

Sechs Monate vor der US-Wahl ist die To-Do-Liste auf dem Schreibtisch von Donald Trump lang. Die Stimmung in der Partei muss besser werden. Der Parteitag will geplant werden. Und zudem muss der designierte Kandidat darüber nachdenken, wie er sich im Hauptwahlkampf präsentieren will.
Über allem schwebt jedoch die Frage nach der Nummer zwei: Wer wird Trumps Vizepräsidentschaftskandidat?
Es ist schon richtig: Die Bedeutung von "running mates" wird in den USA häufig überschätzt. Wie groß der Einfluss der Nummer zwei auf die Wahlchancen wirklich ist, lässt sich nie genau nachweisen. In Trumps Fall ist die Frage, wer an seiner Seite in den Wahlkampf zieht, aber sehr relevant. Der Milliardär kommt aus der Wirtschaft. Er hat in wichtigen politischen Themen eklatante Wissenslücken. Viele Wählergruppen begegnen ihm mit Misstrauen. Ob am Ende eine Mehrheit der Amerikaner den 69-Jährigen ins Weiße Haus wählt, könnte daher stärker als bei manchem Vorgänger von seinem Vize abhängen.
Für Trump ist die Suche aus mehreren Gründen nicht ganz einfach. Dass der Demagoge in der Lage ist, überhaupt einen "running mate" auszuwählen, ist für viele Republikaner ein Schock. Einige haben schon vorsorglich erkennen lassen, nicht für den Posten zur Verfügung zu stehen, wahrscheinlich aus Angst um die eigenen Karrierechancen.
Um seine mangelnde Erfahrung auszugleichen, könnte er einen anerkannten Gouverneur oder Senator nehmen. Damit dürfte Trump aber seine Kernwählerschaft verärgern, die die Parteielite bekanntlich hasst. Mit einem Mann, der ihm vom Stil her ähnelt, würde er seine Fans begeistern, aber fraglich wäre, wie die Mitte Amerikas das fände. Mit einer Frau könnte er im weiblichen Teil der Wählerschaft punkten. Aber findet sich wirklich eine erfahrene Politikerin, die mit jemandem antritt, der Frauen schon mal als "fettes Schwein" oder "Schlampe" beschimpft? Die Sache ist kompliziert.
Lesen Sie hier einen Überblick über mögliche Kandidatinnen und Kandidaten:
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Donald Trump hat die Nominierung praktisch sicher - aber wer wird sein Vizepräsidentschaftskandidat? Die Antwort könnte seine Chancen aufs Weiße Haus enorm beeinflussen. Aber die Suche nach der Nummer zwei gestaltet sich schwierig.
Chris Christie, 53, Gouverneur von New Jersey: Einer der national bekanntesten Republikaner. Stieg nach der Vorwahl in New Hampshire aus dem Rennen aus. Was spricht für ihn? Er schlug sich als einer der ersten führenden Republikaner auf die Seite Trumps. Christie hat viel Erfahrung und könnte Trump helfen, sich durch die Politik in Washington zu manövrieren. Gilt als einer der besten Wahlkämpfer auf Seiten der Republikaner. Was spricht gegen ihn? Christie, der Trump lange hart angriff, hat wegen seines Schwenks ins Lager des Milliardärs ein massives Vertrauensproblem inner- und außerhalb der republikanischen Partei. Außerdem leidet er unter den Folgen des sogenannten "Brücken-Skandals", bei dem seine Vertrauten aus politischen Gründen eine wichtige Verkehrsroute dichtmachten.
Susana Martinez, 56, Gouverneurin von New Mexico: Gehört nicht zu den bekanntesten Gesichtern der Republikaner. Gilt aber als bestens vernetzt in der Partei. Was spricht für sie? Könnte Trump im weiblichen Teil der Wählerschaft helfen sowie unter Einwanderern. Sie hat mit einem konservativen Profil ihre Wiederwahl in einem Staat gewonnen, der den Demokraten nahe steht. Ihr Vorteil: Sie ist schon in ihrer zweiten Amtszeit, kann in New Mexico nicht wieder kandidieren. Was spricht gegen sie? Sie ist keine glühende Anhängern von Donald Trump. Während des Vorwahlkampfs hat sich Martinez öffentlich von ihm distanziert. Inzwischen scheint sie sich aber vorstellen zu können, den Immobilienmogul zu unterstützen.
John Kasich, 63, Gouverneur von Ohio: Stieg als letzter Konkurrent aus dem Rennen aus. Überraschte mit einer optimistischen, weitgehend unideologischen Wahlkampfbotschaft. Was spricht für ihn? Kasich ist erfahren und bestens vernetzt im Establishment. Als mitfühlender Konservativer könnte er auch für enttäuschte Demokraten interessant sein. Er kommt aus Ohio, einem der meist umkämpften Staaten im November. Was spricht gegen ihn? Nicht sehr viel. Anders als die meisten übrigen Konkurrenten, haben sich Kasich und Trump nie richtig angelegt. Programmatisch war im Vorwahlkampf allerdings kaum jemand weiter von Trump entfernt als er. Und ganz jung ist er auch nicht mehr.
Rob Portman, 60, Senator aus Ohio: Äußerst erfahren. Wurde schon 2008 und 2012 als möglicher Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt. Was spricht für ihn? Kennt Washington aus dem Effeff. Könnte Trump dabei behilflich sein, das katastrophale Verhältnis zwischen Weißem Haus und Kongress zu reparieren (sofern dieser daran überhaupt interessiert ist). Kommt aus Ohio und ist daher so oder so im November ein wichtiger Fürsprecher. Was spricht gegen ihn? Er gilt als Bush-Mann. Eine Trump-Portman-Kandidatur würde das Bild von der Partei der alten, weißen Männer bestätigen. Inhaltlich hätte Portman einiges zu erklären: Als Handelsvertreter der USA setzte er sich einst vehement für Freihandelsabkommen ein ein Thema, bei dem Trump dezidiert anderer Meinung ist.
Nikki Haley, 44, Gouverneurin von South Carolina: Einer der aufstrebenden Stars bei den Republikanern. Hielt in diesem Jahr die Gegenrede zu Obamas Rede an die Nation. Was spricht für sie? Haley, deren Eltern aus Indien kamen, könnte viele Wählergruppen ansprechen, in denen Trump schlecht verankert ist: Frauen, Jüngere, Einwanderer. In South Carolina ist sie äußerst populär, zudem kann sie mehr als fünf Jahre Regierungsverantwortung vorweisen. Wäre eine glänzende Lösung für Trump. Was spricht gegen sie? Einiges. Haley hat mehrfach kundgetan, was sie von Trumps Positionen hält: Nichts. Für seine radikalen Vorschläge in der Einwanderungspolitik kritisierte sie den Milliardär harsch. Sie ließ kürzlich mitteilen, dass sie an einem Vizeposten nicht interessiert sei. Trumps einzige Hoffnung: Dass sie es sich nach einem Anruf doch noch einmal anders überlegt.
Brian Sandoval, 52, Gouverneur von Nevada: Moderater Republikaner. Wurde eine Zeit lang als möglicher Kandidat für den offenen Sitz im Supreme Court gehandelt. Was spricht für ihn? Sandoval ist aus zwei Gründen interessant für Trump: Er könnte ihm wichtige Stimmen in Nevada bringen, einem der westlichen "Swing-States". Zudem könnte er dabei helfen, Trumps Image unter den Latinos zu verbessern. Dass er seit ein paar Jahren an vorderster Front Politik macht, schadet ebenfalls nicht. Was spricht gegen ihn? Sandoval hat Trump zwar seine Unterstützung signalisiert, er kritisierte ihn im Verlauf des Vorwahlkampf aber auch hart für seine Haltung beim Thema Einwanderung. In sozialpolitischen Fragen gilt er als liberal. Würde Trump eher nicht helfen, um erzkonservative Wähler anzusprechen.
Rick Scott, 63, Gouverneur von Florida: Strippenzieher. Das aber auch wirklich nur daheim. Was spricht für ihn? Er kommt aus Florida. Eine Allianz mit Scott würde womöglich einen Sieg in dem wichtigen "Swing-State" wahrscheinlicher machen. Er gilt als Outsider, würde also den Markenkern Trumps noch stärken. Er hat sich früh auf die Seite Trumps geschmissen. Was spricht gegen ihn? Scott punktet mit seinem Herkunftsstaat, ansonsten mit ziemlich wenig. Vom Alter her vertritt er nicht wirklich die jüngere Generation. In Washington kennt er sich nicht aus. Und seine Botschaften sind ähnlich simpel wie die des Milliardärs.
Marco Rubio, 44, Senator aus Florida: Galt lange als die Hoffnung des Parteiestablishments. Stieg aus dem Rennen aus, nachdem Trump ihn in seinem Heimatstaat demütigte. Was spricht für ihn? Rubio gilt als echter Konservativer. Mit ihm würde sich Trump Expertise in der Steuer-, Wirtschafts- und Außenpolitik holen. Rubio könnte eine Brücke zur Partei bilden. Was spricht gegen ihn? Rubio ist jung und dürfte in vier oder acht Jahren noch einmal antreten wollen. Zu nah am umstrittenen Trump zu sein, könnte ein Risiko sein.
Ted Cruz, 45, Senator aus Texas: Siegte im Vorwahlkampf in zehn Staaten, bevor er ausstieg. Gilt als erzkonservativer Ehrgeizling. Ist beim Establishment verhasst. Was spricht für ihn? Es gibt kaum ein Thema, bei dem er nicht mitreden kann und will. Cruz würde helfen, die harten Konservativen und rechten Christen an die Republikaner zu binden. Was spricht gegen ihn? Viel. Der Kampf mit Trump war zermürbend. In der amerikanischen Mitte ist er mit seinen reaktionären Positionen womöglich noch verhasster als Trump. Cruz will Präsident werden, nicht Vize. Unterstützen könnte er den Milliardär aber trotzdem mit dem Kalkül, dass sein Bemühen um Einigkeit in der Partei seine Chancen in vier oder acht Jahren erhöht.
Rick Perry, 66, Ex-Gouverneur von Texas: Wollte auch wieder Präsidentschaftskandidat werden. Seine Kampagne war aber monatelang weitgehend unsichtbar. Was spricht für ihn? Perry hat Regierungserfahrung. Außerdem ist er nicht nur Republikaner, er kommt auch aus Texas, was bei den Konservativen gemeinhin als ganz verlässliche Mischung gilt. Bei der Waffenlobby und Anhängern der Todesstrafe beliebt. Zeigte sich kürzlich offen für den Vizeposten. Was spricht gegen ihn? Perry war im Vorwahlkampf chancenlos. Noch immer scheint er an den Folgen eines schweren Patzers bei einer TV-Debatte im Jahr 2011 zu leiden, als er eines von drei Ministerien, die er als Präsident abschaffen würde, nicht nennen konnte.
Joni Ernst, 45, Senatorin aus Iowa: Polarisiert ähnlich wie Sarah Palin. Glaubt, dass ihre Erfahrung als Schweinezüchterin dabei hilft, in Washington aufzuräumen. Was spricht für sie? Sie tickt ähnlich wie Donald Trump. Hauptsache, es knallt. Im Wahlkampf in Iowa sagte sie: "Ich habe Eber kastriert. Wenn ich nach Washington gehe, dann weiß ich, wie man Schweine schlachtet." Politisch wird sie von manchem Republikaner bewundert, weil sie gegen einen Kandidaten gewann, der aktiv von Hillary Clinton unterstützt wurde. Was spricht gegen sie? Sie tickt ähnlich wie Donald Trump. Würden beide gemeinsam kandidieren, würde das wohl noch mehr pragmatische Amerikaner verschrecken als das der Milliardär schon alleine tut.
Sarah Palin, 52, Ex-Gouverneurin von Alaska: Schrille Tea-Party-Ikone. War im Jahr 2008 schon mal Vizepräsidentschaftskandidatin. Was spricht für sie? Palin versteht sich gut mit Trump. Sie sprach sich früh für ihn als Kandidaten aus und machte an etlichen Orten für ihn Wahlkampf. Was spricht gegen sie? Ziemlich viel. Sie war mal eine Nummer bei den Republikanern, aber ihr Stern ist längst gesunken. Wird inzwischen sogar von ehemaligen Weggefährten in der Tea Party belächelt. Zuletzt moderierte sie eine Fernsehshow, die ihren Ruf aber auch nicht wirklich wieder herstellte. Im Gegenteil.
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