EU-Plan Panzer sollen schneller durch Europa rollen

Schützenpanzer des Typs Marder
Foto: Armin Weigel/ dpaDie Russen, so lautete ein gängiger Witz im Kalten Krieg, können mit ihren Panzern gar nicht in Windeseile Deutschland überrollen: Spätestens am Kamener Kreuz stünden sie im Stau. Inzwischen würde der Witz eher andersherum funktionieren: Die Nato könnte ihre Ostgrenze gar nicht gegen die Russen verteidigen - weil ihre Panzer in der EU an Grenzkontrollen steckenbleiben oder von Brücken fallen würden.
Das zumindest war das Fazit eines geheimen Nato-Berichts, der zweifeln ließ, ob das Militärbündnis schnell genug auf einen russischen Überraschungsangriff auf das Baltikum reagieren könnte. Brücken könnten unter der Last schwerer Kampfpanzer zusammenbrechen, Unterführungen seien zu niedrig für schweres Gerät, hieß es. Zudem könnten bürokratische Hürden den schnellen Transport von Gefahrgütern erschweren.
Die EU-Kommission will das nun ändern. Laut einem am Mittwoch vorgestellten Aktionsplan soll so etwas wie ein militärischer Schengen-Raum entstehen, in dem sich Truppen, schweres Gerät und Munition schneller bewegen können. Dazu sollen zunächst Tunnel, Straßen, Brücken und Schienen bis 2019 auf ihre Belastbarkeit geprüft und nötigenfalls nachgebessert werden. Dafür will die EU-Kommission im künftigen Etat ab 2020 zusätzliches Geld lockermachen.
"Vollumfängliche Verteidigungsunion"
Außerdem will die Brüsseler Behörde Vorschriften, etwa für den Transport von Munition und anderem Gefahrengut zwischen EU-Ländern, angleichen. Aus ihrer Sicht bestehen dabei zwischen den einzelnen EU-Staaten zeitraubende regulatorische Unterschiede und Hindernisse.
Bei künftigen Infrastrukturvorhaben sollen zudem zivile und militärische Verwendungsmöglichkeiten bedacht werden. "Unser Ziel ist, unsere Transportwege besser zu nutzen und sicherzustellen, dass militärische Anforderungen bei der Planung von Infrastrukturprojekten berücksichtigt werden", sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc.
Die Hauptstädte müssten dem Plan noch zustimmen. Hintergrund ist das Ziel von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, bis 2025 eine "vollumfängliche Verteidigungsunion" aufzubauen.
Angst vor Russland im Baltikum und in Polen
Der Aktionsplan nennt Russland zwar nicht ausdrücklich als Bedrohung, doch Moskaus Politik der vergangenen Jahre spielt eine entscheidende Rolle. In Georgien hält Russland seit dem Krieg von 2008 Gebiete besetzt, 2014 besetzte das russische Militär die Krim, die inzwischen annektiert ist, und rückte in der Ostukraine ein.
Das hat in den östlichen Nato- und EU-Mitgliedsländern Estland, Lettland, Litauen und Polen Ängste vor einem Konflikt mit Russland geschürt. Die Nato hat daraufhin 4000 Soldaten in die östlichen Länder verlegt, darunter auch Bundeswehr-Truppen. Doch im Ernstfall könnte es zu lange dauern, bis Verstärkung aus Mittel- und Westeuropa eintrifft, wie es in dem Nato-Bericht hieß.
Der SPD-Europaabgeordnete Arne Lietz bezeichnete es als "richtig, dass die EU-Kommission mit ihrem Plan dazu beträgt, die Sicherheit europäischer Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten". Allerdings sollte die EU sich zugleich verstärkt um Abrüstung bemühen. "Das entspricht auch der Position der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament", so Lietz.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuletzt bereits ein "militärisches Schengen" gefordert. "Wenn man im Spannungs- oder Krisenfall schnell Truppenbewegungen über große Strecken innerhalb Europas unternehmen muss, dann muss das genau geplant sein und mit großer Geschwindigkeit und Effizienz vor sich gehen", sagte sie.
Im grenzkontrollfreien Schengenraum können Personen sich bereits uneingeschränkt bewegen. Im Baltikum gibt es eine solche grenzfreie Zone auch schon für militärische Zwecke.