Populisten vor der Wahl Frankreichs Rechte sammelt Truppen gegen Europa

Marine Le Pen in Metz: "Die einzige Liste, die Macron schlagen kann, sind wir."
Foto: JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN/ AFPGenau zwei Jahre ist es an diesem Dienstag her, dass Emmanuel Macron die französischen Präsidentschaftswahlen gegen die Rechtsextremistin Marine Le Pen gewann. Doch zu feiern gibt es im Élysée-Palast deshalb nichts. Denn nun steht die Europawahl an. Gleich zwei aktuelle repräsentative Umfragen sehen die Le-Pen-Partei "Rassemblement National" (RN) vor Macrons "La République En Marche"(LREM) als Siegerin der Europawahlen in Frankreich. Dabei hatte LREM in den gleichen Umfragen lange Zeit vor dem RN gelegen.
Le Pen tourte in diesen Tagen durch Europa - und zeigte ein Selbstbewusstsein, das die meisten Beobachter nach ihrer bitteren Niederlage gegen Macron schon verloren glaubten. "Wenn Herr Orbán zu uns kommt, umso besser", sagte sie am Sonntag vor Anhängern von Vlaams Belang, einer verbündeten Partei flämischer Rechtsextremisten in Brüssel.
Sie spielte damit auf ein Treffen zwischen Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini in der vergangenen Woche an. Salvini, Chef der italienischen Rechten, ist in Brüssel bereits ihr Verbündeter. Orbán noch nicht.

Marine Le Pen, Tom Van Grieken: "Wenn Herr Orbán zu uns kommt, umso besser"
Foto: Emmanuel Dunand / AFPAber Le Pen spricht nun bei jedem Auftritt über "die sehr große Gruppe" im Europaparlament, für die sie in Zukunft nicht nur Orbán, sondern auch die polnische Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) und die neue Brexit-Partei von Nigel Farage in Großbritannien gewinnen will.
Orbán, die PiS und Farage - alle haben sich in der Vergangenheit schon mal heftig mit Le Pen überworfen. Aber könnten nicht die Wahlen am 26. Mai alles ändern? Zumal wenn Le Pen dann als Bezwingerin des von ihnen verhassten Pro-Europäers Macron gelten kann?
Alle fabulieren vom "großen Austausch"
Schon entfaltet der Europa-Wahlkampf in Frankreich seine ganz eigene Dynamik. "Die einzige Liste, die Macron schlagen kann, sind wir", sagt Le Pen immer wieder. Damit deutet sie schon an, dass sie nicht die einzige Anti-Macron-Wahlkämpferin ist. Denn alle politischen Gegner des Präsidenten wollen ihn auf jenem Terrain schlagen, wo er bei seiner Wahl vor zwei Jahren am meisten überzeugte: Macron vor dem Louvre zur Europa-Hymne von Beethoven, der junge Präsident vor wehenden Europa-Fahnen - das sind die Bilder, die nicht nur Le Pen in diesem Wahlkampf vergessen machen will.

Emmanuel Macron vor Europaflaggen (Archivbild)
Foto: Thierry Roge/DPAIhr folgen viele kleine Parteien, eine ganze Legion von Rechtsextremisten. Erst vergangenen Freitag meldete Frankreichs Vordenker des Rechtsextremismus, der Schriftsteller und Philosoph Renaud Camus, eine eigene Liste unter den Namen "Klare Linie" für die Europawahlen an. Camus hatte bei den letzten Wahlen noch Le Pen unterstützt. Er prägte im Jahr 2010 den Begriff vom "großen Austausch", eine heute unter Rechtsextremisten weit verbreitete Chiffre für das angebliche Aussterben weißer Europäer.
Immer mehr rechte Gruppen profilieren sich
So hatte der des 50-fachen Mordes in Christchurch angeklagte Attentäter in einem Schreiben vom "großen Austausch" fabuliert. Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache nahm den Camus-Begriff im Europa-Wahlkampf auf: "Das ist ein Begriff der Realität. Wir wollen nicht zur Minderheit im eigenen Land werden", sagte er kürzlich der "Kronen Zeitung". Ähnlich wie am Sonntag die Vorrednerin Le Pens in Brüssel: "Eine Koalition aus Sozialisten, Ökologen und Salafisten preist in Brüssel den großen Austausch", sagte Dominique Lootens von Vlaas Belang.

Renaud Camus: "Ich träume von einer Koalition der Gegner des großen Austausches"
Foto: FRANCOIS NASCIMBENI/ AFPNicht nur Camus positioniert sich radikal rechts von Le Pen. Ebenso ihr ehemaliger Parteigenosse Florian Philippot, lange die Nummer zwei des RN hinter Le Pen, der bei dieser Wahl mit seiner neuen Partei "Die Patrioten" für den Frexit wirbt. Oder Le Pens Koalitionspartner bei den Präsidentschaftswahlen, Nicolas Dupont-Aignan, der mit seiner Partei "Debout la France" (Aufrechtes Frankreich) erneut eigene Wege geht.
Alle aber sind sich mit Le Pen in einem Punkt einig: Sie wollen Macrons "Europa-Sieg" von vor zwei Jahren wettmachen. "Ich träume von einer Koalition der Gegner des großen Austausches", sagt Camus. Es ist ein ähnlicher Traum, wie ihn Le Pen von ihrer "ganz großen Gruppe" in Brüssel träumt.
Mit einem Sieg gegen Macron am 26. Mai käme er ein Stück näher.