abschuss einer amerikanischen Drohne und den Angriffen auf Öltanker im Persischen Golf soll Bolton für einen Vergeltungsschlag gegen Iran eingetreten sein. Doch Trump blies die Operation in letzter Minute ab. Auch stellte sich Trump immer wieder gegen Boltons Idee, auf einen Regimewechsel in Iran hinzuarbeiten.
- Ärger gab es zusätzlich um Venezuela: Bolton soll Trump versprochen haben, mit der massiven Unterstützung für die dortige Opposition das Regime innerhalb kürzester Zeit absetzen zu können. Doch der Plan ist bis heute nicht aufgegangen.
Wie geht es nach dem Abgang des Hardliners Bolton nun weiter? Schon in der kommenden Woche will Trump einen neuen Sicherheitsberater vorstellen. Im Gespräch sind Diplomaten aus der zweiten und dritten Reihe. Fest steht: Der Abgang von Bolton dürfte den Einfluss von Außenminister Mike Pompeo stärken. Er gilt als braver Anhänger des Präsidenten, der seinem Herrn nur selten widerspricht. Mit Bolton lag er in einer Dauerfehde.
Der Präsident dürfte nun erst recht darauf setzen, außenpolitische Probleme mit "Deals" zu lösen, auch wenn er so zumindest bislang noch keine wirklichen Lösungen zustande gebracht hat. Schon gibt es Gerüchte, Trump wolle sich Ende September am Rande der Uno-Sitzungswoche in New York mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani zu Friedensgesprächen treffen.
Allein die Vorstellung ist für John Bolton mit Sicherheit ein Graus.