Endlich verständlich - die türkische Verfassungsreform Wie Erdogan die Türkei umbauen will

Die Türken haben über Erdogans Präsidialreform abgestimmt. Was plant der Staatspräsident? Welche Folgen hat ein Ja? Verwandelt sich die Türkei in eine Diktatur? Hier sind die Antworten.
Erdogan-Anhänger

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Foto: THILO SCHMUELGEN/ REUTERS

Worum es beim Referendum in der Türkei ging - endlich verständlich

Foto: Lefteris Pitarakis/ dpa

Erdogan ist Mitgründer der heutigen Regierungspartei AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung). Von 2003 bis 2014 war er türkischer Ministerpräsident, danach ließ er sich vom Volk zum Staatspräsidenten wählen. Er wurde 1954 in Istanbul geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Schon als junger Mann engagierte er sich in der islamistischen Nationalen Heilspartei. Sein politischer Aufstieg begann 1994 als populärer Bürgermeister von Istanbul. In der Metropole machte er sich einen Namen, indem er Verkehr und Wasserversorgung optimierte und für mehr Sauberkeit in den Straßen sorgte.

Dem damals noch sehr mächtigen Militär war er mit seinem Kurs eines politischen Islam ein Dorn im Auge. Weil er in einer Rede aus einem religiösen Gedicht zitierte, wurde er 1998 wegen Volksverhetzung zu mehrmonatiger Haft verurteilt. Sein passives Wahlrecht wurde ihm genommen, das Bürgermeisteramt musste er aufgeben. Nach seiner Entlassung betätigte er sich aber wieder politisch und gründete 2001 zusammen mit drei Mitstreitern die AKP, die sich programmatisch liberal und säkular gab. Nach der Wahl 2002 zog die AKP erstmals ins Parlament ein. Erdogan wurde Ministerpräsident, nachdem die Abgeordneten mit einer Verfassungsänderung seinen Einzug ins Parlament per Nachwahl möglich gemacht hatten. Zuvor hatte er wegen seiner Vorstrafe nicht kandidieren dürfen.

In den Folgejahren kam es immer wieder zu Machtkämpfen mit den alten Kräften der türkischen Republik. Diese Auseinandersetzung konnte er mit der Verfassungsänderung 2010, die die Macht des Militärs brach, endgültig für sich entscheiden. Beobachter sagen, die Politik Erdogans sei zu großen Teilen bis heute von den Erfahrungen dieser schweren Machtkämpfe geprägt.

Autoren: Almut Cieschinger, Hasnain Kazim, Mara Küpper, Claudia Niesen

Dokumentation: Zahra Akhgar

Grafik / Produktion: Anna van Hove, Frank Kalinowski

Video-Animation: Erdogans Referendum kompakt erklärt

DER SPIEGEL
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