Irak US-geführte Koalition tötet offenbar IS-Kommandeur von Falludscha


In Falludscha herrscht noch der "Islamische Staat"
Foto: SPIEGEL ONLINEBei Luftangriffen auf die westirakische Stadt Falludscha sind nach Angaben der USA mehr als 70 Kämpfer der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) getötet worden. Darunter sei auch der lokale Kommandeur Maher al-Bilawi gewesen, sagte Steve Warren, der Sprecher der US-Armee im Irak. Sein Tod werde nicht zu einem Ende der Kämpfe führen, doch sei es "ein Schlag". Das Ableben des Anführers ziehe Veränderungen in der Führungsebene der IS-Miliz nach sich.
Die von den USA geführte Koalition flog demnach in den vergangenen vier Tagen 20 Angriffe auf die Stadt. Die Armee und Milizen hatten Anfang der Woche mit Unterstützung von US-Luftangriffen eine Offensive begonnen, um die sunnitischen Extremisten aus der Stadt rund 70 Kilometer westlich von Bagdad zu vertreiben. Falludscha ist nach der nordirakischen Stadt Mossul die wichtigste IS-Hochburg im Krisenland Irak. Die Extremisten kontrollieren die Stadt seit Januar 2014.
Regierungstreue Kräfte stießen nach Angaben von Ministerpräsident Haidar al-Abadi weiter auf Falludscha vor. Die Region um den Ort Al-Karma nördlich der Stadt sei befreit worden, teilte Al-Abadi mit.
Die Militärkampagne ist umstritten, weil an der Offensive auch schiitische Milizen beteiligt sind - Falludscha und die dazugehörige Provinz Al-Anbar sind jedoch eine sunnitische Hochburg. Die Spannungen zwischen den beiden großen muslimischen Konfessionen sind im Irak seit Langem groß, weil sich die Minderheit der Sunniten von der Mehrheit der Schiiten diskriminiert fühlt. Davon profitiert die sunnitische IS-Terrormiliz, die sich den Unmut zunutze macht.
Die Terrororganisation tötet nach Uno-Angaben immer mehr Zivilisten, die nicht für sie kämpfen wollen. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR meldete, es gebe Berichte über einen "dramatischen Anstieg" von Opfern unter Männern und männlichen Jugendlichen. Viele Einwohner seien zudem bei Kämpfen um die Stadt unter den Trümmern ihrer Häuser begraben worden. Genaue Zahlen nannte das UNHCR nicht.
In Falludscha herrscht noch der "Islamische Staat"
Foto: SPIEGEL ONLINEHilfsorganisationen hatten bereits am Donnerstag vor dramatischen Folgen für Zivilisten gewarnt. Sie seien eingeschlossen und befänden sich in einer "extremen Notlage", sagte die lokale Sprecherin des Norwegischen Flüchtlingsrats (NRC), Becky Bakr Abdullah. Es gebe Berichte über großen Hunger. "Wir sind äußerst besorgt, dass die Menschen unter Feuer geraten könnten", sagte Bakr Abdullah.
Armee-Sprecher Warren sagte, die Menschen seien in Flugblättern angewiesen worden, IS-Gebiete zu meiden. "Die, die nicht fliehen können, werden in den Flugblättern aufgefordert, weiße Laken an ihre Dächer zu hängen, um ihre Position zu markieren." Seinen Angaben zufolge befinden sich in der Stadt bis zu 50.000 Zivilisten.
Ein Flüchtling berichtete nach Angaben des NRC, er und seine Familie hätten zuletzt vor vier Monaten Reis gegessen und sich ansonsten von getrockneten Datteln ernährt. Andere Familien hätten gar nichts zu essen. Viele Einwohner tränken Wasser aus dem Euphrat, teilte der NRC mit. Seit September seien keine Hilfstransporte mehr in die Stadt gekommen. Nach UNHCR-Angaben starben bereits zwei Menschen an Hunger.
Demnach konnten in den vergangenen Tagen mehr als 800 Menschen aus Falludscha entkommen. Sie hätten erschütternde Geschichten erzählt, sagte Leila Jane Nassif vom UNHCR. Eine Flucht sei nur unter größtem Risiko möglich. Die Menschen müssten nachts über Stunden zu Fuß laufen, ehe sie in Sicherheit seien.
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