Fall Litwinenko Beresowski flieht wegen Morddrohungen aus Großbritannien

Er ist lautstarker Kritiker der russischen Regierung und macht den Kreml für den Tod des Ex-Agenten Litwinenko verantwortlich: Nun fürchtet Boris Beresowski selbst um sein Leben. Wegen eines angeblichen Mordkomplotts verließ der Geschäftsmann vorübergehend sein Exilland Großbritannien.

London - Sollte der russische Oligarch und Kreml-Kritiker Boris Beresowski vor wenigen Wochen in London ermordet werden? Beresowski behauptete heute in der BBC, er sei vor drei Wochen von der britischen Polizei über einen Mordplan informiert und angewiesen worden, Großbritannien zu verlassen. Beresowski erklärte, er habe die Warnung Scotland Yards beherzigt, sei sofort abgereist und erst eine Woche später zurückgekehrt.

Hinter dem Mordplan stecke die russische Regierung, sagte Beresowski. Er habe auch einen Tipp aus Russland bekommen. "Jemand, den ich kenne, sollte nach London kommen, mich treffen und mich öffentlich töten, ohne sich zu verstecken. Später sollte er erklären, es sei aus Geschäftsgründen gewesen."

Die Boulevardzeitung "Sun" hatte zuvor berichtet, ein Auftragsmörder sollte Beresowski im Hilton Hotel in der Innenstadt erschießen. Der Mann sei aber nach Geheimdiensthinweisen gefasst worden. Eine Bestätigung von der Polizei gab es dafür nicht.

Der russische Botschafter in London, Juri Fedotow sagte, ein mögliches Mordkomplott gegen Beresowski würde ihn nicht überraschen, da dieser auch wirklich keine Gelegenheit auslasse, sich mit seinen Äußerungen öffentlich in Gefahr zu bringen. Er schloss aber jede Verwicklung seines Landes in einen Mordplan aus.

Beresowski genießt in Großbritannien politisches Asyl. Er ist ein lautstarker Kritiker der russischen Regierung und machte den Kreml für den Polonium-Mord an dem ehemaligen KGB-Agenten Alexander Litwinenko im vergangenen November verantwortlich. Scotland Yard wollte sich nicht zu Beresowskis Aussagen äußern.

Diplomatische Krise zwischen London und Moskau

Die Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien sind derzeit wegen der Litwinenko-Affäre stark belastet. Russland weigert sich, den Hauptverdächtigen Andrej Lugowoi auszuliefern, Großbritannien will nun russische Diplomaten ausweisen. Moskau drohte anschließend mit schwerwiegenden Konsequenzen - hat bisher aber keine Details genannt. Laut Scotland Yard soll Lugowoj den in Großbritannien lebenden Kreml-Kritiker Litwinenko in London mit radioaktivem Polonium 210 vergiftet haben.

Die Online-Ausgabe der britischen Tageszeitung "The Times" berichtete indes von einem Zwischenfall an der Grenze des britisch-russischen Luftraums. Demnach seien gestern zwei Tu95-Bomber der russischen Luftwaffe empfindlich nahe bis nach Schottland vorgedrungen. Daraufhin seien zwei Tornados der Royal Airforce aufgestiegen, um die russischen Bomber abzudrängen, nachdem diese bereits von zwei norwegischen F16-Maschinen verfolgt wurden. "Die Russen flogen zurück, bevor sie den britischen Luftraum erreichten", zitiert die "Times Online" einen Sprecher der Luftwaffe.

phw/AP/dpa

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