Bundeskanzlerin Merkel im Gespräch mit Obama: "Das ist mehr, als ich erwartet habe"
Foto: CHRIS WATTIE/ REUTERSToronto - Bundeskanzlerin (CDU) macht aus ihrer Erleichterung keinen Hehl: "Das ist mehr, als ich erwartet habe", sagt sie über den Kompromiss, der mit Blick auf den Schuldenabbau beim gefunden wurde. Bis 2013 soll das Staatsdefizit der entwickelten Industriestaaten halbiert werden - darauf hat man sich in Toronto laut Merkel geeinigt. "Das wird Teil des Abschlussdokuments sein", sagte die Bundeskanzlerin am Sonntag.
Verbindlich sind die Vereinbarungen des Dokuments nicht - trotzdem ist mit der Formulierung in einer wichtigen Streitfrage eine Lösung gefunden worden. Im Vorfeld des Gipfels hatte es heftige Auseinandersetzungen zwischen den USA und den europäischen Ländern, allen voran Deutschland, gegeben. Die EU-Länder forderten einen zügigen Abbau der staatlichen Schuldenberge, hingegen warnte, voreilige Einschnitte könnten das jüngste Wirtschaftswachstum wieder abwürgen.
Über den nun erzielten Kompromiss sagte Merkel, er sehe als zweite Zielmarke vor, dass ab dem Jahr 2016 mit dem Abbau der Schulden begonnen wird. "Das heißt, dass die Länder dann ausgeglichene Haushalte haben sollen, um den Gesamtschuldenabbau in den Blick nehmen zu können", fügte Merkel hinzu. Das entspreche genau den deutschen Zeitplänen für die Haushaltssanierung. "Dass dies von den Industrieländern akzeptiert wird, das ist ein Erfolg", sagte Merkel. Sie sei daher sehr zufrieden, dass diese "wichtige Gemeinsamkeit" auf dem G-20-Gipfel vereinbart worden sei.
Die Diskussion neuer Spielregeln für die Finanzwirtschaft hingegen wurde auf den nächsten Gipfel in Südkorea verschoben, der für November geplant ist. Die Positionen der Staats- und Regierungschefs lagen so weit auseinander, dass eine Einigung ausgeschlossen war. Die Lage der Weltwirtschaft und eine bessere Kontrolle von Banken und Finanzwirtschaft standen als wichtigste Themen bis Sonntagabend auf dem G-20-Programm.
Im Gegensatz zur Frage der Konjunkturpolitik stand Obama bei den Finanzmarktreformen eher auf der Seite der europäischen Partner. Wie auch Merkel wollte er eine Bankenabgabe durchsetzen. Kanada, Brasilien, Australien und andere G-20-Mitglieder blockierten diese Idee jedoch.
Die EU will bei den Finanzmarktregeln jetzt allein tätig werden. Frankreich und Deutschland planen, der EU schon bald Vorschläge für eine Steuer auf Geldgeschäfte vorzulegen.
Mehr als 100 Festnahmen bei gewaltsamen Ausschreitungen
Die Spitzentreffen wurden begleitet von den größten Sicherheitsoperationen in der Geschichte des Landes. Kanada lässt sich die Veranstaltung etwa 1,24 Milliarden kanadische Dollar kosten - etwa 970 Millionen Euro.
Nach friedlichen Demonstrationen gegen den G-20-Gipfel kam es am Samstag in Toronto zu Ausschreitungen. Schätzungsweise 100 militante Demonstranten zündeten Polizeiwagen an und warfen Schaufenster ein. Die Polizei ging mit Tränengas und Schlagstöcken vor. Mehr als 100 Demonstranten wurden festgenommen.
Es ist der vierte Gipfel der G-20-Staats- und Regierungschefs seit November 2008 auf dem Höhepunkt der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Bei ihrem Treffen vergangenen September im amerikanischen Pittsburgh hatten sie sich auf den Fahrplan für Finanzmarktreformen verständigt.
Vorgabe war damals: Jeder Marktteilnehmer, jedes Finanzprodukt und jeder Finanzplatz sollen beaufsichtigt werden. In vielen Bereichen sind die zerstritten und in Verzug.
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