"They say: Guns are in our DNA. And you call the Middle East violent?"
"Hey, he's an idiot – I can be an idiot, too."
Dieser Beitrag wurde am 20.04.2016 auf bento.de veröffentlicht.
Würde Donald Trump nicht US-Präsident werden wollen – er hätte auch als Autokrat in einem arabischen Staat gute Karten. Meint der Satiriker Bassem Youssef. In einem Interview hat er jetzt den Wahlkampf Trumps mit typischen politischen Verschwörungstheorien aus seinem Heimatland Ägypten verglichen. Das Ergebnis: Ob Trump oder arabischer Diktator, beide Seiten spielen mit Fremdenangst und Hetze.
Der Satiriker Bassem Youssef musste aus Ägypten fliehen. Mittlerweile lebt er in den USA und beobachtet den Wahlkampf. Jetzt wurde er von der CNN-Chefkorrespondentin Christiane Amanpour interviewt:
Youssef stammt aus Ägypten und ist eigentlich Herzchirurg, entdeckte während des Arabischen Frühlings 2011 aber sein komödiantisches Talent. Im ägyptischen Fernsehen trat er mit der Satire-Sendung "Al-Barnameg" ("Das Programm") auf, eine Art arabisches Neo Magazin Royale.
So hebelte er ägyptische Staatsmedien aus, welche die Aufstände auf dem Kairoer Tahrir-Platz Anfang 2011 diskreditieren wollten. Sagten sie, dort würde getanzt und Alkohol getrunken und die Muslimbrüder seien auch dabei – so fragte Youssef, was denn bitte die erzkonservativen Muslimbrüder mit Alkohol zu tun hätten. Die Darstellung der Revolution in den ägyptischen Medien, ein einziges Lügenkonstrukt:
Beißende Satire ist – anders als viele denken – im arabischen Raum weit verbreitet, beschränkt sich aber meist auf Gesellschaftskritik und Behördenwitze. Youssef hingegen lästerte auch gegen hochrangige Politiker, zum Beispiel die Führungsriege der Muslimbrüder oder des Militärs. Unter dem islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi drohte Youssef daher 2013 Haft.
Endgültig um seine Sicherheit fürchtete er unter dem nächsten ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, der das Land seit 2014 diktatorisch regiert. Youssef musste "Al-Barnameg" absetzen und ins Ausland fliehen. In den USA trat er bei Jon Stewart auf, doziert jetzt in Harvard und moderiert die Emmys.
Im Interview mit CNN nimmt Youssef die US-Politik und den Wahlkampf mit gewohnter spitzer Zunge aufs Korn. Um Trump-Anhänger zu verstehen, ging er zu einer Waffenausstellung. "Du gehst in einen Waffenladen und sie sagen dir, es ist Jagdsport", erzählt Youssef. "Da gibt es dort automatische Gewehre und Waffen wie aus dem Star-Wars-Zeitalter. Wie schnell ist bitte so ein Reh?"
Laut Youssef schafft Trump eine "Kultur der Angst" und eine dysfunktionale Politik, die nur durch Feindbild bestehen könne. Ägyptische Herrscher seien da ähnlich. Im Nahen Osten gebe es eine "imaginery conspiracy", also eine eingebildete Verschwörung. So werden in vielen arabischen staatstreuen Medien regelmäßig Israel, die USA oder "der Westen" an sich für innenpolitische Probleme verantwortlich gemacht. (Bleiben Touristen nach einem Hai-Angriff im Roten Meer aus, dann ist daran zum Beispiel der israelische Geheimdienst schuld.)
Auch Trump erzeuge dieses "Jeder ist hinter uns her"-Gefühl. Wenn auch vielleicht nicht mit so absurden Beispielen. Schlimm ist in den Augen Youssefs jedoch weniger, was Trump sagt – sondern, dass ihm das viele abkaufen. Er gebe all den wütenden, einsamen Menschen eine Stimme. Und die würden sich dann denken:
Auch zum Fall Böhmermann und wie Autokraten mit Satire umgehen sollten, hat sich Youssef geäußert: "We are in the age of the internet. You cannot shut people up."
Hier ist das CNN-Interview in voller Länge.
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