
Elfenbeinküste: Gbagbo erobert Teile Abidjans zurück
Elfenbeinküste Gbagbo kämpft sich zurück nach Abidjan
Paris/Abidjan - Mit einem letzten Aufgebot an Kämpfern hat Laurent Gbagbo die Umlagerung seiner Residenz in Abidjan durchbrochen. Mit Unterstützung angolanischer Elitetruppen kämpft sich der international isolierte und abgewählte Präsident der Elfenbeinküste nach Abidjan zurück.
Diese gut ausgebildeten Kommando-Einheiten hätten es den Getreuen Gbagbos überhaupt erst ermöglicht, wieder Teile der Wirtschaftsmetropole zu erobern, so der französische Rundfunksender Europe 1.
Uno-Untergeneralsekretär Alain Le Roy warf Gbagbos Soldaten vor, sie hätten mit ihrem Waffenstillstandsangebot nur Zeit gewinnen wollen, um ihre Truppen neu zu formieren. Die von den Spitzen von Armee, Polizei und Präsidentengarde zuvor angekündigte Feuerpause sei "ein Trick" gewesen. Die Einheiten von Gbagbo hätten weiterhin viele schwere Waffen, so Le Roy.
Französische Kampfhubschrauber unter Beschuss
Truppenmitglieder von Gbagbo haben zudem auf französische Kampfhubschrauber geschossen. Militärsprecher Frédéric Daguillon erklärte am Samstag, die Hubschrauber seien an einem Evakuierungseinsatz beteiligt gewesen. Soldaten seien nicht verletzt worden.
Die Einsatzkräfte in den Hubschraubern hätten das Feuer erwidert und mindestens ein gepanzertes Fahrzeug der ivorischen Soldaten zerstört. Der Evakuierungseinsatz wurde abgebrochen. Die französische Botschaft wurde unterdessen von zwei Mörsern und einer Rakete getroffen, die von den Kräften Gbagbos abgefeuert wurden.
Gbagbo bestreite allerdings, dass seine Kämpfer für den Beschuss verantwortlich seien.
EU-Sanktionen teilweise aufgehoben
Die EU hat unterdessen einen Teil ihrer Sanktionen gegen die Elfenbeinküste aufgehoben. Damit sollten die "legitimen" Kräfte der Regierung von Alassane Ouattara gestärkt werden, hieß es am Samstag in einer Mitteilung des Ministerrats in Brüssel.
Die Häfen von Abidjan und San Pedro, eine Raffinerie und die Behörde für den Kakaoexport wurden von einer Liste von Unternehmen genommen, deren Vermögen in der EU bisher eingefroren waren. Damit können auch wieder Zahlungen an diese Unternehmen geleistet werden.
Der von der internationalen Gemeinschaft als Wahlsieger in der Elfenbeinküste anerkannte Ouattara hatte um eine Aufhebung der Sanktionen gebeten, um die Wirtschaft des westafrikanischen Landes nach monatelangem blutigem Machtkonflikt wieder aufzubauen.
Andere Sanktionen gegen den abgewählten Präsidenten Gbagbo und dessen Vertraute - beispielsweise Einreiseverbote und das Einfrieren von Konten - bleiben in Kraft.
Die andauernden Kämpfe, Lebensmittelknappheit und Ausgangssperren verschärften die Not der etwa vier Millionen in Abidjan noch verbliebenen Einwohner. Hilfsorganisationen haben wegen der angespannten Sicherheitslage kaum Zugang zu den Menschen.
Massaker und Vergewaltigungen an Hunderten Menschen
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat den Truppen des international anerkannten Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, Massaker und Vergewaltigungen an Hunderten Menschen vorgeworfen. Bei ihrem Vormarsch durch den Westen des Landes Ende März hätten die Kämpfer vermeintliche Anhänger von Ouattaras Rivalen Gbagbo wahllos hingerichtet, berichtete die Menschenrechtsorganisation unter Berufung auf Augenzeugen.
Vielfach seien Frauen vergewaltigt worden. Es habe aber auch Berichte über die Tötung von über hundert Männern, Frauen und Kindern durch Truppen Gbagbos gegeben.
"Um die tragischen Ereignisse in der Elfenbeinküste zu verstehen, dürfen keine Unterschiede gemacht werden zwischen Norden und Süden, zwischen Anhängern Gbagbos oder Ouattaras", sagte Daniel Bekele, der Afrika-Direktor von Human Rights Watch. "Unglücklicherweise gibt es auf beiden Seiten Vertreter, die vor der Würde des menschlichen Lebens nur wenig Achtung zeigen".
Ganze Dörfer seien laut der Organisation von den Ouattara-Kämpfern niedergebrannt worden. Für ihren Bericht hat HRW nach eigenen Angaben mehr als 140 Zeugen und Angehörige von Opfern entlang der Grenze zwischen der Elfenbeinküste und Liberia sowie in den westlichen Städten Duékoué, Guiglo und Blolequin befragt.
Für die Morde verantwortlich waren demnach die aus ehemaligen Rebellen bestehenden republikanischen Kräfte von Ouattaras Regierungschef Guillaume Soro. Viele ihrer Opfer hätten der Volksgruppe der Guéré angehört, die bei den Wahlen im vergangenen November mehrheitlich Ouattaras Gegner Gbagbo unterstützt hätten.