Parteispenden-Affäre Ex-Präsident Sarkozy tritt zum Verhör an

Polizeischutz vor Tribunal-Gebäude in Bordeaux: Befragung könnte bis zum Abend dauern
Foto: Guillaume Horcajuelo/ dpaParis/Bordeaux - Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ist am Donnerstag in der Korruptions- und Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt erstmals von einem Untersuchungsrichter vernommen worden. Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und begleitet von einem großen Medienrummel traf der 57-Jährige im Justizpalast ein.
Sarkozy droht die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen unter anderem dem Verdacht nach, der Ex-Staatschef könnte seinen erfolgreichen Wahlkampf 2007 illegal finanziert haben.
Der ehemalige Präsident bestreitet alle Vorwürfe. Sarkozy konnte bis vor kurzem nicht befragt werden, weil er als Staatschef bis Mitte Juni noch Immunität genoss. Die Befragung könnte bis zum späten Abend dauern, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.
Demente L'Oréal-Milliardärin ausgenutzt?
Unklar ist, ob der im Mai abgewählte Präsident als Zeuge mit Rechtsbeistand oder als Beschuldigter angehört wird. Nach Angaben aus seinem Umfeld ging Sarkozy zuversichtlich in das Verhör in Bordeaux, er sei sich sicher, dass er "unangreifbar" sei. Sarkozy ist nach Jacques Chirac erst der zweite Präsident Frankreichs, der seit 1958 von einem Untersuchungsrichter vorgeladen wurde.
Die Ermittler aus Bordeaux hatten bereits Anfang Juli Sarkozys Wohnung und Büros durchsuchen lassen. Sie überprüfen seit Monaten die dubiosen Finanzströme im Imperium der 90-jährigen L'Oréal-Milliardärin Bettencourt. Diese leidet seit 2006 an fortschreitender Demenz und ist im Oktober 2011 deshalb entmündigt worden.
Gegen Sarkozy könnte ein Ermittlungsverfahren wegen "Ausnutzung der Schwäche" der reichsten Frau Frankreichs eröffnet werden. Es besteht der Verdacht, dass Vertraute Bettencourts das Geld der greisen Milliardärin ohne deren klares Einverständnis verwalteten und ausgaben.
Konkret geht es um den Vorwurf, dass Bettencourt Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2007 mit illegalen Spenden unterstützt haben soll. Geprüft werden entsprechende Zeugenaussagen sowie unter anderem zwei Barabhebungen von Bettencourts Konten in Höhe von je 400.000 Euro im Februar und April 2007.
Der einstige Vermögensverwalter von Bettencourt soll auch Ende 2008, als Sarkozy schon Staatschef war, zweimal je eine Million Euro in bar von Schweizer Konten der Milliardärin abgehoben haben. Alle Abhebungen sollen in zeitlicher Nähe zu Treffen mit Sarkozy-Vertrauten oder sogar Sarkozy selbst erfolgt sein.
Hoffnung auf Sarkozy-Comeback
In der Finanzaffäre Bettencourt laufen bereits 15 Ermittlungsverfahren in Bordeaux. Dabei geht es auch um schweren Betrug und Vorteilsnahme. Zu den Beschuldigten zählt auch der frühere Schatzmeister der konservativen Partei UMP von Sarkozy, Eric Woerth. Er musste im Zuge der Affäre als Arbeitsminister zurücktreten.
Das Verhör des Ex-Präsidenten kommt zu einem Zeitpunkt, an dem viele Anhänger der UMP auf ein Comeback Sarkozys hoffen. Die Konservativen sind tief zerstritten, der Machtkampf um den Parteivorsitz der UMP wird immer erbitterter ausgefochten. Der bisherige Generalsekretär Jean-François Copé und Ex-Regierungschef François Fillon beanspruchen den Führungsposten beide für sich: Copé wurde mit einem hauchdünnen Vorsprung von der Wahlkommission zum Sieger der Urwahl erklärt. Fillon machte aber am Mittwoch überraschend Unregelmäßigkeiten geltend - Ergebnisse dreier Überseewahlkreise seien nicht mitgezählt worden. Er sei der Gewinner.
Aber auch Copé macht nun Unregelmäßigkeiten geltend. Die Schiedsstelle der UMP soll nun entscheiden - eine Hängepartei für die Konservativen. Bereits am Montag hatte der frühere Außenminister Alain Juppé vor einer Spaltung seiner Partei gewarnt und die Zukunft der UMP in Gefahr gesehen.
Von der Krise der UMP profitieren derzeit die anderen Parteien: Die rechtsextreme Front National habe allein am Montag 500 Neuanmeldungen im Internet verzeichnet, sagte Vize-Parteichef Florian Philippot. Die Zentrumspartei UDI sprach von mehr als tausend neuen Mitgliedern, die allein in der Nacht zu Donnerstag eingetreten seien.