Rückkehr von Auslandsreise Erdogan lässt sich in Istanbul feiern

Tausende Regierungsanhänger haben den türkischen Premier Erdogan in Istanbul nach seiner Auslandsreise hochleben lassen. Der Ministerpräsident lehnt Zugeständnisse an die Demonstranten vom Taksim-Platz entschieden ab. Doch die protestieren weiter.
Rückkehr von Auslandsreise: Erdogan lässt sich in Istanbul feiern

Rückkehr von Auslandsreise: Erdogan lässt sich in Istanbul feiern

Foto: OZAN KOSE/ AFP

Istanbul/Hamburg - Bis zwei Uhr nachts mussten seine Anhänger ausharren, dann war der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zurück in der Heimat. Mehrere tausend Menschen haben den Regierungschef und seine Ehefrau in der Nacht zum Freitag am Istanbuler Atatürk-Flughafen empfangen. Das Paar kehrte von einem Staatsbesuch in Marokko und Tunesien zurück.

Erdogan ließ sich von seinen Unterstützern feiern. Auf die Opposition, die seit mehr als einer Woche in zahlreichen Städten gegen seine konservativ-islamistische Regierung protestiert, ging er keinen Meter zu. Im Gegenteil: Die Demonstrationen müssten sofort aufhören, sagte der Politiker in einer Ansprache am Flughafen, die live im Fernsehen übertragen wurde. Sie hätten ihre demokratische Berechtigung verloren und seien zu Vandalismus geworden.

Der Premier dankte der Polizei für ihre Arbeit. Die Sicherheitskräfte seien ein "Bollwerk gegen Terroristen, Anarchisten und Vandalen". Er könne nicht seine Augen verschließen vor den "Ausschreitungen derjenigen, die in unseren Städten randalieren, öffentliches Eigentum beschädigen und den Leuten wehtun".

Erdogan dankt seinen Anhängern

Die Anhänger von Erdogans AKP, die zum Atatürk-Flughafen geströmt waren, bejubelten seine Rede. Sie skandierten Parolen wie "Wir würden für dich sterben, Erdogan!" oder "Lasst uns sie alle zerquetschen." Der Regierungschef lobte seine Anhänger in einer kurzen Ansprache für ihre Zurückhaltung in den Tagen des Protests: "Ihr seid ruhig geblieben, reif und habt Vernunft gezeigt."

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Empfang in Istanbul: Jubel für Erdogan

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Zur gleichen Zeit, als der Ministerpräsident sich feiern ließ, demonstrierten auf dem Taksim-Platz im Zentrum Istanbuls wieder zehntausend Menschen gegen Erdogan. Der Premier sieht sich seit mehr als einer Woche einer beispiellosen Protestwelle gegenüber. Die Demonstrationen hatten nach einer gewaltsamen Polizeiaktion gegen Umweltschützer begonnen, die ein Bauprojekt im Gezi-Park in Istanbul verhindern wollten.

Seitdem haben sich die Proteste auf die gesamte Türkei ausgeweitet und richten sich zunehmend gegen die Regierung Erdogan. Die Demonstranten werfen der Staatsführung einen autoritären Regierungsstil und Bemühungen zur Islamisierung der Gesellschaft vor.

Schon vor seiner Rückkehr von einer viertägigen Auslandsreise hatte der Premier klargemacht, dass er an dem umstrittenen Bauprojekt im Gezi-Park festhalten will. Zugleich beschuldigte er erneut Linksextremisten, hinter den Protesten zu stecken. "Unter den Demonstranten gibt es Extremisten, einige sind mit dem Terrorismus verbunden", sagte Erdogan. Auch sieben Ausländer seien bei den Protesten festgenommen worden, darunter ein Deutscher.

Innenminister Muammer Güler hatte am Donnerstagabend erklärt, bisher seien bei den Protesten landesweit 915 Menschen verletzt worden. Die türkische Zeitung "Zaman" spricht von bislang viertausend Verletzten und vier Toten, unter ihnen soll ein Polizist sein.

syd/dpa/AFP
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