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Burak Karan: Vom Fußballer zum Dschihadisten

Toter Islamist Burak Karan Vom deutschen Nationalspieler zum Dschihadisten

Burak Karan stand vor einer Karriere im deutschen Profifußball. Doch statt in die Bundesliga zog er in den Dschihad; deutsche Behörden hatten ihn jahrelang im Fokus. Nun ist der ehemalige Jugendnationalspieler im syrischen Bürgerkrieg ums Leben gekommen.

Hamburg - Das erste Leben des Burak Karan endete am 29. März 2008. An diesem Tag stand er zum letzten Mal für die zweite Mannschaft von Alemannia Aachen auf dem Fußballplatz - unter anderem an der Seite von Lewis Holtby, der heute bei Tottenham Hotspur in der britischen Premier League spielt und inzwischen drei Mal für die deutsche Nationalmannschaft auflief. Im Oberligaspiel gegen den SV Bergisch Gladbach wurde Karan zwei Minuten vor Schluss eingewechselt. Wenige Wochen später beendete er seine Karriere - mit gerade einmal 20 Jahren.

Bis dahin galt der gebürtige Wuppertaler als hoffnungsvolles Talent. Der defensive Mittelfeldspieler absolvierte insgesamt sieben Spiele für die U-16- und U-17-Nationalteams. Seine Mannschaftskameraden von einst - unter anderem Sami Khedira, Dennis Aogo und Kevin-Prince Boateng - sind Stars geworden. Als Alemannia Aachen Karan im Januar 2008 von Hannover 96 kaufte, lobte ihn sein neuer Trainer Thomas Hengen mit den Worten: "Er hat ein gutes Auge, verfügt über ein gutes Passspiel und ist zweikampfstark, was man für diese Position braucht." Nicht einmal ein halbes Jahr später beendete das Talent seine Karriere aus unbekannten Gründen.

Fünf Jahre später ist Karan erneut in den Schlagzeilen. Anfang Oktober kam er nahe der nordsyrischen Stadt Asas ums Leben, offenbar wurde er Opfer eines Bombenangriffs. Sein Bruder Mustafa sagte der "Bild"-Zeitung, Burak Karan sei gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Söhnen vor sieben Monaten ins türkisch-syrische Grenzgebiet gereist, um Hilfsgüter zu verteilen. Mustafa Karan bestreitet, dass sein Bruder an der Seite von Dschihadisten in Syrien gekämpft habe. "Wenn er sich bewaffnet hat, dann um die Transporte zu schützen. Sollte er mit Steinen werfen? Mir hat er stets gesagt, er will nicht kämpfen", sagte Mustafa der "Bild"-Zeitung.

Ein Video, das von einer unbekannten Islamistengruppe am 22. Oktober bei YouTube hochgeladen wurde, vermittelt jedoch einen anderen Eindruck. Karan posiert dort mit einem Sturmgewehr und wird unter seinem Aliasnamen Abu Abdullah al-Turki als Kämpfer gepriesen, der "wie ein Löwe in das Gebiet der Kuffar gestürmt ist (PKK, Möge Allah sie allesamt vernichten) und Freude daran hatte, sie zu bekämpfen."

Enger Kontakt zu bekannten Salafisten

Sein früherer Mitspieler Kevin-Prince Boateng zeigte sich bestürzt über Karans Tod: "R.I.P mein Bruder Burak.K!! Ich werde unsere Zeit niemals vergessen,du warst ein wahrer Freund!!", twitterte der Mittelfeldmotor  von Schalke 04. Boateng schrieb, dass Karan und er in der Jugend eng befreundet gewesen seien. Was danach passiert sei, wisse er nicht.

Karans Familie macht den Wuppertaler Salafisten Emrah E. für die Radikalisierung des Fußballers verantwortlich, mit dem er seit Jahren in Kontakt gestanden haben soll. Nach Erkenntnissen der Behörden soll Karan im April 2010 versucht haben, gemeinsam mit Emrah E. und dessen Bruder Bünyamin nach Afghanistan zu reisen. Anders als die Brüder E. schaffte Karan es nicht an den Hindukusch.

Bünyamin E. wurde im Oktober 2010 bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan getötet, sein Bruder Emrah muss sich seit Juni vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Mitglied von al-Qaida in Pakistan und der al-Schabab in Somalia gewesen zu sein. Zwischen Mai 2010 und Januar 2011 soll er sich im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet aufgehalten haben. Ab Februar 2011 soll er sich der Schabab-Miliz in Somalia angeschlossen haben. im Juni 2012 wurde E. in Tansania festgenommen und kurz darauf nach Deutschland ausgeliefert.

Die Bundesanwaltschaft leitete auch gegen Karan ein Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung ein. Es gab jedoch nie mehr als einen Anfangsverdacht gegen den jungen Mann.

Seit 2010 ermittelte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen Karan - wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Im selben Jahr ordnete das Amtsgericht Düsseldorf an, seine Telefonanschlüsse zu überwachen.

2011 soll Karan in Solingen Kontakt zu dem österreichisch-ägyptischen Islamisten Mohamed Mahmoud aufgenommen haben. Der Salafist wirkte dort als Imam der Millatu-Ibrahim-Moschee und war Anführer der gleichnamigen islamistischen Gruppierung. Im Mai 2012 wurde die Organisation "wegen Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung" verboten. Kurz darauf erfolgte eine breit angelegte Razzia gegen das Netzwerk.

Mahmoud hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits nach Ägypten abgesetzt. Inzwischen sitzt er in türkischer Haft; offenbar wollte er auf der Seite der Dschihadisten im syrischen Bürgerkrieg kämpfen. Dort, wo sein Schützling Karan vor wenigen Wochen getötet wurde.

syd/jdl
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