Macron und die Benalla-Affäre In Bedrängnis ist er allein

Emmanuel Macron mit seinem Leibwächter Alexandre Benalla (l.)
Foto: Thibault Camus/ APViele Franzosen haben diese Woche die neue Ausgabe der satirischen Wochenzeitung "Canard enchâiné" mit Spannung erwartet. Der "Canard", auf Deutsch: Ente, wie ihn seine Leser liebevoll nennen, gilt als Enthüllungsblatt - und schien Präsident Emmanuel Macron ernsthaft gefährlich werden zu können.
Tatsächlich titelte das Blatt am Mittwoch dann auch angriffslustig: "In der Benalla-Affäre trägt Macron den Helm!" Es ist ein Titel voller Anspielungen:
- Erstens, weil Macrons Leibwächter Alexandre Benalla am 1. Mai mit einem Polizeihelm, den er gar nicht hätte tragen dürfen, in Abwesenheit des Präsidenten auf Demonstranten losgegangen war.
- Zweitens, weil sich die letzte große Affäre im Élysée-Palast um François Hollande, Macrons Vorgänger, drehte. Der war 2014 auf einem Motorroller zu seiner damaligen Affäre gefahren - immerhin mit Helm.
- Und drittens spielte die Zeitung auf Macron an - einen Präsidenten, der seit fünf Tagen einer beispiellosen Affäre um seinen gewalttätigen Leibwächter zuschaute, ohne ein Wort zu sagen. Ganz so, als habe er einen Helm auf und höre nichts.
Doch bereits bevor der "Canard" am Dienstagabend in den Druck gegangen war, hatte Macron reagiert. "Ich bin verantwortlich, ich alleine bin verantwortlich. Ich bin es, der Alexandre Benalla vertraut hat", sagte er vor Parlamentsabgeordneten seiner Partei in Paris. "Was am 1. Mai geschah, ist für mich ein Verrat."
Macron ist schnell und tief gefallen
Macron wollte sich mit diesem Statement wieder als ehrlicher, junger Präsident darstellen, der zwar Fehler begeht, aber anschließend auch für sie einsteht und nicht in den Geheimhaltungsmodus schaltet.
Genau das unterstellt die neue Ausgabe des "Canard": Seine Karikaturisten zeigen das Ehepaar Macron, wie es überlegt, den von ihnen bisher so geschätzten Leibwächter heimlich als Bademeister mit an den Urlaubsort am Mittelmeer zu nehmen. Oder wie Macron im dunklen Élysée-Palast mit einer Kerze vor dem Sicherheitskasten leuchtet, um eine kaputte Sicherung zu wechseln - ein Synonym dafür, dass er einen Minister auswechseln könnte, um selbst unbeschadet aus der Benalla-Affäre herauszukommen.
La Une du 25 juillet est à consulter ici :https://t.co/mjjEPbqRqg
— Le Canard enchaîné (@canardenchaine) July 24, 2018
Die Karikaturen zeigen, wie tief Macron in den letzten Tagen gefallen ist. Das Verhalten seines prügelnden Ex-Leibwächters wäre vermutlich rasch vergessen gewesen, wenn der Präsident ihn entlassen oder versetzt hätte.
Stattdessen wurde Benalla nur zwei Wochen vom Dienst suspendiert und durfte anschließend weitermachen, sogar die Weltmeister-Fußballer vor allen Kameras auf ihrem Weg in den Élysée-Palast begleiten. Zudem wurde der Vorfall zunächst heruntergespielt, als dieser am 19. Juli öffentlich wurde.
Macron hat sich trotz seiner gestrigen Rede nicht aus der schwierigen Situation befreit. Denn im Zuge der Enthüllungen zeigte sich eine nicht ganz überraschende Schwäche: In Bedrängnis ist er allein.
"Die Konsequenzen sind verheerend"
"Wir bezahlen dafür, in unseren Reihen keine politischen Schwergewichte zu haben. Unsere Parlamentarier sind nicht dafür gemacht, sich vom Volk beschimpfen zu lassen. Die Konsequenzen sind verheerend", analysierte ein Berater Macrons prompt.
Er sprach damit auf die fehlende Unterstützung in der Öffentlichkeit für Macron an. Kein Minister, kein Abgeordneter sprang ihm in den letzten Tagen bei. Das hat - unter anderem - mit Macrons Regierungsstil zu tun: Er überschattet alle neben ihm, sogar Ministerpräsident Édouard Philippe bleibt für viele ein Unbekannter im eigenen Land.
Kein Wunder also, dass Premier Philippe bereits am Dienstag von einer "Medien-, Parlaments- und Politikkrise" sprach. Er erntete dafür sofort heftigen Widerspruch. Denn die Medien hatten die Affäre aufgedeckt und das Parlament für französische Verhältnisse sehr schnell mit der Einrichtung der Untersuchungsausschüsse reagiert. Es blieb folglich nur die politische Krise: Die aber betraf vor allen den Präsidenten.
"Es wird zumindest den Sommer brauchen, um die Affäre zu vergessen, und ein Jahr, um wieder unbeliebte Reformen durchsetzen zu können", zitierte der "Canard" einen Mitarbeiter von Philippe. Macron dürfte das nicht gefallen.