Europawahlkampf Merkel gegen Schulz

Gerangel hinter den Kulissen: Kanzlerin Merkel sieht den Machthunger von SPD-Mann Martin Schulz skeptisch.
Foto: FRANCOIS LENOIR/ REUTERSBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) möchte mit aller Macht verhindern, dass der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Martin Schulz, sein eigentlich überparteiliches Amt als EU-Parlamentspräsident für parteipolitische Zwecke missbrauchen kann.
Die Kanzlerin intervenierte nach Informationen aus CDU-Kreisen persönlich, um den Ablauf einer geplanten Sitzung im Brüsseler Parlament am 27. Mai, also zwei Tage nach der Europawahl, zu ändern.
Schulz hat für den Tag ein Treffen der amtierenden Fraktionsvorsitzenden einberufen, um die Ergebnisse der Europawahl zu sondieren. Schließlich müssen sich die Abgeordneten und Europas Staats- und Regierungschefs auf den nächsten Präsidenten der EU-Kommission verständigen. Die Frage ist, ob wirklich einer der Spitzenkandidaten der europäischen Parteien, darunter Sozialdemokrat Schulz, das einflussreiche Amt bekommt. Dessen Besetzung soll "im Lichte" des Parlamentswahlergebnisses erfolgen. Doch was das bedeutet, kann mangels Präzedenzfall bislang niemand völlig schlüssig erklären.
Schulz wollte der exklusiven Runde in seiner aktuellen Funktion als EU-Parlamentspräsident vorstehen - und danach auch den Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, über den Inhalt des Treffens informieren, bevor der Rat seine Konsultationen aufnimmt.
Gerangel hinter den Kulissen
Dagegen wehrt sich nun Merkel. Sie hat dem Fraktionsvorsitzenden der konservativ-christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament, Joseph Daul, unmissverständlich klargemacht, eine solche Lösung sei inakzeptabel. Statt Schulz soll nach dem Willen der Kanzlerin nun Daul als Vertreter der bislang größten Fraktion im EU-Parlament das Treffen leiten.
Das Gerangel hinter den Kulissen spiegelt das Unbehagen wider, das Konservative angesichts der Doppelrolle von Schulz als Parlamentspräsident und Wahlkämpfer hegen. Vor wenigen Wochen hatte es schon einmal Vorwürfe gegen Schulz gegeben. Da ging es um die Handhabung seines Twitter-Kontos und angebliche Gefälligkeiten für Mitarbeiter.
Die jüngste Auseinandersetzung zwischen Konservativen und Sozialdemokraten passt aber auch zum schärfer werdenden Ton im Europawahlkampf. An diesem Wochenende eskalierte ein Streit zwischen der SPD und dem CSU-Spitzenkandidaten für Brüssel, Markus Ferber. In den mischte sich am Sonntag sogar Sigmar Gabriel ein. Der SPD-Chef warf dem Koalitionspartner vor, dem Rechtspopulismus das Wort zu reden. Er sei "absolut entsetzt" über Ferbers Aussage, in Schulz hätten Schlepperbanden an Europas Grenzen einen Geschäftsführer gefunden, sagte Gabriel am Sonntag bei einer Veranstaltung des Magazins "Cicero" in Berlin. "Wenn man mit Flüchtlingspolitik so umgeht, wie das die Anti-Europäer und die Rechtspopulisten tun, dann muss man sich nicht wundern, wenn deren Sprüche hoffähig werden."
"Es gibt ein paar Sachen, die dürfen nicht passieren", kritisierte Gabriel in dem "Cicero"-Gespräch. Dazu gehöre auch, dass die CSU Schulz vorgeworfen habe, sich nicht deutsch zu verhalten. "Dann kriegen Sozialdemokraten eine Gänsehaut. Das ist ungefähr das, was man Willy Brandt in den sechziger und siebziger Jahren vorgehalten hat."