Entführung im Jemen Deutsche Geiseln setzten Hilferuf per Handy ab
Sanaa - Die im Jemen vermissten deutschen Geiseln sollen noch während des Überfalls durch die Entführer per Handy einen verzweifelten Hilferuf abgesetzt haben. Das berichtete die Zeitung "Yemen Times" am Donnerstag unter Berufung auf einen Informanten in der Provinz Saada. Dort waren die sieben Deutschen zusammen mit einer Koreanerin und einem Briten am Freitag vergangener Woche verschleppt worden. Den Angaben zufolge riefen sie eine jemenitische Krankenschwester in Saada an, die danach sofort die lokalen Behörden und die Anführer der schiitischen Houthi-Rebellen, die jeweils Teile der Provinz kontrollieren, informiert haben soll.
Die Krankenschwester, die zusammen mit den Deutschen im Dschumhuri-Krankenhaus arbeitete, soll berichtet haben, die Deutschen hätten ihr gesagt, sie würden von den Fremden "drangsaliert". Laut dem Bericht wurde die Gruppe während eines Ausflugs zu einem Bauernhof in der Ortschaft Gharas von drei bewaffneten bärtigen Männern überfallen, die ihnen mit ihrem Geländewagen den Weg versperrten. Die beiden deutschen Pflegehelferinnen und die südkoreanische Lehrerin wurden von den Entführern wohl schon kurz nach dem telefonischen Hilferuf erschossen.
Die Suche nach den restlichen Geiseln, einer deutschen Familie und einem Briten, wurde am Mittwoch ausgeweitet. Die Gruppe wurde Ende vergangener Woche im Norden des Jemen entführt. Schäfer entdeckten die Leichen der beiden deutschen Frauen und der Südkoreanerin am Montag. Bei der noch vermissten deutschen Familie handelt es sich um ein Ehepaar mit drei kleinen Kindern zwischen knapp einem und vier Jahren.
Der Haustechniker und die Krankenschwester waren Medienberichten zufolge seit sechs Jahren für die kleine niederländische Hilfsorganisation Worldwide Services in einem Hospital in der jemenitischen Provinz Saada tätig und planten, in zwei Jahren in die Heimat zurückzukehren. Hochkirch, der Heimatort der deutschen Familie, liegt in der Oberlausitz, gut 50 Kilometer östlich von Dresden.
Die Entführer sollen nach Informationen der "Yemen Times" aus dem Umfeld lokaler wahabitischer Extremistengruppen stammen. Der Wahabismus ist eine puritanische Version des sunnitischen Islam, der im benachbarten Saudi-Arabien Staatsreligion ist. Einige Wahabiten-Gruppen sollen sich in den vergangenen Jahren - teils aus finanziellem Interesse, teils aus religiöser Überzeugung - dem Kampf gegen die schiitischen Anhänger von Rebellenführer Abdulmalik al-Houthi in Saada angeschlossen haben.
Regierungstreue Jemeniten hatten am Mittwoch eine Demonstration organisiert, um gegen die Entführung und Ermordung der Helfer zu protestieren. Dabei hatten sie unter anderem Bilder der fünfköpfigen Familie aus Sachsen hochgehalten, die sich zusammen mit dem Briten noch in der Gewalt der Entführer befinden soll.
Die Behörden im Jemen warfen den ausländischen Entführungsopfern indirekt Unvorsichtigkeit vor. Die dem Verteidigungsministerium nahestehende Zeitung "26. September" schrieb am Donnerstag, die Gruppe hätte vor ihrem Ausflug am vergangenen Freitag die Direktion des Dschumhuri-Krankenhauses in der Stadt Saada, wo sie beschäftigt waren, informieren müssen.
Das Blatt berichtete außerdem unter Berufung auf einen Lokalpolitiker, der Geländewagen der Entführer sei in einem Gebiet gesichtet worden, das von den Rebellen des Schiiten-Führers Abdulmalik al-Houthi kontrolliert werde. Die Houthi-Bewegung hatte zuvor jede Beteiligung an dem Verbrechen abgestritten und erklärt, sie wolle sich selbst an der Suche nach den Geiseln und ihren Entführern beteiligen.
Gefahr für Touristen im Jemen
Eine fünfköpfige Familie aus Sachsen wird zusammen mit Begleitern verschleppt. Zwei Deutsche und eine Koreanerin wurden bereits am ersten Tag erschossen. Zwei Kinder der sächsischen Familie wurden im Mai 2010 freigelassen.
Ein niederländischer Ingenieur, der für ein Wasserprojekt arbeitete, und seine Ehefrau werden in einem Vorort der Hauptstadt Sanaa verschleppt und in das 80 Kilometer entfernte Dorf der Entführer gebracht. Nach zwei Wochen Geiselhaft wird das Ehepaar freigelassen. Dem Vernehmen nach erhielten die Entführer Schmerzensgeld für Stammesangehörige, die bei einem Schusswechsel mit der Polizei im April 2008 verletzt worden waren.
Bei zwei Selbstmordattentaten auf Südkoreaner innerhalb einer Woche werden vier Touristen und ein jemenitischer Reiseführer getötet. Zum ersten Anschlag kommt es auf einem Aussichtpunkt vor der Unesco-Welterbe-Stadt Schibam in der Provinz Hadramaut.
Drei Tage später gilt ein Attentat einer Delegation in Sanaa, die aus Südkorea in den Jemen gereist war, um mehr über die Hintergründe des ersten Vorfalls zu erfahren. Dabei tötet der Sprengsatz nur den Attentäter selbst, der den Konvoi der Südkoreaner knapp verfehlte. Zu der Attacke bekennt sich die Terrorgruppe al-Qaida.
Ein aus Niedersachsen stammender Ingenieur wird zusammen mit zwei jemenitischen Kollegen in der Provinz Schabwa, etwa 570 Kilometer von Sanaa, entführt. Die Kidnapper lassen den 56-Jährigen, der für ein Gaspipeline-Projekt arbeitete, nach drei Tagen frei. Ein Verwandter von Präsident Ali Abdullah Salih hat ihnen zugesagt, die Behörden würden ihre Forderung nach der Freilassung eines wegen Mordes inhaftierten Angehörigen wohlwollend prüfen.
Eine Entwicklungshelferin der GTZ und ihre Eltern aus Kiel werden in der Region al-Bajda im Bergjemen von bewaffneten Stammesangehörigen verschleppt und fünf Tage lang in einem Bergdorf festgehalten. Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von zwei inhaftierten Angehörigen und eine finanzielle Entschädigung für ein unvorteilhaftes Grundstücksgeschäft. Die Architektin, eine Expertin für den Erhalt historischer Bauten, will vorerst im Jemen bleiben.
Bei einem Anschlag auf die US-Botschaft in Sanaa kommen sechs Polizisten, sechs Angreifer und vier Zivilisten ums Leben. Bis auf eine Inderin sind alle Opfer Jemeniten. US-Diplomaten werden nicht verletzt. Die jemenitische Führung erklärt, der Anschlag trage die Handschrift der Terrorgruppe al-Qaida.
Auf ein Wohnviertel, in dem unter anderem US-Diplomaten und ausländische Mitarbeiter von Ölfirmen wohnen, werden drei Mörsergranaten abgefeuert. Das US-Außenministerium zieht aus Sicherheitsgründen die meisten seiner Botschaftsangehörigen aus der jemenitischen Hauptstadt ab. Zu der Attacke bekennt sich eine lokale Qaida-Terrorzelle.
Auf das Gelände der US-Botschaft in Sanaa werden vier Mörsergranaten abgefeuert. Sie verfehlen ihr Ziel und treffen stattdessen den Innenhof einer Mädchenschule. Ein Wachmann der Botschaft kommt ums Leben, drei weitere Wachmänner und 13 Schülerinnen werden verletzt.
Islamische Extremisten eröffnen in der Provinz Hadramaut das Feuer auf einen Konvoi mit belgischen Touristen. Zwei Belgierinnen und zwei der jemenitischen Begleiter sterben bei der Attacke, ein weiterer Belgier und drei Jemeniten erleiden Verletzungen. Die 15-köpfige Touristengruppe befand sich auf einer Besichtigungstour zu den historischen Stätten in Sayoun, rund 900 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Sanaa.
Acht Spanier und zwei Einheimische kommen ums Leben, als sich ein Selbstmordattentäter in der Nähe des Mondtempels von Marib mit seinem Fahrzeug in die Luft sprengt. Sechs weitere Spanier wurden Verletzungen erlitten. Hinter dem Attentat soll das Terrornetzwerk al-Qaida stecken.
Der Ex-Außenstaatssekretär Jürgen Chrobog, seine Frau und seine drei Söhne werden während ihres Weihnachtsurlaubs in der Region Marib im Osten des Landes entführt und nach drei Tagen wieder freigelassen.