Initiative von Wilders und Le Pen Europas Rechtspopulisten wollen Brüssel entmachten

Le Pen und Wilders: "Mit der EU in der Sklaverei gelandet"
Foto: Valerie Kuypers/ dpaEine "antifaschistische Gegenstimme" wollten sie erheben. Mit Töpfen und Megafonen standen sie vor dem Parlament in Den Haag, ein Bild wie bei Demonstrationen gegen einen Neonazi-Aufmarsch. Etwa 70 Menschen, eine kleine Gruppe.
Marine Le Pen und Geert Wilders müssen sie gehört haben, als sie am Mittwochnachmittag ins Pressezentrum des Den Haager Parlaments schritten. Am Nachmittag verkündeten sie die Gründung der "Europäischen Allianz für die Freiheit". Sie sprachen frei; Le Pen schien gutgelaunt, Wilders selbstbewusst. Sie hatten den Tag gemeinsam in Den Haag verbracht, nannten einander beim Vornamen.
Europas Rechtspopulisten rücken zusammen: Nach den Europawahlen im nächsten Jahr wollen sie zusammenarbeiten und eine gemeinsame Fraktion im Europäischen Parlament bilden. Dabei eint sie ein Ziel: gemeinsam gegen Europa. Die Anführer der Bewegung, der Niederländer Wilders und die Französin Le Pen, distanzieren sich zwar mit ihren Worten vom Rechtextremismus, kommen ihm aber gefährlich nahe.
"Die Befreiung vom Monster in Brüssel"
Für Wilders, der in den Niederlanden die Partei für die Freiheit (PVV) anführt, ist der Mittwoch "der Beginn der Befreiung vom Monster in Brüssel". Le Pen vom Front national in Frankreich sieht in diesem Tag "einen Wendepunkt". Gemeinsam mit anderen Parteien in mehreren europäischen Ländern wollen die beiden einen Machtblock bilden.
"Wir wollen zurück zur Demokratie", sagte Le Pen. Mit der EU sei man in einer Art "Sklaverei" gelandet. Länder müssten wieder selbst über ihr Geld, ihre Gesetze, ihre Grenzen bestimmen können. Sie forderte einen Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union, die Bürger sollten darüber entscheiden können. Geert Wilders' Partei lässt bereits untersuchen, was ein Austritt aus der EU die Niederlande kosten würde.
Wilders und Le Pen haben am Mittwoch schrille Töne angeschlagen und in Superlativen gesprochen, inhaltlich aber nicht viel Neues gesagt. Interessant aber ist die Atmosphäre, in der Wilders und Le Pen ihre "Allianz für die Freiheit" schmieden. Beide Parteien sind in ihren Heimatländern im Aufwind. Und vor allem Geert Wilders in den Niederlanden rückt offenbar immer stärker nach rechts.
Symphatisanten zeigen Hitler-Gruß
Bei einer seiner letzten Kundgebungen in Den Haag hoben Männer den Arm zum Hitler-Gruß. Transparente mit Aufschriften wie "Das eigene Volk zuerst" waren zu sehen .
Der Front national hat sich in Frankreich ohnehin noch nicht vom Image einer rechtextremen Partei befreit. Die Partei Vlaams Belang in Belgien, die auch der Wilders-Le-Pen-Allianz beitreten will, gilt als offen antisemitisch.
Bisher hat sich Wilders vom Rechtsextremismus und Antisemitismus distanziert, er bezeichnet sich sogar als Israel-Freund. Marine Le Pen sagt immer - auch am Mittwoch in Den Haag wieder -, sie habe nicht alles von ihrem Vater Jean-Marie Le Pen übernommen. Der inzwischen 85-Jährige hatte die Konzentrationslager der Nazis einst als Detail in der Geschichte bezeichnet und ist in den Augen vieler Kritiker ein Faschist oder zumindest ein Antisemit.
Dass Rechtsextremisten auf Wilders' Kundgebungen auftauchen und Marine Le Pen sagt, man müsse etwas gegen die offenen Grenzen tun, bringt die beiden nahe an den Rand zum Rechtextremismus.
Beide finden nichts dabei, mussten sich bei ihrem Auftritt am Mittwoch aber immer wieder verteidigen. Wilders sagt über die Zusammenarbeit mit dem Front national und zu dessen rechtsextremem Image: Marine Le Pen sei jetzt die Chefin der Partei, nicht mehr ihr Vater. "Mit ihr mache ich gerne Geschäfte." Le Pen sagt über Wilders' Islam-Kritik: "Selbst in einer Ehe muss man nicht zu 5000 Prozent einer Meinung sein."
Wilders und Le Pen werben nicht um rechtsextreme Wähler. Sie tolerieren mit ihrem Verhalten und ihren Aussagen aber offenbar, dass ihre "Europäische Allianz für die Freiheit" von ihnen getragen wird.
Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament wollen die Parteien eine Fraktion in Brüssel bilden. Welche anderen Gruppen außer der niederländischen PVV und dem französischen Front national noch mitmachen, soll sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Wilders war bereits zu Besuch bei Gleichgesinnten: In Schweden bei den rechtspopulistischen Schwedendemokraten, in Belgien bei der flämischen Abspaltungspartei Vlaams Belang und in Österreich bei FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Auch Repräsentanten der italienischen Lega Nord konnten sich über Wilders Charmeoffensive freuen. Nicht überall stieß er auf Begeisterung. Selbst einflussreiche EU-Skeptiker wie der Brite Nigel Farage von der United Kingdom Independence Party (Ukip) reagieren bisher zurückhaltend.
Welche Kandidaten die Allianz aufstellen will, ist noch nicht bekannt. Wilders sagt, man wolle damit ein "schweres Beben in Brüssel" verursachen.