London / Washington - "Leider befinden wir uns im Bürgerkrieg", sagte Alawi am Sonntagmorgen dem britischen Fernsehsender BBC. Jeden Tag gebe es "durchschnittlich 50 bis 60" Tote. "Wenn dies kein Bürgerkrieg ist, dann weiß nur Gott, was ein Bürgerkrieg ist", fügte Alawi hinzu.
Alawi betonte, er habe seit langem auf die Gefahr eines politischen Vakuums in seinem Land aufmerksam gemacht. Er habe auch davon abgeraten, die irakischen Sicherheitskräfte aufzulösen. Selbst wenn sich die politischen Gruppierungen auf eine Regierung der nationalen Einheit aneinander annäherten, so sei dies keine "umittelbare Lösung". Nicht nur drohe der irakische Staat auseinanderzubrechen. In der ganzen Region werde sich das "Sektierertum" ausbreiten. Selbst Europa und die Vereinigten Staaten würden nicht von der Gewalt in Folge dieser «sektiererischen Probleme" verschont.
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld warnte derweil in drastischen Worten vor einem seiner Meinung nach verfrühten Abzug der US-Truppen aus dem Irak. Das käme einer Rückgabe Deutschlands an die Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg gleich, erklärte er der "Washington Post" mit Blick auf die Anti-Irak-Kriegs-Demonstrationen, die gestern, am dritten Jahrestag der Invasion, weltweit stattgefunden hatten. "Es wäre eine ebenso große Schande, als wenn wir die befreiten Nationen Osteuropas aufforderten, unter Sowjet-Herrschaft zurückzukehren."
Zugleich machte Rumsfeld jedoch geltend, bei der Rückübertragung der Zuständigkeiten an die irakischen Sicherheitskräfte gebe es Fortschritte. Derzeit stünden Hundert Bataillone von Irakern unter Waffen, die Hälfte von ihnen kontrolliere ihr Gebiet selbst, sagte Rumsfeld. An 75 Prozent aller Militäroperationen seien Iraker beteiligt, die Hälfte werde von Irakern geplant und ausgeführt. Wenn die USA indes einen Rückzug beschlössen, bestehe die Gefahr, dass "Terroristen in das Vakuum vordringen". Noch seien die irakischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage, sich allein gegen Aufständische und Anhänger des früheren Präsidenten Saddam Hussein durchzusetzen.