Abrüstungsvertrag Weltweites Entsetzen über Trumps INF-Pläne

Bolton (l.) mit seinem russischen Kollegen Patruschew
Foto: Russian Security Council/ dpaDie USA wollen die Nato-Partner im Laufe der Woche offiziell über ihre Pläne zur Zukunft des INF-Abrüstungsvertrages informieren. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen soll die Unterrichtung im Rahmen einer Sitzung des Nordatlantikrates erfolgen. Er tagt auf Botschafterebene in der Regel mindestens einmal in der Woche.
US-Präsident Donald Trump hatte am Wochenende überraschend angekündigt, den sogenannten INF-Vertrag einseitig aufkündigen zu wollen. Die Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion aus dem Jahr 1987 verbietet beiden Parteien den Bau und den Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Marschflugkörper und Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte eine Mitsprache aller Nato-Staaten. Bei einem Besuch in Peking nannte sie die Entwicklung "besorgniserregend", auch wenn sie sich schon abgezeichnet habe.
Bereits im Sommer habe es beim Nato-Gipfel "erhebliche Zweifel" an der Vertragstreue der Russen gegeben. "Für uns Europäer ist der INF-Vertrag ein Kernelement unserer Sicherheit und deshalb muss es jetzt auch darum gehen, Wege aufzuzeigen, wie diese Sicherheit erhalten werden kann", sagte die Ministerin vor Journalisten.
Trumps Sicherheitsberater John Bolton sprach am Montag in Moskau mit seinem russischen Kollegen Nikolai Patruschew. Details waren zunächst nicht bekannt. Sie sollen aber in erster Linie über den Rückzug aus dem sogenannten INF-Vertrag diskutiert haben, teilte die US-Botschaft am Montag auf Twitter mit. Der britischen Zeitung "The Guardian" zufolge hat Bolton den US-Präsidenten zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag bewogen. Boltons Besuch in Moskau war schon vor Trumps Ankündigung geplant.
Der Kreml hatte angekündigt, von Bolton ausführliche Erklärungen zu dem Rückzug einzufordern. Wenn Trump seinen Plan in die Tat umsetze, werde dies "die Welt gefährlicher machen", sagte Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow.
Trumps Vorwurf, dass Russland das INF-Abkommen verletze, wies der Sprecher von Präsident Wladimir Putin zurück. Zugleich schloss Peskow ausdrücklich einen atomaren Erstschlag Russlands aus - selbst bei einem drohenden Atomangriff. "Wir werden niemals zuerst jemanden angreifen", sagte er. Russland behalte sich keinesfalls das Recht vor, "als Erster zuzuschlagen" und einen "Präventivschlag" auszuführen.
Bundesregierung kritisiert Trumps Ankündigung
Die Bundesregierung bedauerte die Ankündigung Trumps. Der INF-Vertrag habe "dazu beigetragen, Europa sicherer zu machen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Nun müsse mit allen Nato-Partnern die Entscheidung der USA beraten werden.
Die EU rief beide Seiten zum Erhalt des INF-Abkommens auf. Die EU-Kommission appellierte an die USA und Russland, das INF-Abrüstungsabkommen zu "erhalten". Beide Seiten müssten in einem "konstruktiven Dialog" bleiben, um das Abkommen zu erhalten und für eine "vollständige und nachweisbare" Umsetzung zu sorgen, sagte Kommissionssprecherin Maja Kocijancic in Brüssel. Das INF-Abkommen sei wichtig für die europäische und die weltweite Sicherheit.
Trumps Ankündigungen zum INF zielen auch auf China, das nicht Vertragspartner ist. Als Nicht-Unterzeichner ist Peking nicht an das Abkommen gebunden und kann ohne Einschränkungen Mittelstreckenraketen bauen. Die Pekinger Außenministeriumssprecherin Hua Chunying bezeichnete es als "völlig falsch", im Zusammenhang mit den Ausstiegsankündigungen auf China zu zeigen.
Die betroffenen Parteien sollten es sich "zweimal überlegen" auszusteigen, sagte Hua. "Ein einseitiger Rückzug wird eine Vielzahl negativer Auswirkungen haben."
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron appellierte an Trump, den INF-Vertrag nicht aufzugeben. Der Präsident habe Trump bei einem Telefonat "an die Bedeutung des Vertrags insbesondere für die europäische Sicherheit und unsere strategische Stabilität erinnert", erklärte der Élysée-Palast.