Prognosen in EU-Ländern: Extreme Parteien legen bei Europawahl deutlich zu
Foto: Matthew Lloyd/ Getty ImagesBrüssel - "Die Ukip wird diese Wahl gewinnen, und ja, das wird ein Erdbeben sein." Rechtspopulist Nigel Farage hat den Sieg seiner europafeindlichen Partei Ukip bei den Europawahlen in Großbritannien verkündet. Vorläufigen Ergebnissen zufolge bekam sie rund 29,5 Prozent der Stimmen, bei der Europawahl 2009 waren es noch 16,5 Prozent gewesen.
Damit würde Ukip die regierenden Konservativen von Premier David Cameron und die oppositionelle Labour-Partei hinter sich lassen. Farage war mit seiner Kampfansage, Großbritannien aus der EU führen zu wollen, in den Wahlkampf gezogen.
In Frankreich hat der rechtsextreme Front National (FN) um Marine Le Pen einen deutlichen Sieg gefeiert. Außenminister Laurent Fabius sprach angesichts des vorläufigen Ergebnisses von 26 Prozent der Wählerstimmen für den FN (2009: 6,3 Prozent) ebenfalls von einem "Erdbeben". Das dürfte sich den Prognosen zufolge über weitere EU-Länder ausdehnen: Rechtsorientierte und populistische Parteien kamen Hochrechnungen zufolge auf insgesamt rund 18 Prozent.
Europas Extreme profitierten vom Frust über die EU-Bürokratie und einer schlechten Wirtschaftslage mit hoher Arbeitslosigkeit. Harte Sparprogramme der Regierungen nach der Finanzkrise und Ängste vor mehr Zuwanderung stärkten nationale Kräfte. In Dänemark könnte das nun die regierenden Sozialdemokraten in Bedrängnis bringen. Dort wurde die rechtspopulistische Dänische Volkspartei ("Dansk Folkeparti") zur stärksten Kraft gewählt.
Stimmungsmache gegen Zuwanderung
Deutlich zugelegt hat auch die rechtspopulistische FPÖ in Österreich, die sich im Wahlkampf gegen Zuwanderung und gegen Hilfen für kriselnde Euro-Staaten ausgesprochen hatte. Sie kam laut Hochrechnungen auf knapp 20 Prozent der Stimmen - sieben Prozentpunkte mehr als 2009. In Finnland hat die rechtspopulistische Partei Wahre Finnen den Hochrechnungen zufolge 12,8 Prozent der Stimmen bekommen. Stärkste Kraft blieb dort aber die zu den europäischen Konservativen gehörende Nationale Koalitionspartei.
In Griechenland haben sich hingegen die radikalen Linken durchgesetzt. Das Brüssel-feindliche oppositionelle Bündnis (Syriza) ist den Prognosen zufolge stärkste Kraft geworden. Syriza hatte im Wahlkampf Front gegen den rigiden Sparkurs der Regierung gemacht, der Athen unter anderem von der EU im Gegenzug zu Finanzhilfen verordnet worden war. Drittstärkste Kraft könnte zudem die rechtsradikale und rassistische Goldene Morgenröte werden.
Auch in Deutschland feierten sich die Populisten: Die eurokritische AfD schafft es bei ihrer ersten Europawahl gleich auf 6,8 bis 7,0 Prozent. Für die rechtsextreme NPD, die etwa ein Prozent bekommt, zieht Ex-Parteichef Udo Voigt als einziger Abgeordneter ins Europaparlament ein.
Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl hat ersten Schätzungen zufolge EU-weit bei 43,11 Prozent gelegen. Insgesamt waren fast 400 Millionen Menschen seit Donnerstag zur Wahl der 751 EU-Abgeordneten aufgerufen.
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Einen Schock gab es in Frankreich: Der rechtsextreme Front National (FN) ist bei der Europawahl zur stärksten Kraft des Landes geworden. Mit rund 25 Prozent lag die europa-und ausländerfeindliche Partei mit ihrer Frontfrau Marine Le Pen zehn Prozentpunkte vor den regierenden Sozialisten.
Bei der Europawahl haben Kritiker und Gegner der EU in einigen Ländern teils starke Zugewinne erzielt. In Großbritannien schnitt die rechtspopulistische Unabhängigkeitspartei UKIP von Nigel Farage am stärksten ab. Sie strebt einen Austritt des Landes aus der EU an.
Ukip-Chef Farage fordert einen sofortigen EU-Austritt Großbritanniens. Seine Partei kann mit rund 28 Prozent der Stimmen rechnen. "Die Volksarmee der Ukip hat heute Nacht gesprochen und das wohl erstaunlichste Ergebnis geliefert, das wir in den vergangenen 100 Jahren gesehen haben."
Das Wahlergebnis sei "die erste Etappe des langen Marsches" der Rückkehr zur französischen Souveränität, sagte Le Pen im Anschluss. Als Konsequenz aus dem Wahlergebnis forderte sie die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen.
Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) mit Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker ist aus der Europawahl in 28 Ländern als stärkste Kraft hervorgegangen. Ihr Vorsprung auf die Sozialdemokraten schrumpfte allerdings.
In Österreich kam die rechte FPÖ auf kanpp 20 Prozent, ein Plus von sieben Prozentpunkten. Parteichef Strache profitierte Analysen zufolge von der Rückkehr von Protestwählern.
Griechen verfolgen in Athen die ersten Prognosen im TV: Dort ist die oppositionelle radikale Linke (Syriza) mit 26,4 Prozent stärkste Kraft geworden. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete mit 23,2 Prozent auf Platz zwei. Drittstärkste Kraft wurde die rechtsradikale und rassistische Goldene Morgenröte mit 9,3 Prozent.
Wahl in Italien: Beppe Grillo von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung an der Wahlurne. Seine Partei errang mit bis zu 28 Prozent Platz zwei vor den Sozialdemokraten von Ministerpräsident Renzi.
Dänemarks Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt: Ihre Sozialdemokraten holten nur das zweitbeste Ergebnis. Stärkste Kraft wurde die rechtspopulistische Dänische Volkspartei. Laut Prognose kam die Partei auf rund 23 Prozent.
Die rechtspopulistische finnische Partei Die Finnen konnte ihr Ergebnis auf 12,8 Prozent verbessern. Parteichef Timo Soini (l.) schickt nun wohl zwei Abgeordnete nach Straßburg. Am besten schnitt in Finnland die konservative Nationale Koalitionspartei ab.
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