Lampedusa-Tragödie EU hilft Italien mit 30 Millionen Euro
Brüssel/Rom - Noch immer sind längst nicht alle Opfer des Bootsunglücks vor Lampedusa identifiziert. Trotzdem wird bereits heftig über die nötigen politischen und finanziellen Folgen des Flüchtlingsdramas mit mehr als 300 Toten diskutiert. Nun wurde bekannt, dass die EU Italien mit 30 Millionen Euro unter die Arme greift. Dies gab EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch bei einem Besuch auf der Mittelmeerinsel bekannt.
Barroso und die Vertreter der italienischen Regierung waren bei ihrer Ankunft von aufgebrachten Anwohnern mit Pfiffen und Schmäh-Rufen empfangen worden. Die Demonstranten skandierten "Schande!" und "Mörder!" und schwenkten Fotos von Flüchtlingen, als die Politiker am Flughafen eintrafen. Begleitet wurden Letta und Barroso von Italiens Innenminister Angelino Alfano und EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström.
Barroso kündigte an, die EU werde Italien zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, um den Andrang von Flüchtlingen zu bewältigen. "Wir wissen aber, dass noch viel mehr getan werden muss", fügte Barroso hinzu. Die EU dürfe vor solchen Flüchtlingsdramen nicht die Augen verschließen und zulassen, dass Tausende Menschen an ihren Grenzen ums Leben kommen. "Der Notstand Lampedusas ist ein europäischer, Europa kann sich da nicht abwenden", so Barroso.

Barroso auf Lampedusa: Proteste gegen den Kommissionschef
Der Kommissionspräsident zeigte sich bestürzt über das Ausmaß der Tragödie. "Ich werde den Anblick dieser Särge niemals vergessen", sagte er. Auch Letta sprach von einem "europäischen Drama". Es handele sich um die schlimmste menschliche Tragödie im Mittelmeer. Für die Verstorbenen werde ein Staatsbegräbnis organisiert. Die Opfer hätten ein Recht auf ein solches Begräbnis, sagte Letta.
Frontex erhöht Budget für Mission im Mittelmeer
Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex stellt zusätzliche Mittel für Italien bereit, um die Mission "Hermes" im Mittelmeer bis November zu verlängern. Zwei Millionen Euro würden dafür umgeschichtet, sagte der Vize-Direktor von Frontex, Gill Arias, der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Diese Entscheidung sei schon vor dem jüngsten Unglück und nicht auf Druck der Politik getroffen worden. Frontex unterstützt im Rahmen der Mission die italienischen Behörden bei der Bewältigung des Flüchtlingsandrangs aus Nordafrika.
Vor Lampedusa war am vergangenen Donnerstag ein Schiff mit Hunderten Flüchtlingen gekentert, von denen bisher rund 300 tot geborgen wurden. Die Taucher setzten ihre Suche nach weiteren Opfern am Mittwoch fort. Nur 155 Bootsinsassen konnten gerettet werden, die Zahl der Todesopfer wird auf bis zu 390 geschätzt.
Friedrich verteidigt sich gegen Kritik
Auch in Deutschland läuft seit dem Unglück von Lampedusa eine Flüchtlingsdebatte - bei der vor allem Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) immer wieder in die Kritik gerät. Dieser hatte unter anderem die EU-Kommission aufgefordert, gegen Sozialhilfe-Missbrauch durch Migranten in Europa vorzugehen. Viele deutsche Großstädte hätten ein Problem mit der Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Linken-Chef Bernd Riexinger bezeichnete ihn deshalb sogar als "Hassprediger", der ein Klima erzeuge, "das braune Banden ermutigt".
Friedrichs Ministerium wies die Kritik nun zurück. Der Minister habe niemanden "an der Pranger gestellt", so ein Sprecher. Zugleich erneuerte er die Vorwürfe gegen jenen Teil der Einwanderer, die aus "missbräuchlichen Gründen" nach Deutschland kämen. Genaue Zahlen zu diesem Anteil konnte der Sprecher nicht nennen.