Infografik der Woche So funktioniert das EU-Türkei-Abkommen
Erste Zahlen scheinen eine Entspannung in der Flüchtlingskrise auf den griechischen Inseln zu zeigen. Doch auf Dauer kann der Deal zwischen EU und Türkei so nicht funktionieren.
Seit rund dreieinhalb Wochen ist das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei in Kraft. Tatsächlich scheint ein Teil des Plans schon aufzugehen. Das zeigt die Infografik der Woche von Statista und SPIEGEL ONLINE.
Ungefähr 6500 Flüchtlinge sind laut dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR seit dem 20. März auf die griechischen Inseln gekommen. Das klingt zunächst viel. Doch im Vergleich zu den Vormonaten stehen die Zahlen für einen deutlichen Rückgang.
Seit das Abkommen in Kraft getreten ist, lag die durchschnittliche Zahl ankommender Flüchtlinge pro Tag je nach Woche zwischen 374 und 110. Zuletzt waren es in einer Woche weniger als 770 - laut UNHCR das niedrigste Flüchtlingsaufkommen seit Beginn seiner Zählungen. Das ist bemerkenswert, denn selbst im Dezember kamen zeitweise 3500 Personen pro Tag. Außerdem hat auf den griechischen Inseln der Frühling begonnen, die Wetterbedingungen für Fluchtversuche per Schlauchboot werden also noch besser.
Wie genau soll der Deal funktionieren?
- Erstens verpflichtet sich die Türkei im Abkommen, die Seerouten Richtung Griechenland zu kontrollieren und Schlepperversuche zu unterbinden.
- Zweitens sollen alle Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückgeschickt werden, die nach dem 30. März angekommen sind und keinen Asylantrag gestellt haben. Das soll eine abschreckende Botschaft vermitteln: Die gefährliche Reise über das Mittelmeer ist sinnlos, denn die Flüchtlinge müssen ohnehin wieder zurück.
Doch hier beginnen die Probleme des Deals: Bisher läuft der Prozess sehr schleppend an. Nur an zwei Tagen wurden Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht - es waren laut dem griechischen Stab für die Flüchtlingskrise insgesamt 326 Menschen, die meisten von ihnen Pakistaner. Werden weiterhin so wenige Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht wie bisher, werden trotz des starken Rückgangs der Flüchtlingszahlen jede Woche mehr neue Menschen ankommen als zurückgebracht werden.
Und auch der nächste Teil des Abkommens läuft nicht rund: Im Gegenzug für zurückgeschickte syrische Flüchtlinge hat sich die EU verpflichtet, Syrer aus der Türkei direkt aufzunehmen. Wie diese Rechnung mittelfristig aufgehen soll, ist unklar. Bisher wurden erst 79 syrische Flüchtlinge in die EU gebracht: 37 von ihnen nach Deutschland, 31 in die Niederlande, elf nach Finnland.
In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob das Abkommen die erhoffte Wirkung tatsächlich erzielen wird. Derzeit warten mehr als 6000 Flüchtlinge, die seit dem 20. März gekommen sind, auf den griechischen Inseln. Die meisten von ihnen haben einen Asylantrag gestellt. Solange dieser Antrag nicht geprüft ist, dürfen sie nicht in die Türkei zurückgebracht werden. Griechische Behörden beklagen, sie seien von der Zahl der Anträge überfordert. Und auf dem griechischen Festland harren noch über 53.000 weitere Flüchtlinge aus.
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hch, agr