

Hamburg/Berlin - Die israelische Tageszeitung "Haaretz" kommt ohne Umschweife zum Punkt - nämlich in der Überschrift: "Verliert Israel einen weiteren Verbündeten wegen des -Anschlags?", heißt es in ihrer aktuellen Geschichte über die Verhaftung des mutmaßlichen Mossad-Agenten in Polen, der an dem Mord eines Hamas-Führers in Dubai beteiligt gewesen sein soll. Weil der Zugriff der polnischen Polizei auf einen Haftbefehl der Karlsruher Bundesanwaltschaft zurückgeht, müsste der israelische Staatsbürger eigentlich an Deutschland ausgeliefert werden. Doch die israelische Regierung macht massiv Druck auf , ihn in sein Heimatland abzuschieben.
Deutschland beantragte bereits die Auslieferung des Mannes, die polnischen Behörden haben den Angaben zufolge aber noch nicht darüber entschieden. Israels Außenministerium erklärte lediglich, das israelische Konsulat sei in den Fall eingeschaltet. Die SPIEGEL-Meldung über die Festnahme in Polen war in den israelischen Sonntagszeitungen ein großes Thema.
Zwei israelische Minister forderten am Sonntag die direkte Repatriierung des mutmaßlichen -Agenten. "Israel muss sich einer Auslieferung eines Staatsbürgers in ein Drittland widersetzen und mit allen Mitteln dafür sorgen, dass er in seine Heimat zurückkehrt", sagte Verkehrsminister Israel Katz, ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Tourismusminister Stas Misesnikow betonte, Israel habe ein funktionierendes Rechtssystem und sei selbst in der Lage, die Vorwürfe gegen den Mann zu prüfen: "Ich darf daran erinnern, dass Polen nicht Teil Deutschlands ist und deshalb in völliger Unabhängigkeit entscheidet", sagte der Politiker der ultranationalistischen Partei Unser Haus Israel.
Vereinigten Arabischen Emiraten
Nach Informationen von "Haaretz" sorgt man sich in Israel, dass der Festgenommene im Zuge einer Auslieferung nach Deutschland vor ein Gericht in den gestellt werden könnte. Polen und Deutschland haben ein gegenseitiges Auslieferungsabkommen. Wie "Haaretz" berichtet, fühlt man sich in Warschau offensichtlich in einer misslichen Lage. Immerhin bestehen ausgezeichnete Beziehungen zwischen Israel und Polen.
Israel droht weiterer diplomatischer Schaden
Der Zeitung zufolge droht Israel neuer schwerer diplomatischer Schaden wegen der Dubai-Sache. Großbritannien und Australien hatten schon kurz nach dem Vorfall die Mossad-Vertreter in die jeweiligen israelischen Botschaften ausgewiesen.
Nach SPIEGEL-Informationen war der Israeli am 4. Juni in Warschau festgenommen worden. Zwei Tage später wurde er aufgrund des internationalen Haftbefehls inhaftiert. Der Mann wollte mit einem auf den Namen Uri Brodsky ausgestellten Pass auf dem Warschauer Flughafen einreisen.
Brodsky soll an den logistischen Vorbereitungen des Mordanschlags auf den Hamas-Funktionär Mahmud al-Mabhuh am 19. Januar beteiligt gewesen sein. Er war offenbar für den Mossad in Deutschland aktiv geworden und deshalb von deutschen Ermittlern per Interpol zur Fahndung ausgeschrieben.
Al-Mabhuh war am 20. Januar tot in einem Luxushotel in dem Emirat aufgefunden worden. Mehr als 20 Verdächtige sollen mit Pässen westlicher Staaten in das Emirat eingereist sein, zwölf von ihnen verfügten nach Angaben der Polizei über britische Dokumente. Israel hat die Vorwürfe offiziell stets zurückgewiesen. Die Festnahme in Polen ist die erste im Zuge der internationalen Ermittlungen.
Nach Erkenntnissen der Fahnder hatte der Israeli im Frühjahr 2009 einen weiteren mutmaßlichen Mossad-Agenten dabei begleitet, einen deutschen Reisepass beim Einwohnermeldeamt Köln zu beantragen. Mit dem auf den Namen Michael Bodenheimer ausgestellten deutschen Pass war einer der mutmaßlichen Mörder in Dubai demnach kurz vor dem Anschlag ein- und kurz danach wieder ausgereist.
Familie des Ermordeten fordert Auslieferung nach Dubai
Die Familie al-Mabhuhs forderte am Sonntag, Brodsky müsse nach Dubai ausgeliefert und dort vor Gericht gestellt werden. "Wir rufen alle Länder, deren Pässe gefälscht und für den Mord an meinem Bruder missbraucht wurden, dazu auf, diese Kriminellen an die Polizei in Dubai auszuliefern, damit sie dort verurteilt werden", sagte der Bruder des Ermordeten, Hussein al-Mabhuh, der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag am Telefon.
Interesse an dem mutmaßlichen Agenten bekundeten am Wochenende auch die Ermittlungsbehörden in Dubai. Die Zeitung "Gulf News" meldete auf ihrer Web-Seite, die Ermittler hätten bereits Kontakt zu den Behörden in Deutschland und Polen aufgenommen, um herauszufinden, ob der Verdächtige bei Interpol auf der Fahndungsliste stehe. Es sei gut möglich, dass Dubai demnächst seine Auslieferung fordern werde.
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Die Polizei in Dubai präsentiert auf einer Pressekonferenz am 15. Februar Überwachungsbilder: Sie sollen Verdächtige zeigen, die in den Mord an dem Hamas-Führer Mahmud al-Mabhuh verwickelt sind.
Das Opfer: Mahmud al-Mabhuh hatte für die radikalislamische Palästinenserbewegung Waffen beschafft.
Diese Videoaufnahme aus dem Hotel in Dubai zeigt zwei der mutmaßlichen Mörder.
Video aus Dubai: Mutmaßliche Mitglieder des Killerkommandos in dem Hotel in Dubai
Nach und nach waren die mutmaßlichen Agenten im Hotel angekommen.
Als Tennisspieler verkleidet machten sie sich auf die Suche nach ihrem Opfer.
Um seine Zimmernummer zu erfahren, folgten die beiden "Tennisspieler" dem Hamas-Anführer.
Dieses Bild zeigt angeblich einen irischen Pass, der auf den Namen Ivy Brinton ausgestellt ist.
Auch dieses Dokument stammt offenbar aus Irland - und gehört zu einer Frau namens Anna Clasby.
Der Ausweis von Chester Halvey, ebenfalls aus Irland
Ein britischer Pass, ausgestellt auf den Namen Daniel Marc Schnur
Ein weiterer Brite, Mark Daniel Sklar
Philip Carr, auch dieser Ausweis ist augenscheinlich britischen Ursprungs.
Der Ausweis auf den Namen Gabriella Barney ist auch ein britisches Dokument.
Noch ein angeblich britisches Ausweispapier, diesmal auf den Namen Stephen Keith Drake ausgestellt.
Einer der 15 neuen Verdächtigen ist ein Brite namens Roy Allan Cannon.
Auch eine Australierin namens Nicole Sandra McCabe steht unter Verdacht.
Ein australischer Ausweis auf den Namen Adam Marcus Korman.
Landsmann Bruce Joshua Daniel steht offenbar ebenfalls unter Verdacht.
Der Ausweis der Französin Melanie Heard gehört auch zu den veröffentlichten Dokumenten.
Auch die Ausweise von David Bernard LaPierre...
...und Eric Rassineux veröffentlichte die Polizei von Dubai.