Fall Aschtiani
Zum Tode verurteilte Iranerin will deutsche Journalisten verklagen
Für die zwei deutschen Journalisten, die in Iran in Haft sitzen, ist es eine befremdliche Volte: Die wegen Ehebruchs verurteilte Sakine Mohammadi Aschtiani, über deren Fall die Reporter berichten wollten, hat jetzt eine Klage gegen das Duo angekündigt - womöglich auf Druck der Behörden.
Verurteilte Aschtiani, Sohn am Neujahrstag in Tabris, Iran: Warum wurde sie vorübergehend für eine Pressekonferenz aus dem Gefängnis entlassen?
Foto: ATTA KENARE/ AFP
Tabris - Ihre kurze Pressekonferenz war von Justizvertretern im Gästehaus einer staatlichen Wohlfahrtsorganisation angesetzt worden. In der nordwestiranischen Stadt Tabris sagte Sakine Mohammadi Aschtiani, sie wolle reden, weil viele Menschen ihren Fall "ausgebeutet" und behauptet hätten, sie sei gefoltert worden. Das sei "eine Lüge", so Aschtiani vor ausländischen Journalisten.
Die Iranerin kündigte an, sie wolle "diejenigen verklagen, die Schande über mich und das Land gebracht haben". Dabei handele es sich unter anderem um "die beiden Deutschen". Ferner nannte sie ihren ehemaligen Anwalt Mohammed Mostafaei, den Mörder ihres Ehemannes, Issa Taheri, sowie die in Deutschland lebende Sprecherin des Komitees gegen die Steinigung, Mina Ahadi. Die beiden deutschen Reporter der "Bild am Sonntag" waren am 10. Oktober beim Versuch verhaftet worden, den Sohn und den Anwalt von Aschtiani zu interviewen.
"Ich trete aus eigenem Willen vor die Kameras, um zu der Welt zu sprechen", sagte die 43-Jährige, die seit 2006 in Haft sitzt. Ihre Pressekonferenz war von Justizvertretern im Gästehaus einer staatlichen Wohlfahrtsorganisation angesetzt worden. Sie wolle reden, weil viele Menschen ihren Fall "ausgebeutet" und behauptet hätten, sie sei gefoltert worden, "was eine Lüge ist", sagte Aschtiani.
Michael Backhaus, stellvertretender Chefredakteur der "Bild am Sonntag", sagte der Nachrichtenagentur AFP in Berlin: "Wir finden es befremdlich, dass eine Frau, die in Iran zum Tode verurteilt worden ist, für einige Stunden das Gefängnis verlassen darf, um vor westlichen Medien anzukündigen, dass sie Journalisten, die über ihren Fall berichten wollten, anzeigen will."
Der Sohn der
zum Tode verurteilten Iranerin, Sadschdschad Kadersadeh, bat unterdessen um Gnade für seine Mutter. "Meiner Meinung nach ist meine Mutter auch schuldig. Da wir bereits unseren Vater verloren haben, wollen wir nicht auch noch unsere Mutter verlieren. Deshalb bitten wir um eine Umwandlung der Strafe", sagte er bei der Pressekonferenz. Er bitte die iranischen Richter darum, das Leben seiner Mutter zu verschonen.
Kadersadeh wurde mittlerweile gegen eine Kaution von 40.000 Dollar aus der Haft entlassen. Er war festgenommen worden, nachdem er mit den deutschen Journalisten über den Fall seiner Mutter gesprochen hatte.
Aschtiani soll früheren Angaben des Gerichts zufolge eine Beziehung mit dem Cousin ihres Mannes gehabt haben. Der Cousin soll den Ehemann später umgebracht haben. Nach Justizangaben soll die Frau an dem Mord beteiligt gewesen sein.
Der Fall der wegen Ehebruchs verurteilten Iranerin hatte weltweit Empörung ausgelöst. Mitte Dezember hatte das iranische Staatsfernsehen eine Sondersendung gezeigt, in der sie sich als
Komplizin im Mord an ihrem Mann bekannte.
Ursprünglich sollte sie
gesteinigt werden. Nach scharfem internationalem Protest hatte
den Vollzug der
Strafe Anfang September aber ausgesetzt. In Iran wird seit 1979 die Scharia, das islamische Recht, angewendet. Es sieht unter anderem für Ehebruch, Mord und Raub die Todesstrafe vor.