
Minderheitsregierung in den Niederlanden: Von Wilders Gnaden
Duldung durch Wilders Neue niederländische Regierung vereidigt
Den Haag - 127 Tage dauerten die Koalitionsverhandlungen in den Niederlanden. Nun ist das Kabinett des Rechtsliberalen Mark Rutte vereidigt worden - es ist die erste Minderheitsregierung in dem Land seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie lässt sich im Parlament durch den populistischen Islamgegner Geert Wilders dulden.
Die Mitglieder des Kabinetts legten am Donnerstag im Beisein von Königin Beatrix den Amtseid auf die Verfassung ab. Danach präsentierten sich die drei Frauen und neun Männer der von Rutte geführten Regierung mit der 72-jährigen Monarchin zum traditionellen Gruppenfoto auf den Stufen des königlichen Residenzschlosses Huis ten Bosch.
Mit dem 43 Jahre alten Ministerpräsidenten Rutte steht erstmals seit 1918 wieder ein Liberaler an der Spitze eines Kabinetts in Den Haag. Vizeregierungschef und Wirtschaftsminister ist der bisherige Außenminister Maxime Verhagen vom Christdemokratischen Appell (CDA). Das Außenministerium wird nun von Uri Rosenthal (65) geführt. Der Verwaltungsfachmann gehört Ruttes rechtsliberaler Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) an.
VVD und CDA verfügen zusammen über keine Mehrheit im Parlament Tweede Kamer. Sie sind auf Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) angewiesen, mit der sie eine Duldungsvereinbarung unterzeichneten. Zusammen kommen die drei Parteien auf 76 Mandate - also auf die denkbar knappe Mehrheit von einer Stimme.
Höheres Tempolimit, mehr Polizisten und neue Coffeeshop-Regeln
Obwohl nicht direkt an der Regierung beteiligt ist, verfügt er nun über erheblichen Einfluss auf die Politik des Königreichs. Gemäß dem Duldungsabkommen soll in den Niederlanden nun ein generelles Verbot des Ganzkörperschleiers Burka erlassen werden. Wilders kündigte an, die Einwanderung von Menschen aus islamischen und anderen nichtwestlichen Ländern werde um 50 Prozent gesenkt.
Zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen gehören Einsparungen zur Sanierung des Staatshaushalts in Höhe von 18 Milliarden Euro. Unter anderem sollen die Entwicklungshilfe und die EU-Beiträge der Niederlande gekürzt werden. Das Parlament und der Beamtenapparat sollen verkleinert werden.
Zugleich sollen 3000 Polizisten zusätzlich eingestellt werden. Weitere Mittel will die Regierung in den Bau von Schnellstraßen stecken, und das Tempolimit auf Autobahnen soll künftig 130 Stundenkilometer betragen statt momentan 120. Im sozialen Bereich, wo Wilders oft eher linke Positionen bezieht, soll mehr Geld für die Altenfürsorge ausgegeben werden. Zudem soll das Rentenalter nicht mehr auf 67, sondern vorerst nur auf 66 Jahre erhöht werden.
Freuen können sich in Holland die Raucher: Das Qualmen soll in kleinen Kneipen mit weniger als 70 Quadratmetern Grundfläche wieder erlaubt werden. Hingegen sollen sogenannte Coffeeshops, in denen bislang das Haschischrauchen geduldet wird, in Mitglieder-Clubs umgewandelt werden.
Die vorgezogenen Parlamentswahlen waren nötig geworden, nachdem im Februar die schwarz-rote Regierungskoalition am Streit um den Militäreinsatz in Afghanistan zerbrochen war. Der Abzug der niederländischen Soldaten ist inzwischen weitgehend abgeschlossen.