Flucht nach Europa EU-Ratspräsident Tusk fordert Sicherung der Außengrenzen

Donald Tusk hat die Mitgliedsländer zur Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise aufgefordert. Die Außengrenzen müssten geschützt werden, sagte der EU-Ratspräsident - sonst entstehe ein "Nährboden der Angst".
EU-Ratspräsident Tusk: "Ein Europa ohne Außengrenzen wird zu einem Nährboden der Angst"

EU-Ratspräsident Tusk: "Ein Europa ohne Außengrenzen wird zu einem Nährboden der Angst"

Foto: FREDERICK FLORIN/ AFP

Angesichts der Flüchtlingskrise hat Ratspräsident Donald Tusk die Kontrolle der Außengrenzen der EU zur wichtigsten Priorität erklärt. Dies sei Voraussetzung für eine humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen und eine sichere Migrationspolitik, sagte Tusk bei seiner Rede vor dem Europaparlament in Straßburg. Ohne Grenzkontrollen drohten radikale und populistische Kräfte zu erstarken, mahnte er: "Ein Europa ohne Außengrenzen wird zu einem Nährboden der Angst."

Auch bei dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten François Hollande in Straßburg werde das Thema besprochen.

Dafür forderte Tusk die Mitgliedsländer auf, gemeinsam vorzugehen. Die EU stehe vor einer großen Herausforderung, sagte er. Interne Streitigkeiten müssten bis zum EU-Gipfel, der für Mitte Oktober geplant ist, überwunden werden. "Nationale Interessen" sollten zurückgestellt und vereinbarte Regeln eingehalten werden, forderte Tusk. "Wer dies nicht tut, unterminiert unsere Werte." Die Worte richtete der Pole an die Adresse Ungarns und dreier anderer osteuropäischer Länder, die sich an der von den EU-Innenministern beschlossenen Umverteilung von insgesamt 160.000 Flüchtlingen nicht beteiligen wollen.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach vor dem Parlament: Er wolle die Kriterien des Stabilitätspakts für die Eurozone überprüfen, kündigte er an. Die Frage sei, ob die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen in den Stabilitätspakt einbezogen werden sollen oder nicht, so der Luxemburger Christdemokrat. Die Kommission werde prüfen, ob gewisse Länder von einer "undifferenzierten Anwendung" der Stabilitätsregeln freigestellt werden können.

Der Stabilität- und Wachstumspakt sieht unter anderem eine Begrenzung der Haushaltsdefizite vor. Österreich hat bereits gefordert, die Kosten der Flüchtlingskrise bei der Berechnung zu berücksichtigen.

Türkei fürchtet erneuten Exodus

Eine Lösung in der Flüchtlingsfrage drängt: Die Türkei rechnet derzeit mit einer weiteren Million Flüchtlinge aus Syrien. Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus sagte laut einem Bericht der Zeitung "Hürriyet Daily News", das militärische Gleichgewicht könne sich in dicht besiedelten Regionen Syriens verändern. Als Grund dafür nannte er die russischen Luftangriffe in Syrien.

Sollten die syrischen Regierungstruppen durch die russische Hilfe den Druck auf gemäßigte Rebellen verstärken können, werde dies einen neuen Exodus auslösen, so Kurtulmus. Der Vize-Ministerpräsident betonte, der Westen Syriens sei der am dichtesten besiedelte Teil des Landes. Wenn sich das derzeit bestehende militärische Gleichgewicht dort verändere, führe das "zu einem Zustrom von mehreren Hunderttausend, vielleicht von mehr als einer Million" Menschen in die Türkei. Das syrische Nachbarland hat bisher rund zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Viele von ihnen reisen weiter nach Deutschland und andere westeuropäische Länder.

vek/dpa/AFP
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