Entführter Frachter "Hansa Stavanger" Berlin stoppt Befreiungsaktion der GSG 9
Berlin/Mombasa - Die Kräfte standen bereit, doch zum spektakulären Einsatz vor Somalia kam es nicht. Die Bundesregierung hat laut SPIEGEL-Informationen eine geheime Kommandoaktion deutscher Elitepolizisten gestoppt, mit der die Mannschaft des von somalischen Piraten entführten deutschen Frachters "Hansa Stavanger" samt der Besatzung, darunter fünf Deutsche, befreit werden sollte.
Mehr als 200 Mann der GSG-9-Spezialeinheit standen mit Hubschraubern, schweren Waffen und Sanitätern bereits auf Hoher See in der Nähe des Frachters bereit, sie waren vom amerikanischen Hubschrauberträger "USS Boxer" vor die Küste von Somalia transportiert worden.
Zum gewaltsamen Zugriff kam es jedoch nicht. In Berlin fiel die Entscheidung nach einer Sitzung des Krisenstabes im Verteidigungsministerium, nachdem der Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, James Jones, die notwendige Zustimmung für die Operation verweigert hatte.
Für die Rettungsaktion hatte der Krisenstab der Bundesregierung die US-Regierung um logistische Hilfe gebeten. Die GSG-9-Beamten sollen nun nach Deutschland zurückkehren. Als Begründung hieß es im Krisenstab, die Risiken für das Leben von Geiseln und Polizeibeamten seien zu hoch gewesen.
Während der dreiwöchigen Planungen hatte es mehrfach Streit zwischen den beteiligten Ministerien gegeben. Das Auswärtige Amt (AA) warf dem Innenministerium vor, ohne Not die US-Regierung eingebunden zu haben und monierte später, dass keine ausreichende Risikoanalyse für die Kommandoaktion vorgelegt wurde.
Ursprünglich hatte die Bundesregierung geplant, das am 4. April von Piraten entführte Schiff mit einem Kommandozugriff durch die GSG 9 stürmen zu lassen. An Bord des Frachters der Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg befinden sich auch fünf deutsche Crew-Mitglieder.
Bereits eine Woche nach der Entführung des Frachters war das GSG-9-Kommando mit sechs Hubschraubern, diversen Waffen und sonstiger Spezialausrüstung unter strengster Geheimhaltung in die kenianische Hafenstadt Mombasa verlegt worden. Das Bundesinnenministerium hatte zudem auch Ärzte und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) nach Kenia geflogen.
Nach der Entführung des deutschen Frachters hatten die zunächst fünf Piraten das Schiff in die Nähe des von ihnen kontrollierten Hafens Haradere in Nordsomalia gesteuert. Während der Entführung verlegten sie den Frachter mehrfach entlang der somalischen Küste. Der Versuch, mit der "Hansa Stavanger" kurz nach der Freilassung anderen Piraten zur Hilfe zu eilen, die den US-Frachters "Maersk Alabama" gekapert hatten, scheiterte.
Die Bundesregierung hatte unmittelbar nach dem Überfall entschieden, sich nicht auf eine Lösegeldzahlung an die marodierenden Piratenbanden einzulassen.
Moderne Piraten - Gefahr am Horn von Afrika
Die GSG 9 ist weltweit seit der Befreiung der Lufthansa-Maschine "Landshut" auf dem Rollfeld der somalischen Hauptstadt Mogadischu im Jahr 1977 bekannt. Teile der Einheit sind darauf trainiert, gekaperte Schiffe auf See zu entern und die Geiseln zu retten.