Eil-Hilfsgesetz Kabinett schaltet Griechen-Turbo ein

Binnen Tagen soll das Griechenland-Hilfspaket durch Bundestag und Bundesrat geschleust werden - jetzt hat das Bundeskabinett das Eilgesetz auf den Weg gebracht. Es sieht vor, dass Deutschland dem überschuldeten Euro-Staat 22,4 Milliarden Euro an Hilfskrediten gibt.
Kanzlerin Merkel nach Sitzung: Deutschland will sich 2010 mit 8,4 Milliarden Euro beteiligen

Kanzlerin Merkel nach Sitzung: Deutschland will sich 2010 mit 8,4 Milliarden Euro beteiligen

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Milliardenhilfen für Griechenland

Berlin - Die Bundesregierung hat die auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss am Montag in Berlin den deutschen Anteil an den Notfallkrediten von rund 22,4 Milliarden Euro, wie aus Regierungskreisen verlautete. Im Anschluss an die Kabinettsitzung informierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Partei- und Fraktionschefs.

Das "Gesetz zum Erhalt der Stabilität der Währungsunion" soll im Eilverfahren unter Dach und Fach gebracht werden: Die erste Lesung im Bundestag findet am Mittwoch statt, dann geht der Gesetzentwurf zu weiteren Beratungen in die zuständigen Ausschüsse. Die Schlussabstimmung im Bundestag sowie das Votum des Bundesrats sollen am Freitag erfolgen. Am gleichen Tag soll Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz unterzeichnen.

IWF

Insgesamt soll das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland bis 2012 Notfallkredite von bis zu 110 Milliarden Euro erhalten. Auf die Euro-Staaten sollen davon 80 Milliarden Euro entfallen, auf den Internationalen Währungsfonds ( ) insgesamt 30 Milliarden.

Deutschland will sich allein in diesem Jahr mit 8,4 Milliarden Euro an dem Rettungspaket beteiligen. Das Geld für Athen wird als Kredit von der Staatsbank KfW vergeben, der Bund bürgt dafür.

Zuvor hatten sich IWF, EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) mit Griechenland auf ein umfangreiches Sparpaket mit drastischen Einschnitten für die Bevölkerung verständigt. Die Gewerkschaften kündigten für die nächsten Tage weitere Streiks an.

SPD fordert europäische Transaktionssteuer

Christian Lindner

Die deutschen Parteien debattieren über die Griechenland-Hilfen: Die FDP-Führung hat das deutsche Rettungspaket für Griechenland am Montag einstimmig gebilligt. "Es geht jetzt um die Stabilität unserer Währung, die Integrität der Europäischen Union insgesamt", sagte FDP-Generalsekretär am Montag nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin. Zugleich sprach er sich für strengere Kontrollmechanismen im Euro-Raum aus, um künftig Verstöße besser vermeiden zu können. Beispielsweise könnte Defizitsündern die Auszahlung von EU-Finanzmitteln verweigert werden.

Die Opposition knüpft ihre Zustimmung zu den Griechenlandgeldern weiterhin daran, dass die Banken mit zur Verantwortung gezogen werden. Die SPD-Bundestagsfraktion will dem Hilfspaket nur bei klaren Verpflichtungen von Kanzlerin Angela Merkel auf einen energischen Kampf gegen Marktspekulanten und für weitergehende Regulierungen zustimmen.

Sigmar Gabriel

Es müsse dafür gesorgt werden, dass die Hunderte von Milliarden Euro, die der Staat zur Rettung der Finanzmärkte aufbringe, refinanziert werden, sagte Parteichef nach einem Treffen der SPD-Spitze mit EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Berlin. Dafür sei die von der Regierung geplante Bankenabgabe aber nicht ausreichend, da die Unternehmen diese von der Steuer absetzen könnten. "Letztlich zahlt es dann doch die öffentliche Hand", so Gabriel. Nötig sei eine europäische Transaktionssteuer. Eine solche Steuer könnte allein in Deutschland jährlich zwischen zwischen 14 und 20 Milliarden Euro erbringen.

Lafontaine rechnet mit "Nein" der Linke-Fraktion zu Griechenland-Hilfen

Frank-Walter Steinmeier

Nach den Worten von SPD-Fraktionschef ist noch offen, mit welcher Mehrheit der Bundestag den deutschen Beitrag für das Hilfspaket beschließen wird. Eine alleinige Kreditermächtigung für die Bundesregierung durch das Parlament genüge nicht, vielmehr müssten die Banken am Rettungspaket beteiligt werden. Außerdem sei mehr Regulierung erforderlich. Ohne diese Maßnahmen sei "ein Rettungspaket nicht glaubwürdig", sagte der Fraktionschef.

Renate Künast

Ähnlich äußerten sich die Grünen: "Nachdem schon so extrem spät reagiert wurde und Frau Merkel das Ganze noch teurer gemacht hat, geht es jetzt darum, dass tatsächlich die Verursacher, die, die gezockt haben, mit an den Kosten beteiligt werden", sagte Grünen-Fraktionschefin am Montagmorgen im Deutschlandfunk. Die Bundesregierung müsse konkrete Vorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte vorlegen, damit sich eine solche Krise nicht wiederhole. So müsse die Regierung endlich eine Finanztransaktionssteuer beschließen. "Spekulieren soll nicht leichtgemacht werden", sagte Künast. Außerdem forderte sie ein strengeres Stabilitäts- und Währungsabkommen in der EU, das auch Sanktionsmöglichkeiten wie etwa das Streichen von Subventionen vorsieht.

Der Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine rechnet am Freitag mit einer Ablehnung der deutschen Griechenland-Hilfen durch die Bundestagsfraktion seiner Partei. Es gebe derzeit keine Voraussetzung für eine Zustimmung, sagte Lafontaine am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". "Es hat keinen Sinn Hilfspaketen zuzustimmen, die die notwendigsten Voraussetzungen nicht schaffen, damit solche Krisen sich nicht endlos fortsetzen", sagte er. Die Banken müssten an die Kette gelegt und die "Massenvernichtungswaffen" auf den Finanzmärkten beseitigt werden: "Anders gibt es überhaupt keine Heilung."

Unterdessen bemüht sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die deutsche Bevölkerung zu beruhigen. Er betrachtet das am Wochenende geschnürte Milliardenhilfspaket für Griechenland als ausreichend, um das südosteuropäische Land dauerhaft zu stabilisieren. Es sei davon auszugehen, dass es über das 110-Milliarden-Paket hinaus keiner weiteren Hilfen bedürfe, sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung vom Montag. Auch das Risiko für die deutschen Steuerzahler bewertete er als gering. "Ich bin zuversichtlich, dass dem deutschen Steuerzahler kein Schaden entstehen wird, wenn das Programm konsequent umgesetzt wird", sagte Schäuble.

anr/dpa/AFP/Reuters
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