Ex-Präsidentschaftsbewerber Edwards Absturz eines Saubermanns

Ex-Präsidentschaftsbewerber Edwards: Komplexes Lügengebäude
Foto: JOHN ADKISSON/ REUTERSAlles glänzte. John Edwards gab den perfekten Kandidaten. Politik für die kleinen Leute wollte er machen, das arme und das reiche Amerika versöhnen. Und natürlich, die Familie war ihm besonders wichtig, stets trat er mit seiner krebskranken Frau Elizabeth auf. Die Botschaft: Zusammenhalt, Ehrlichkeit - und Treue. Das Privatleben von Kandidaten sage "etwas darüber aus, was für eine Art Mensch sie sind" und "was für eine Art Präsident sie wären". Seit 30 Jahren liebe er seine Frau.
Das klang hübsch. War aber alles gelogen.
Denn John Edwards, Vater dreier Kinder und demokratischer Präsidentschaftsbewerber des Jahres 2008, betrog Elizabeth während des Wahlkampfs über Monate. Und nicht nur das. Er schwängerte seine Geliebte, Rielle Hunter, die als Video-Filmerin teil seines Teams war. Andrew Young, einer von Edwards' Gehilfen, bekannte sich zur Vaterschaft, um den Kandidaten aus der Schusslinie zu nehmen.
Immer komplexer wurde das Lügengebäude, Edwards' Berater waren alarmiert. Sie ahnten, was da kommen würde. Erste Gerüchte über eine Affäre dementierte der Präsidentschaftsbewerber scharf: "Die Story ist falsch, sie ist völlig unwahr, sie ist lächerlich."

Monate nach seinem Scheitern in den demokratischen Vorwahlen, im August 2008, gestand er die Affäre ein; zu seinem Kind bekannte er sich erst zwei Jahre später. Politisch ist der Mann seitdem erledigt. Doch jetzt könnte es noch schlimmer kommen: Edwards drohen bis zu 30 Jahre Gefängnis.
Es ist nicht die Untreue, die in den USA unter Strafe steht, sondern ein möglicher Verstoß gegen die Regeln der Wahlkampffinanzierung. Denn der heute 58-Jährige soll insgesamt fast eine Million Dollar von zwei Gönnern erhalten haben, um die Affäre mit Hunter zu verschleiern. Das würde die damals erlaubte Maximal-Spende von 2300 Dollar pro Person weit übertreffen.
Privatjets, Einkaufstrips, Luxushotels
Man finanzierte der Geliebten Flüge in Privatjets, Einkaufstrips nach Los Angeles, Übernachtungen in Luxushotels oder die Miete eines Hauses im kalifornischen Santa Barbara. "Edwards wusste, die öffentliche Enthüllung der Affäre und der Schwangerschaft seiner Geliebten würde seine Kandidatur unter anderem dadurch zerstören, dass sie das von ihm vermittelte Bild als Familienmensch in Frage gestellt hätte", heißt es in der Anklageschrift. Der Fall wird in Greensboro, North Carolina, verhandelt; die Jury steht bereits kurz vor Urteilsverkündung.
Edwards' Argumentation: Es handele sich nicht um Wahlkampfspenden, sondern um Geschenke von Freunden. Und dagegen wäre rechtlich wohl kaum etwas einzuwenden. 725.000 Dollar kamen von Rachel Mellon, einer reichen Erbin. Den Rest steuerten Fred und Lisa Blue Baron bei, enge Freunde der Familie Edwards - wohlgemerkt auch Freunde der Ehefrau.
Unklar ist, in welche Richtung die Entscheidung der Geschworenen gehen könnte. Bereits seit vergangenem Freitag laufen die Beratungen - dies könnte auf Uneinigkeit innerhalb dieses Gremiums hindeuten. Rechtsexperten rechnen im Falle einer Verurteilung nicht mit der Ausschöpfung des vollen Strafmaßes. Weniger als fünf Jahre werden für realistisch gehalten.
So oder so, der einstige Vorzeigepolitiker Edwards ist tief gefallen. In seinem Leben ist alles Ex: Ex-Senator aus North Carolina, Ex-Vizepräsidentschaftskandidat 2004, Ex-Präsidentschaftsbewerber 2008 und vor allem: Ex-Saubermann. Er hatte sich sogar noch Hoffnungen gemacht, Vize von US-Präsident Barack Obama werden zu können. Jetzt wollen sie in der Demokratischen Partei mit dem Gescheiterten nichts mehr zu tun haben.
" ... dann ging ich ins Badezimmer und übergab mich"
Seine vor zwei Jahren ihrem Krebsleiden erlegene Frau hat noch kurz vor dem Tod die Affäre in einem Buch verarbeitet: "Ich hatte immer gedacht, dass ich diese Sorte Frau war, der ein Ehemann treu sein müsse", schrieb Elizabeth. Bis zum Dezember 2006. Da habe John ihr sein Fremdgehen gestanden, und da habe sie "geweint, gebrüllt, und dann ging ich ins Badezimmer und übergab mich".
Was Elizabeth Edwards damals nicht wusste: Es sollte nicht bei einer Nacht bleiben. Der Betrug war systematisch. Sie aber ließ sich im Wahlkampf nichts anmerken, die Edwards spielten das perfekte Paar.
Das lange Ende der politischen Karriere des Saubermanns begann im Februar 2006, an einem frühen Abend in der "Library"-Bar des New Yorker Regency Hotels. Edwards hatte ein Glas Rotwein vor sich stehen und vom Nebentisch näherte sich eine Frau namens Rielle Hunter. Die Dinge nahmen ihren Lauf. Edwards engagierte Hunter, eine frühere Yoga-Lehrerin, als Helferin für sein Team. Sie sollte Videos fürs Internet drehen, die den Kandidaten von seiner privaten Seite zeigten. Dafür machte Edwards gut 100.000 Dollar locker, Hunter aber lieferte kaum brauchbares Material. Die Bilder seien verwackelt gewesen, die handelnden Akteure verschwommen oder kaum im Bild, berichtete die "New York Times".
Elizabeth Edwards, die sich erst Anfang 2010 von ihrem Mann zu trennen vermochte, sprach in einem Interview über "diese Frau", wie sie Hunter stets nannte. Deren Anmache habe aus nur vier Worten bestanden: "Du bist so scharf." Warum John Edwards darauf eingegangen sei? "Ich glaube, das weiß er bis heute nicht."
Elizabeth hielt ihren Mann offenbar bis zuletzt nur für ein Opfer der Umstände. Die Geschworenen von Greensboro könnten nun eine andere Auffassung vertreten.